Das Foucaultsche Pendel
geschwellte Scham, glattrasiert von deiner malabarischen Sklavin, auf das du in den Augen deiner Liebhaber die Nacktheit einer Statue habest! Oh, deine Brustspitzen, zart betupft mit demselben Karmesin, das deine Lippen rötet, die einladend lächeln wie eine Wunde!
Jetzt keucht Rodin. Die langen Zeiten der Abstinenz, das in einem Machttraum verbrachte Leben haben nichts anderes be-wirkt, als ihn mehr und mehr in sein unstillbares Verlangen zu stürzen. Angesichts dieser schönen und schamlosen Königin mit den dämonischen schwarzen Augen, den runden Schultern, dem duftenden Haar und der zarten weißen Haut wird Rodin von der Sehnsucht nach einer niegekannten Zärtlichkeit erfaßt, nach einer unsäglichen Lust, er zittert in seinem Fleische, wie ein Waldgott erzittert beim Anblick einer entblößtem Nymphe, die sich im selben Wasser spiegelt, das schon Narziß ins Unglück getrieben. Im Gegenlicht errate ich seinen unbezähmbaren Rictus, er ist wie versteinert von der Medusa, in Stein gehauen in seinem Verlangen nach einer unterdrückten und jetzt erlöschenden Männlichkeit, obsessive Flammen der Libido versengen sein Fleisch, er ist wie ein gespannter Bogen, hochgespannt bis zu dem Punkt, an dem er zerbrechen wird.
Jäh zu Boden gestürzt, liegt er kriechend vor dieser Erscheinung, die Hand vorgereckt wie eine Kralle, um einen Schluck vom Elixier 602
zu erflehen.
Oh, röchelt er, oh, wie schön du bist, oh, diese kleinen Zähne einer jungen Wölfin, die aufblitzen, wenn du deine schwellenden roten Lippen öffnest... Oh, diese großen, smaragdgrünen Augen, die bald funkeln, bald schmachten. O Dämonin der Wollust.
Er hat schon Gründe, der Elende, während du jetzt deine blau-gepanzerlen Hüften bewegst und die Scham vorstreckst, um den Flipper vollends zur Raserei zu treiben.
O Vision, stöhnt Rodin, sei die meine, für einen Augenblick nur, erfülle mit einem Augenblick des Genusses ein Leben, verbracht im Dienst eines eifersüchtigen Gottes, tröste mit einem Hauch von Wollust die Ewigkeit in Flammen, zu der dein Anblick mich treibt und zieht. Ich flehe dich an, berühre mein Gesicht mit deinen Lippen, Antinea, Aphrodite, Maria Magdalena, du, die ich begehrte im Antlitz ekstatisch verzückter Heiliger, die ich begehrte, während ich heuchlerisch im Gebet vor Jungfrauengesichtern lag, o meine Herrin, schön bist du wie die Sonne, weiß wie der Mond, o ja, ich verleugne Gott und die Heiligen und sogar den Heiligen Vater in Rom, ich sage noch mehr, ich verleugne sogar den heiligen Pater Ignatius von Loyola, ich schwöre ihm ab, ihm und dem kriminellen Eid, der mich an meinen Orden bindet ich erflehe nur einen einzigen Kuß, und dann mag der Tod mich holen.
Er ist noch ein Stückchen näher gekrochen, auf zitternden Knien, die Kutte hochgezogen über den Lenden, die Hand noch flehen-der vorgestreckt zu diesem unerreichbaren Glück. Dann plötzlich ist er zurückgefallen, die Augen scheinen ihm aus den Höhlen zu treten. Gräßliche Krämpfe versetzen seinen Zügen unmenschliche Schläge, ähnlich denen, welche die Voltasche Säule auf den Gesichtern der Leichen hervorruft. Ein bläulicher Schaum färbt ihm purpurn die Lippen, aus denen eine zischende und erstickte Stimme kommt, ähnlich der eines Hydrophoben, denn, wie Char-cot richtig sagt, wenn sie in die Phase des Paroxysmus tritt, zeigt die entsetzliche Krankheit der Satyriasis, die als Strafe der Wollust auftritt, dieselben Symptome wie die Tollwut.
Es ist das Ende. Rodin bricht in ein wahnwitziges Lachen aus.
Dann stürzt er entseelt zu Boden, als lebendes Bild der Totenstar-re.
In einem einzigen Augenblick ist er verrückt geworden, gestorben und zur Hölle gefahren.
Ich begnüge mich damit, den Leichnam in den Schacht zu sto-603
ßen, vorsichtig, um nicht meine blanken Lackstiefelchen an der schmierigen Kutte des letzten meiner Feinde zu besudeln.
Es bedarf nicht mehr des mörderischen Dolches von Luciano, doch der Henker, gepackt von einem bestialischen Wiederho-lungszwang, kann seine Gesten nicht mehr kontrollieren. Er lacht und erdolcht einen schon seines Lebens beraubten Leichnam.
Jetzt führe ich dich an den Rand des Schachtes, streichle dir den Hals und den Nacken, während du dich vorbeugst, um die Szene zu genießen, und sage: Nun, bist du zufrieden mit deinem Rocambole, meine unerreichbare Liebe?
Und während du lüstern nickst und geifernd ins Leere hinunter-grinsest, drücke ich langsam die Finger zusammen, was tust du,
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