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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Akiba lernte, mischte Vitriol in die Tinte, und der Meister sagte nichts. Aber als Rabbi Meir den Rabbi Ismael fragte, ob er es richtig mache, sagte dieser: Mein Sohn, sei vorsichtig bei deiner Arbeit, denn es ist eine göttliche Arbeit, und wenn du nur einen einzigen Buchstaben ausläßt oder einen zuviel schreibst, zerstörst du die ganze Welt... Wir haben versucht, die Torah umzuschreiben, aber wir haben uns nicht um die zu vielen oder zu wenigen Buchstaben gekümmert...
    »Wir haben gescherzt...«
    »Man scherzt nicht mit der Torah.«
    »Aber wir haben mit der Geschichte gescherzt, mit den Schriften der anderen...«
    »Gibt es eine Schrift, die die Welt begründet und die nicht das Buch ist? Gib mir ein bißchen Wasser, nein, nicht im Glas, mach diesen Lappen hier naß. Danke. Jetzt hör zu. Die Lettern des Buches verrühren heißt die Welt verrühren. Da hilft nichts, das gilt für jedes Buch, für die Bibel wie für die Fibel. Diese Typen wie dein Doktor Wagner, sagen die nicht, 674
    wer mit Worten spielt und Anagramme macht und das Lexikon auf den Kopf stellt, hat Häßliches in seiner Seele und haßt seinen Vater?«
    »Nein, das ist anders. Diese Typen sind Psychoanalytiker, die sagen das, um Geld zu verdienen, das sind nicht deine Rabbiner.«
    »Rabbiner, Rabbiner sind alle. Alle sprechen von derselben Sache. Glaubst du, daß die Rabbiner, die von der Torah sprachen, von einer Rolle sprachen? Sie sprachen von uns, von all den Leuten, die versuchen, ihren Leib durch die Sprache neu zu machen. Jetzt höre. Um mit den Lettern des Buches umzugehen, braucht man viel Demut, und wir haben keine gehabt. Jedes Buch ist verwoben mit dem Namen Gottes, und wir haben alle Bücher der Geschichte anagrammatisiert, ohne zu beten. Sei still, hör zu. Wer sich mit der Torah beschäftigt, hält die Welt in Bewegung und hält auch seinen Körper in Bewegung, während er liest oder schreibt, denn es gibt keinen Körperteil, der nicht ein Äquivalent in der Welt hätte... Mach den Lappen noch mal naß, danke. Wenn du das Buch veränderst, änderst du die Welt, und wenn du die Welt veränderst, änderst du den Körper. Das ist es, was wir nicht begriffen haben. Die Torah läßt ein Wort aus ihrem Schrein herauskommen, sie erscheint für einen Augenblick und verbirgt sich gleich wieder. Und sie offenbart sich für einen Augenblick nur dem, der sie liebt. Sie ist wie eine wunderschöne Frau, die sich in ihrem Palast in einem kleinen entle-genen Zimmer verbirgt. Sie hat nur einen einzigen Liebhaber, von dessen Existenz niemand weiß. Und wenn ein anderer sie berühren und seine schmutzigen Hände auf sie legen will, rebelliert sie. Sie erkennt ihren Liebhaber, sie öffnet einen kleinen Spalt und zeigt sich für einen Moment. Und verbirgt sich weder. Das Wort der Torah enthüllt sich nur dem, der es liebt. Und wir haben versucht, von Büchern ohne Liebe und nur aus Spottlust zu sprechen...«
    Belbo benetzte ihm ein weiteres Mal die Lippen mit dem Tuch. »Und dann?«
    »Und dann haben wir tun wollen, was uns nicht erlaubt war und wofür wir nicht vorbereitet waren. Indem wir die Worte des Buches manipulierten, wollten wir den Golem erschaffen.«
    »Ich verstehe nicht...«
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    »Du kannst nicht mehr verstehen. Du bist der Gefangene deiner eigenen Kreatur. Aber deine Geschichte spielt sich noch in der Außenwelt ab. Ich weiß nicht wie, aber du kannst ihr noch entrinnen. Für mich ist es etwas anderes, ich erlebe jetzt in meinem Körper, was wir als Spiel im Großen Plan gemacht haben.«
    »Red keinen Unsinn, das ist eine Sache der Zellen...«
    »Und was sind die Zellen? Monatelang haben wir wie fromme Rabbiner mit unseren Lippen eine andere Kombination der Lettern des Buches ausgesprochen. GCC, CGC, GCG, CGG.Was unsere Lippen sagten, das haben unsere Zellen gelernt. Was haben meine Zellen gemacht? Sie haben einen abweichenden Plan erfunden, und jetzt gehen sie ihre eigenen Wege. Meine Zellen erfinden eine Geschichte, die nicht die allgemeine ist. Meine Zellen haben inzwischen gelernt, daß man lästern kann, indem man das Heilige Buch anagrammatisiert, das Heilige und alle anderen Bücher der Welt. Und genauso machen sie es nun mit meinem Körper.
    Sie invertieren, transponieren, alternieren, permutieren, sie kreieren neue, nie gesehene und sinnlose Zellen oder solche, deren Sinn dem richtigen Sinn zuwiderläuft. Es muß einen richtigen Sinn geben, der sich von den falschen unterscheidet, sonst stirbt man. Aber sie spielen,

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