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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert C. Marley
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wirklich die richtige Leiche darin lag, gab General Waste die Anweisung, ihn kurz zu öffnen. Daraufhin nahm einer der Agenten die silberne Krone, die auf dem Sargdeckel lag, herunter und legte sie beiseite. Dann hob er den Deckel des Sargs behutsam an.
    Da Mary Shelley den Verstorbenen nur Stunden nach dessen Tod getreu nach Dr. Victor Frankensteins Anweisungen hatte einbalsamieren lassen, sah Byron aus, als sei das Leben nicht schon vor 187 Jahren, sondern erst vor wenigen Minuten aus seinem Körper gewichen. Die Haut war rosig, das schwarz gelockte Haar glänzte im Schein der aufgestellten Lampen. Er hatte die Augen geschlossen. Die Hände waren auf der Brust gefaltet. Er trug ein weißes Totenhemd mit Rüschen an Ärmeln und Kragen. Das war bei Weitem die schönste Leiche, die Waste jemals gesehen hatte.
    Vorsichtig bargen sie den Sarg mithilfe einiger Träger und luden ihn in einen hermetisch verschließbaren Metallbehälter der Agency, den sie dann in einen Eichensarg stellten.
    Nun begann der schwierigste Teil. Sie mussten den Sarg in den auf dem Parkplatz wartenden Wagen verladen, ohne dass jemand argwöhnisch wurde. Aber die Agency hatte vorgesorgt. Die Polizei selbst würde sicherstellen, dass ihnen niemand in die Quere kam. Denn die ganze Aktion lief unter dem Deckmantel von Dreharbeiten zu einem Horrorfilm mit Starbesetzung ab. Der Bürgermeister, der sich schon die Mehreinnahmen durch zukünftige Touristenbesuche ausrechnete, hatte sich förmlich darum gerissen, ihnen die Kirche zur Verfügung zu stellen. Alles in allem war es weit einfacher gewesen, eine Drehgenehmigung für Hucknall Torkard zu bekommen, als dort heimlich einen nächtlichen Abtransport des Verstorbenen zu organisieren.
    Über Funk konnten sie Major McGuffins Anweisungen hören. Eben hatte er »Action!« gerufen. Auf das Stichwort hin schulterten die Agenten der Agency den Sarg und verließen die Kirche.
    Zwischen den dichten Büschen und windschiefen Grabsteinen im Kirchgarten und auf dem Parkplatz vor der Kirche standen als Tricktechniker getarnte Special Agents der Sondereinheit Sicherung mit Nebelmaschinen, die in Wahrheit auf Betäubung eingestellte Watts Blaster waren. Im Notfall würden sie die ganze Bagage der Schaulustigen, ohne mit der Wimper zu zucken, ins Land der Träume schicken. Solange jedoch alles glattlief, hielten sie still und sorgten überdies für die nötige Atmosphäre, als nun eine Prozession von sechs in graue Kapuzenmäntel gehüllten Gestalten würdevoll vorübermarschierte, den Sarg auf den Schultern.
    Draußen war die Hölle los! Hunderte von Schaulustigen drängelten sich an den Absperrungen, um einen Blick auf die Stars des Films zu werfen, der hier gerade gedreht wurde. Währenddessen lud die seltsame Prozession den Edelstahlsarg in einen wartenden Leichenwagen. Die Kamera verfolgte alles.
    Aus dem Augenwinkel sah General Waste, der an vorderster Stelle marschierte, wie Major McGuffin, auf dem herumschwenkenden Kamerakran sitzend, das Geschehen überwachte. Der Leichenwagen brauste davon, und Major McGuffin nahm sein Megafon zur Hand und rief: »Cut!«
    Alles hatte wie am Schnürchen geklappt. McGuffins Grundsatz der schützenden Übertreibung hatte sich wieder einmal als genau richtig erwiesen. Der Leichnam Byrons wurde direkt nach West Blatchington gefahren, da die Meteorologen das für den Wiederbelebungsversuch unerlässliche Gewitter für die späten Abendstunden angekündigt hatten.
     
    Bereits gegen halb sieben war am Vormittag ein fünfköpfiges Ärzteteam angerückt, um die komplizierten Operationen an Byrons Leichnam durchzuführen, die für eine Wiederbelebung ganz und gar unerlässlich waren: Schädel und Brustkorb des großen Dichters wurden geöffnet, und in einer achtstündigen Operation gelang es ihnen, dem Toten mithilfe der Frankenstein’schen Methoden das konservierte Herz und sein Gehirn wieder einzupflanzen. Die verbliebenen Stunden nutzten sie, um sich vor dem Experiment gründlich mit den Gerätschaften vertraut zu machen. Diese Männer, allesamt berühmte Mediziner, die seit Jahr und Tag in den Diensten der Agency standen, hatten die ebenso geheime, wie ehrenvolle Aufgabe, den riskanten Wiederbelebungsversuch auszuführen.
    Obwohl sie es Darwin Night gegenüber nicht auszusprechen wagten, war keiner von ihnen allzu optimistisch, was das Ergebnis anging. Viele der in Dr. Frankensteins Aufzeichnungen angegebenen Schritte erschienen ihnen aus medizinischer Sicht sinnlos oder absurd

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