Das Frauen-Hormone-Buch
dass sie keinen Einfluss auf die Lebenserwartung haben, bedeutet nicht, dass sie nicht zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führen können. Daher ist der alte Ratschlag einer männlich geprägten Gynäkologenschaft »da muss man durch« genauso unsinnig wie seine moderne Variante »da muss frau durch«, mit der eher feministisch gesinnte Kreise den Einsatz von Hormonen in den Wechseljahren strikt ablehnen.
Wenn Ihnen leichte psychovegetative Beschwerden in den Wechseljahren nichts ausmachen – seien Sie froh darüber. Wenn die Beschwerden aber Ihre Lebensqualität deutlich beeinträchtigen und Sie sich unwohl fühlen, so sollten Sie auf jegliches falsches Heldentum verzichten und auch nicht versuchen, Ihre Leiden als »normale Vorgänge« oder »Zipperlein« schönzureden. Mit der modernen Hormonersatztherapie lassen sich all diese Beschwerden nahezu vollständig beseitigen. Allerdings ist diese Hormonersatztherapie nicht unumstritten.
Vorzeitige Wechseljahre
Die Aussage, dass die Wechseljahre keine Krankheit sind, sondern ein normaler hormoneller Umstellungsprozess, ist sicherlich richtig. Dass dieser Umstellungsprozess mit erheblichen Beschwerden einhergehen kann, ist ebenfalls bekannt. Diese Beschwerden sind übrigens nicht direkt vom Alter abhängig, in dem die Wechseljahre beginnen. Was also ist, wenn die Wechseljahre nicht wie üblich um das fünfzigste Lebensjahr herum, sondern bereits deutlich früher auftreten?
Etwa drei bis fünf Prozent aller Frauen erleben, dass ihre Eierstockfunktion schon vor dem vierzigsten Lebensjahr erlischt. Die Gründe für diese vorzeitig eintretenden Wechseljahre sind vielfältig. Gelegentlich liegen ihnen genetische Ursachen zugrunde. In den meisten Fällen sind es jedoch Autoimmunprozesse, welche die Eierstöcke in ihr vorzeitiges Ende treiben. Bei diesen Autoimmunerkrankungen wendet sich das Abwehrsystem des Körpers gegen seine eigenen Organe. Frauen sind von Autoimmunerkrankungen wesentlich häufiger betroffen als Männer.
Zu vorzeitigen Wechseljahren kommt es natürlich auch, wenn die Eierstöcke operativ entfernt werden müssen. Häufig fallen dann die Beschwerden sogar besonders heftig aus, da der Umstellungsprozess ja nicht allmählich erfolgt, sondern der Hormonentzug von einem Tag auf den anderen spürbar wird. Auch die im Rahmen von Krebserkrankungen erforderlichen Chemotherapien können die Eierstöcke so schädigen, dass die Wechseljahre vorzeitig eintreten. Und schließlich ist auch noch eine weitere Ursache gut gesichert: Raucherinnen kommen im Schnitt etwa zwei Jahre früher in die Wechseljahre als ihre nicht rauchenden Geschlechtsgenossinnen. Grund dafür sind die gefäßschädigenden Wirkungen des Nikotins, die sich natürlich auch auf die Blutversorgung der Eierstöcke auswirken.
Leider sind die meisten Ursachen für vorzeitige Wechseljahre nicht beeinflussbar. Abgesehen vom Verzicht auf Nikotin gibt es nur wenige Möglichkeiten, die Lebenszeit der Eierstöcke sicher zu verlängern. Wirksame Therapien, um bei vorzeitig eingetretenen Wechseljahren die Eierstöcke wieder zu reaktivieren, gibt es bis heute ebenfalls nicht.
Die Hormonersatztherapie hilft
Allerdings lassen sich die von den Eierstöcken produzierten Hormone inzwischen mit Hilfe einer Hormonersatztherapie (→ Seite 106 ) problemlos ersetzen. Dies sollte vor allem bei vorzeitig eingetretenen Wechseljahren auch unbedingt geschehen. Es lässt sich darüber streiten, ob Frauen mit 50 oder 60 Jahren eine Hormonersatztherapie durchführen sollten. Wer jedoch bereits vor dem vierzigsten Lebensjahr in die Wechseljahre kommt, der sollte auf eine derartigeTherapie keinesfalls verzichten. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von über 80 Jahren für Frauen in der westlichen Welt ist es sicherlich nicht natürlich, mehr als vier Jahrzehnte in einer klaren Hormonmangelsituation zu verbringen. Der Ersatz der fehlenden Hormone ist hier also die Wiederherstellung der natürlichen Verhältnisse.
Und wenn Frau noch ein Kind möchte?
Schwieriger wird es, wenn es um das Thema Kinderwunsch geht. Die fehlenden Hormone zu ersetzen, ist inzwischen kein Problem mehr. Einen Eisprung an einem Eierstock auszulösen, der sich in die Wechseljahre verabschiedet hat, gestaltet sich allerdings extrem schwierig. Inzwischen gibt es jedoch einen Laborwert, der Aussagen darüber erlaubt, ob noch stimulierbare Eizellen zur Verfügung stehen. Das sogenannte Anti-Müller-Hormon (AMH) wird von den
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