Das Frauenkomplott
aufgenommen hatte, als sie mit ihm in Berlin war. Ich hatte einen Anflug von schlechtem Gewissen und stellte das Album auf seinen Platz zurück.
Nachdem ich alle Papiere und Notizen, die ich für meine Transaktionen brauchte, wie eine Buchhalterin in der ordentlichen Reihenfolge meines geplanten Vorgehens um die Filzunterlage verteilt hatte, steckte ich die HBCI-Karte in das Lesegerät. Für eine Sekunde starrte ich aus dem Fenster, das hinter dem Schreibtisch den Blick freigab auf die gegenüberliegende Häuserfront. Die Vorhänge waren nicht zugezogen, und ich wollte durch irgendwelche Experimente auch nicht für Aufsehen sorgen. Schließlich war es normal, dass an diesem Schreibtisch gearbeitet wird. Nur dass ich hier saß, war nicht normal.
Als ich endlich das Icon mit der Banksoftware anklickte und vor meinen Augen die Liste der Konten des Friedbert Hansen erschien, stieß ich die Luft aus. Solche Zahlen hatte ich bisher nur in Filmen oder bei der Lektüre über hohe Gehälter in Deutschland gesehen. Mein Gewissen, das sich gerade noch gerührt hatte, wurde mit Blick auf die hohen Beträge des Girokontos und der diversen Tagesgeldkonten schon erheblich kleiner.
So kannst du nicht entspannt Hunderttausende überweisen, spürte ich. Auf Strümpfen ging ich zurück in die Diele und öffnete die Tür zur Gästetoilette. Ich prägte mir ein, wie sie aussah, und trocknete mir anschließend die Hände am Papier, das ich wegspülte.
Nachdem ich zum zweiten Mal die sterile Wohnung passiert hatte, fühlte ich mich etwas sicherer in der Umgebung, setzte mich wieder, aktualisierte erst einmal die ohnehin ansehnlichen Kontostände Friedberts, als sei ich zu Hause, und antwortete der Anfrage des Laptops mit der korrekten Code-Nummer. Genau so problemlos wie auf mein eigenes blickte ich in diesem Moment auf Friedberts neueste Umsätze. Ein Girokonto und drei Tagesgeldkonten. 578.790 Euro war der Stand seines privaten Girokontos. Das war ein Wort, und Mari hatte recht gehabt, als sie sagte, dass sei ihres Wissens das mit dem geringsten Bestand. Auf dieses Konto war vor zwei Tagen der Betrag von 500.000 gutgeschrieben worden – offenbar das festgelegte und nun freigewordene Geld. Und das wartete darauf, an seine eigentliche Eigentümerin zurücküberwiesen zu werden.
Da ich schon so weit war, wie ich war, und Einblick genommen hatte in Dinge, die mich nichts angingen, ging es plötzlich ganz schnell. Ich füllte eine Überweisung von 500.000 Euro aus mit den Kontodaten von Ruth Hansen und schrieb in den Vermerk: »Meiner lieben Exfrau Ruth, danke für die schöne Zeit.« Dann drückte ich auf »Senden«. Und erhielt die Meldung: »Sie haben das Tageslimit überschritten!« Wie vom Donner gerührt stand ich auf und starrte diese Maschine an. Mari hatte doch gesagt, Friedbert hätte, aufgrund der Transaktionen seiner letzten Tage und der, die er vorhabe, dieses Tageslimit außer Kraft gesetzt. Ich stürzte zu meinem Rucksack und kramte nach meinem Handy. Ich wollte sie anrufen, obwohl wir vereinbart hatten, dass ich das nur im äußersten Notfall tun sollte. Das war ja wohl ein Notfall.
Als ich das Handy in der Hand hatte, besann ich mich einen Moment. Im Stehen schaute ich mir die Computerseite näher an und ich versuchte, ein wenig von der Coolness, die Mari offensichtlich an den Tag gelegt hatte, aufzubringen. Während mein Blick über den Bildschirm schweifte, fragte ich mich, warum Mari das alles machte. Sie sollte zwar die Wohnung in Lichterfelde bekommen, die sie sich ausgesucht hatte, aber gehören würde sie Ruth. Sie konnte dort wohnen, das war ihr genug. Es ging ihr um Ruth, sie mochte sie, das war deutlich geworden in Eickdorf, sie wollte die Beziehung zu ihr halten. Sie war cool, aber sie war auch allein. Irgendwann fand ich den Punkt »Sicherheitshinweise – Tageslimit«.
Langsam setzte ich mich wieder und suchte die Angabe über die eingegebene Höhe, denn ich hatte nicht vor, auf gut Glück irgendetwas zu versuchen und alles zu gefährden. Als ich keinen Hinweis fand, griff ich aufs Neue zu dem roten Ordner. Irgendetwas hatte dort gestanden. Neben der Kontonummer des Kontos, an dem ich mich gerade zu schaffen machte, war ein handschriftlicher Vermerk »250.000 Euro«. Möglicherweise hatte Friedbert sich hier die Höhe seines neu eingerichteten Tageslimits vermerkt.
Also korrigierte ich die Überweisung an die liebe Exfrau auf 250.000 Euro. Der Aufforderung, nun den Code zur Bestätigung der Überweisung
Weitere Kostenlose Bücher