Das Frauenkomplott
anders gestalten, damit diese Wohnung ein wenig mehr Arbeitsatmosphäre ausstrahlen würde.
Der Anrufbeantworter blinkte, und ich hatte mich bis jetzt – immerhin war es so weit mit meiner inneren Ausgeglichenheit schon gediehen –, während ich auspackte, zurückgehalten, sozusagen in Hut und Mantel, die Anrufe abzuhören. Ich wollte mir erst einen Kaffee machen und mich dann in Ruhe damit beschäftigen. Während ich in der Küche auf den Kaffee wartete, räumte ich meine Ein-Personen-Spülmaschine aus, die viel zu klein ist für mich, dafür aber doppelt so teuer war, und entschied mich, unbedingt meine privaten und beruflichen Anrufe zu trennen. Noch lief alles auf eine Nummer auf.
Mit meinem Kaffee setzte ich mich an meinen Schreibtisch und drückte auf Abhören.
Jerôme hatte mich doch glatt von seinem Termin in Rom angerufen, weil er befürchtete, ich könnte mit seinem Velazquez-Katalog durchbrennen, den er mir vor zwei Jahren geliehen, bis jetzt aber noch nicht vermisst hatte. Außerdem stand der Katalog im Museum in irgendeinem unserer Büros. Jerôme war ganz besonders reizend, das machte wohl die höchst anregende Konferenz in den Vatikanischen Museen, und so verabschiedete er sich mit einem doppelten »Ciao, ciao, Bella!« Was ihn da geritten hatte, den französischen Gockel, wusste ich nicht. Er wollte jedenfalls offensichtlich im Guten von mir scheiden und so notierte ich auf meiner Liste ganz oben, ihm den Katalog umgehend auf den Schreibtisch zu legen. Als Zweites wollte Adrian Weberknecht wissen, ob ich in Sachen moderner Grafik für ihn weiter auf der Suche sei, was er ja wusste, und so vermutete ich, dass ihm der Zuspruch von Mari fehlte und er lediglich mal wieder Kontakt suchte. Manche Männer sind einsam und merken es immer erst zu spät.
Dann fühlte ich mich erneut wie eine Frau von Welt, als Graf Eugen, der Wohlgeborene, doch tatsächlich höchstselbst seine Stimme auf meinem Band hinterlassen hatte, ob ich Interesse hätte, einen Satz Lithografien der Original-Immendorfbibel zu verkaufen und einen jungen Wilden der 1980er, der ihm zu alt geworden war. Er wolle sich davon trennen. Warum hatte er mich ausgewählt? Er hatte so viele Agenten und Galerien an der Hand. ›Sie sind doch ganz bezaubernd‹, klingelte die Erinnerung in meinem Ohr. Martha Baum schien mir zuzunicken und deshalb sagte ich laut zu mir: »Glaub es einfach mal! Du bist dem Mann sympathisch!« Martha Baum meinte nun, ich solle das einfach mal mit »Ich« wiederholen. Und so rezitierte ich es noch entschiedener und noch lauter: »Ich bin dem Mann sympathisch. Ich bin bezaubernd. Und ich bin kompetent. Ich bin eine promovierte Frau und ich bin klug.« Einen Moment flatterte einer meiner Lieblingsaphorismen von Stanisław Jerzy Lec durch meine Gedanken: »Ich bin schön, ich bin stark, ich bin weise, ich bin gut. Und ich habe das alles selbst entdeckt!« Nein, Karoline, jetzt hatte das auch von Mautzenbach mitbekommen. Ich war nicht mehr allein mit meiner Erkenntnis über mich. Ein wenig stolz hörte ich weiter, dass ich noch einmal wegen einiger Unterschriften zur Sparkasse kommen solle, und fühlte mich gleich sehr gefragt.
Ein Anruf war mir »entgangen«, wie mein mitdenkendes Telefon verriet. Es war jemand aus einem Nest – möglicherweise bei Potsdam oder Perleberg –, der einfach wieder aufgelegt hatte. Die Leute müssten doch wissen, dass die schlauen Kommunikationssysteme das nicht tolerieren. Schnurstracks drückte ich die Rückruftaste und wartete, während ich aus dem Fenster ein Spätzchen beobachtete, das sich auf meiner Fensterbank niederließ.
Genau in dem Moment, in dem eine Frauenstimme deutlich und entschieden »Zimmermannsbetrieb Schröder« ins Telefon sprach, war in meinem Hirn langsam angekommen, dass es sich bei der mir unbekannten Nummer um etwas handelte, das ich doch eigentlich hätte einordnen können müssen.
Deshalb stammelte ich nun völlig hirnlos: »Entschuldigen Sie, aber, aber … was wollten Sie von mir?« Schröder, Schröder. Wieso war da eine Frau am Apparat, wer war sie und …?
»Zimmermannsbetrieb Schröder«, wiederholte die Frau sachlich und fragte mich weiter: »Was kann ich für Sie tun?«
Auch Handwerkerbetriebe machen Kommunikationstraining, dachte ich in meiner Erstarrung. Was kann ich für Sie tun! Das hatte die Frau doch irgendwo in einem Seminar der Handwerkskammer gelernt.
»Ich … ich hatte Ihre Nummer auf meiner Telefonliste … ich war ein paar Tage
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