Das Frauenkomplott
einen Termin mit ihm am Niederrhein.« Beate war entschieden der Meinung, dass solche Eisen geschmiedet werden müssten, solange sie noch heiß sind, und erzählte, dass ihr damals der Besuch am Niederrhein sehr gut gefallen und vor allem auch einige weitere Türen in die Adelsschlösser geöffnet habe. Außerdem sei – das müssten gerade Frauen bedenken – nichts wichtiger als ein gutes Netzwerk. Von Mautzenbach sollte da einen ganz dicken Knoten kriegen.
Die Reise müsste ich wahrscheinlich machen. Im Moment schienen mir aber angesichts meiner immer noch dünnen Finanzlage solche Ausflüge und Ausgaben, auch wenn Beate sie für notwendig erachtete, zu groß und ich machte ein zögerliches Gesicht.
»Du musst das investieren, Karoline. Kontakte sind das Wichtigste, und von Mautzenbach ist für dich der Türöffner schlechthin.« Um mir das vor Augen zu führen, griff Beate ihr Handy, das vor ihr auf dem Tisch lag, und machte damit eine Bewegung wie mit einem Schlüssel. Sie hatte recht, das war klar, und so ließ ich sie ein wenig weiterreden. Ich hatte sowieso vorgehabt, den holden Eugen morgen früh anzurufen, ließ mich aber von Beate noch ein bisschen beraten. Es stimmte auf jeden Fall, ich sollte nicht so kleinlich sein und an Reisen sparen. Also würde ich von Mautzenbach vorschlagen, ihn demnächst aufzusuchen.
»Was ist denn los mit dir?«, fragte Beate, als ich plötzlich anfing, in meinem Beutel zu kramen.
»Ach«, ich beförderte mein Portemonnaie und ein Taschenbuch, zwei Lippenstifte und vier Zettel auf den Tisch. »Ich suche eine Telefonnummer!« Ich hatte nämlich, bevor ich mich zu meinem Abendtermin mit Beate auf den Weg gemacht hatte, nur so für alle Fälle, die Telefonnummer der Zimmerei Schröder in Güterfelde herausgesucht, in der vagen Absicht, dort möglicherweise vom Hauptbahnhof aus von einer der wenigen öffentlichen Telefonzellen anzurufen. Ich wollte nur einmal hören, wie sein Anrufbeantworter besprochen war, zurzeit war er ja in Lübtheen und ich konnte gefahrlos anklingeln. Jetzt aber, während Beate auf mich einredete und ihr Handy hin und her schob, weil Beate immer etwas bewegen muss, kam mir der Gedanke, von ihrem Handy aus zu telefonieren.
»Ach, ich suche eine Nummer«, wiederholte ich und fand sie nicht irgendwo im Beutel, sondern erstaunlicherweise ordentlich zusammengefaltet in meinem Portemonnaie, wo sie hingehörte. »Ist eigentlich nicht so wichtig, aber ich hab mein Handy nicht mit und was vergessen, kann ich mal eben deins benutzen?«
»Klar!« Beate schob es mir rüber und schaute mir ein bisschen irritiert hinterher, als ich damit auf die Straße stürzte.
Mir stockte ein bisschen das Herz, als ich die Ansage hörte, kurz und bündig: »Zimmerei Schröder, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Wir rufen Sie zurück.« Eine wundervolle Ansage! Ich sah ihn vor mir, wie er diese knappen Worte sprach, mit dieser weichen, klangvollen Stimme, an seinem Schreibtisch, elegant nach vorn gebeugt, die Taste drückend, inmitten von Auftragsblättern und … Ich drückte erschrocken die Austaste und atmete tief durch. Diese Stimme – diese wundervolle Ansage hätte ich mir am liebsten gleich noch einmal angehört, aber das konnte ich nicht machen. Immerhin war ich ihm jetzt einmal nahe gekommen, wenigstens im Geiste in seinem Büro. Ich schluckte ein bisschen beschämt, atmete tief durch, nickte den drei Rauchern zu, die vor der Kneipe um den Rauchertisch hockten, und ging zurück in die Kneipe.
»Ich glaube doch, dass es dir nicht ganz gut geht!«, rezitierte Beate ihre ursprüngliche Vermutung, als ich mich wieder setzte.
»Niemanden erreicht!«, sagte ich und legte das Telefon vor sie. »Ja, also morgen früh werde ich Mautzenbach sofort anrufen!«
»Du hast doch jetzt nicht etwa versucht, von Mautzenbach anzurufen?«
»Nein, den Hochadel kontaktiere ich immer erst nach 10 Uhr morgens!«
Beate blieb skeptisch und war der Ansicht, ich hätte sie nicht alle. Aber sie fragte nicht weiter, weil ich sie zu ein bisschen Kronengeflüster überreden konnte, und da war sie in ihrem Element.
*
Am letzten Arbeitstag dieser Woche guckte ich nur kurz in das Büro von Beate und wir besprachen ein paar Dinge. Sie protestierte, als ich den Katalog von Jerôme aus ihrem Regal zog, aber ich konnte sie überzeugen, dass sie ihn sich übernächste Woche von ihm wiederholen könnte. Aber er sollte ihn auf jeden Fall auf seinem Schreibtisch finden, wenn er zurückkäme, wo er ihn
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