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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ausrief: »Nein. Nein.
    Ich bin bloß hergekommen, um sie zu bitten, daß sie das Geld meiner Tante mit mir teilen. Sie hatte alles der Klinik vermacht. Ich denke, daß vielleicht irgend jemand von hier sie getötet hat, weil sie Angst hatten, daß sie ihr Testament ändert, nachdem sie gekündigt hat. Wenn ich das beweisen könnte, würde ihr Geld dann nicht mir gehören?«

    Einige Minuten saß Meghan in ihrem Wagen vor dem ansehnlichen Kalksteinhaus in Chestnut Hill, zwanzig Minuten außerhalb von Philadelphia. Die anmutigen Linien des dreistöckigen Wohnhauses wurden noch hervorgehoben durch die unterteilten Fenster, die antike Eichentür und das Schieferdach, das in dunkelgrünen Schattierungen in der Frühnachmittagssonne schimmerte.
    Der Fußweg, der sich durch den weitläufigen Rasen wand, war von Azaleenreihen gesäumt, die im Frühjahr sicher, so dachte Meghan, in leuchtender Pracht blühen würden. Ein Dutzend schlanker weißer Birken war wie Wachposten über das ganze Grundstück verstreut.
    Der Name am Briefkasten lautete C. J. Graham. Hatte sie je diesen Namen aus dem Munde ihres Vaters gehört?
    Meghan bezweifelte es.
    Sie stieg aus dem Auto und ging langsam den Weg hinauf. Sie zögerte eine Weile, läutete dann und hörte schwach im Hausinneren ein Glockenspiel erklingen.
    Wenig später öffnete ein Hausmädchen in Dienstkleidung die Tür.

    »Ja, bitte?« Die Frage klang höflich, aber reserviert.
    Meghan wurde klar, daß sie nicht wußte, nach wem sie fragen sollte. »Ich würde gern mit irgend jemand sprechen, der hier wohnt und vielleicht mit Aurelia Collins befreundet war.«
    »Wer ist da, Jessie?« rief eine Männerstimme.
    Hinter der Hausangestellten sah Meghan einen großen Mann mit schneeweißen Haaren auf die Tür zukommen.
    »Bitten Sie die junge Dame herein, Jessie«, wies er sie an.
    »Es ist kalt draußen.«
    Meghan trat ein. Als die Tür sich schloß, kniff der Mann die Augen zusammen. Er winkte sie näher zu sich heran.
    »Kommen Sie bitte. Hier unter das Licht.« Ein Lächeln erhellte sein Gesicht. »Das ist doch Annie, ja? Meine Liebe, ich bin froh, Sie wiederzusehen.«

    33
    Catherine Collins frühstückte mit Meghan zeitig am Morgen, bevor Meg sich zu der Unterredung mit den Ermittlungsbeamten im Gericht von Danbury und anschließend zur Fahrt nach Philadelphia auf den Weg machte. Catherine nahm sich eine zweite Tasse Kaffee mit nach oben und stellte den Fernseher in ihrem Zimmer an.
    In den Lokalnachrichten erfuhr sie, daß ihr Mann offiziell nicht mehr als vermißt und vermutlich tot galt, sondern im Zusammenhang mit dem Petrovic-Mord auf der Fahndungsliste stand.
    Als Meg anrief und Bescheid gab, sie habe das Gespräch mit der Kripo hinter sich gebracht und mache sich jetzt auf den Weg nach Philadelphia, fragte Catherine: »Meg, was haben sie dich denn gefragt?«
    »Dieselbe Art von Fragen, die sie dir auch gestellt haben. Du weißt ja, die glauben felsenfest, daß Dad noch lebt. Bis jetzt bezichtigen sie ihn des Betrugs und Mords.
    Weiß Gott, was die sich noch einfallen lassen. Du hast mich doch gestern gewarnt, daß es erst noch schlimmer wird, bevor es wieder besser wird. Da hast du wahrhaftig recht gehabt.«
    Irgend etwas in Megs Stimme jagte Catherine einen kühlen Schauer über den Rücken. »Meg, du verheimlichst mir doch etwas.«
    »Mom, ich muß jetzt los. Wir reden heute abend miteinander, ich versprech’s dir.«
    »Ich will nicht, daß du irgendwas verschweigst.«
    »Ich schwöre dir, ich werde nichts verschweigen.«

    Der Arzt hatte Catherine dringend ans Herz gelegt, wenigstens ein paar Tage lang zu Hause zu bleiben und sich auszuruhen. Ich brauche mich nur auszuruhen und bekomme vor lauter Sorgen wirklich einen Herzanfall, dachte sie, während sie sich anzog. Lieber ging sie zum Gasthof.
    Sie war nur wenige Tage weggewesen, doch sie konnte einen Unterschied feststellen. Virginia war gut, übersah aber kleine Details. Das Blumenarrangement auf dem Anmeldetresen ließ die Köpfe hängen.
    »Wann sind die gebracht worden?« fragte Catherine.
    »Heute morgen erst.«
    »Ruf beim Blumengeschäft an und laß neue kommen!«
    Die Rosen, die sie im Krankenhaus erhalten hatte, waren taufrisch gewesen, erinnerte sich Catherine.
    Die Tische im Speisezimmer waren für die Mittagszeit gedeckt. Catherine ging von einem zum andern und überprüfte sie, einen Hilfskellner im Schlepptau. »Hier haben wir eine Serviette zuwenig, genauso auf dem Tisch am Fenster. Dort fehlt ein

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