Das fremde Gesicht
Weile auszuhelfen. Ich hab’ ihm gesagt, daß ich das großartig finde, aber er solle sich davor hüten, das Heft in die Hand zu nehmen. Je mehr Mutter zu tun hat, um so besser für sie. Aber er ist jetzt da. Sie kann sich bestimmt bald zu uns setzen.«
Meghan fühlte, wie Macs Blick auf ihr ruhte, und schlug die Augen nieder, um dem Mitgefühl, das sie darin sah, zu entgehen. Sie hatte schon erwartet, daß heute abend jeder im Speisezimmer hier sie und ihre Mutter prüfend anschauen würde, um zu sehen, wie gut sie standhielten.
Sie hatte sich absichtlich dafür entschieden, Rot zu tragen: einen dreiviertellangen Rock und einen Kaschmirpullover mit Kapuzenkragen, dazu Goldschmuck.
Sie hatte sich sorgfältig mit Rouge, Lippenstift und Augen-Make-up hergerichtet. Also, wie eine arbeitslose Reporterin sehe ich wohl nicht aus, hatte sie mit einem Blick in den Spiegel befunden, bevor sie das Haus verlassen hatte.
Das Schlimme war nur, daß Mac ganz bestimmt die Fassade durchschaute. Er würde vermuten, daß sie zusätzlich zu all dem anderen auch wahnsinnige Sorgen um ihren Job hatte.
Mac hatte Wein bestellt. Als eingeschenkt war, hob Mac ihr das Glas entgegen. »Ich soll etwas von Kyle ausrichten. Als er erfuhr, daß wir heute abend zusammen essen, hat er gesagt, ich soll dir Bescheid geben, daß er morgen abend kommt, um dich zu erschrecken.«
Meg lächelte. »Ja, klar. Morgen ist ja Halloween. Wie wird sich Kyle denn verkleiden?«
»Sehr originell. Er ist ein Geist, ein echt gespenstischer Geist, das behauptet er wenigstens. Ich nehm’ ihn und ein paar andere Kinder morgen nachmittag auf die übliche Tour von Haustür zu Haustür, aber dich will er sich für morgen abend aufheben. Wenn’s also bei Dunkelheit ans Fenster klopft, dann wundere dich nicht.«
»Ich schau’, daß ich dann zu Hause bin. Sieh mal, da ist ja Mutter.«
Catherine behielt auf ihrem Weg durch das Speisezimmer ein Lächeln bei. Ständig hielten sie Leute auf, die von den Tischen aufsprangen, um sie zu umarmen.
Als sie bei den dreien angelangt war, sagte sie: »Ich bin so froh, daß wir hergekommen sind. Es ist hundertmal besser als zu Hause zu hocken und zu grübeln.«
»Du siehst großartig aus«, sagte Phillip. »Du bist wirklich ein tapferer Soldat.«
Die Bewunderung in seinen Augen blieb Meg nicht verborgen. Sie blickte flüchtig auf Mac. Er hatte es ebenfalls bemerkt.
Sei vorsichtig, Phillip. Rücke Mutter nicht auf die Pelle, dachte Meghan. Sie musterte die Ringe ihrer Mutter. Die Diamanten und Smaragde, die sie trug, funkelten hell im Schein der kleinen Tischlampe. Eine Weile vorher hatte ihre Mutter ihr erzählt, daß sie beabsichtige, am Montag ihren Schmuck zu verpfänden oder zu verkaufen. Eine hohe Steuerzahlung für den Gasthof war in der folgenden Woche fällig. Catherine hatte gesagt: »Mir tut es nur deshalb leid, den Schmuck aufzugeben, weil ich wollte, daß du ihn bekommst.«
Was mich angeht, ist mir das gleich, dachte Meg jetzt, aber …
»Meg? Weißt du schon, was du bestellst?«
»Oh, entschuldige.« Meghan lächelte reumütig und warf einen Blick auf die Speisekarte in ihrer Hand.
»Versuch’ doch das Filet à la Wellington«, meinte Catherine. »Es schmeckt super. Ich muß es wissen. Ich hab’s gemacht.«
Während des Essens war Meg dankbar dafür, daß Mac und Phillip die Unterhaltung auf harmlose Themen lenkten, alles von der vorgeschlagenen Pflasterung umliegender Straßen bis zu der Fußballmeisterschaft, an der Kyle teilnahm.
Beim Cappuccino fragte Phillip Meg, was sie vorhabe.
»Das mit dem Job tut mir wirklich leid«, erklärte er.
Meg zuckte mit den Achseln. »Ich bin ganz bestimmt nicht glücklich darüber, aber vielleicht wendet sich alles zum Guten. Verstehst du, ich denk’ mir immer, daß eigentlich keiner wirklich etwas über Helene Petrovic weiß. Sie ist der Schlüssel zu allem. Ich bin fest entschlossen, irgendwas über sie rauszukriegen, was uns möglicherweise ein paar Antworten gibt.«
»Das wäre wirklich gut«, entgegnete Phillip. » Ich hätte weiß Gott auch gern ein paar Antworten.«
»Etwas anderes«, fügte Meg hinzu, »ich bin noch gar nicht dazu gekommen, Dads Büro auszuräumen. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich morgen reinkomme?«
»Komm, wann immer du willst, Meg. Kann ich dir helfen?«
»Nein, danke. Das geht schon.«
»Meg, ruf mich an, wenn du fertig bist«, sagte Mac. »Ich komme dann vorbei und trag’ die Sachen zum Auto.«
»Morgen machst du doch
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