Das fremde Gesicht
alles noch enden soll, aber eines weiß ich bestimmt. Ich darf dich nicht verlieren! Wenn jemand dieses arme Mädchen verwechselt und an deiner Stelle getötet hat, kann sie mir nur von ganzem Herzen leid tun, während ich Gott auf den Knien dafür danke, daß du es bist, die lebt.«
Sie sprangen beide auf, als es an der Haustür läutete.
»Ich geh’ schon«, sagte Meg.
Es war ein eingeschriebenes Päckchen für Catherine. Sie riß es auf. Eine Karte und ein kleines Kästchen waren darin. Sie las die Mitteilung laut vor: »Liebe Mrs. Collins, ich schicke Ihnen den Ehering Ihres Mannes zurück. Ich habe selten eine solche Gewißheit verspürt wie in dem Moment, als ich Kommissar Bob Marron mitteilte, daß Edwin Collins vor vielen Monaten gestorben ist.
Meine Gedanken und Gebete begleiten Sie.
Fiona Campbell Black.«
Meghan bemerkte, daß sie froh war, anzusehen, wie Tränen etwas von dem Schmerz wegspülten, der sich in das Gesicht ihrer Mutter eingegraben hatte.
Catherine nahm den schmalen Goldring aus dem Kästchen und umschloß ihn mit ihrer Hand.
41
Spät am Nachmittag im Danbury Medical Center döste eine mit Medikamenten beruhigte Dina Anderson im Bett, den schlafenden Jonathan neben sich. Ihr Mann und ihre Mutter saßen still an ihrer Seite. Der Gynäkologe, Dr. Neitzer, kam zur Tür und winkte Don zu sich.
Er trat in den Gang hinaus. »Ein Ergebnis?«
Der Arzt nickte. »Ein gutes, hoffe ich doch. Nachdem wir die Blutgruppe von Ihnen, Ihrer Frau, Jonathan und dem Baby überprüft haben, stellen wir fest, daß der Kleine durchaus ihr biologisches Kind sein könnte. Sie sind A-positiv, Ihre Frau ist 0-negativ, das Baby ist 0-positiv.«
»Jonathan ist A-positiv.«
»Genau, denn das ist die andere Blutgruppe, die bei einem Kind von Eltern, die A-positiv und 0-negativ sind, möglich ist.«
»Ich weiß nicht recht, was ich denken soll«, sagte Don.
»Dinas Mutter schwört darauf, daß der Kleine wie ihr eigener Bruder aussieht, als er geboren wurde. In dem Zweig der Familie gibt es rote Haare.«
»Die DNS-Untersuchung wird absolut sicher klären, ob das Baby nun Ihr biologisches Kind ist oder nicht, aber das dauert mindestens vier Wochen.«
»Und was machen wir in der Zwischenzeit?« fragte Don erregt. »Uns daran gewöhnen, es liebgewinnen und dann vielleicht herausfinden, daß wir es jemand anders von der Manning Clinic geben müssen? Oder sollen wir es etwa in der Säuglingsstation liegenlassen, bis wir wissen, ob es nun unseres ist oder nicht?«
»Es ist für kein Baby in den ersten Lebenswochen gut, auf der Station zu bleiben«, antwortete Dr.
Neitzer.
»Selbst unsere schwerkranken Säuglinge werden so weit wie möglich von ihren Müttern und Vätern versorgt. Und Dr. Manning sagt –«
»Was Dr. Manning sagt, ist mir piepegal!« unterbrach ihn Don. »Alles, was ich je zu hören bekam, seit der Embryo sich vor fast vier Jahren geteilt hat, war, daß sich der Embryo von Jonathans Zwillingsbruder in einem eigens markierten Reagenzglas befand.«
»Don, wo bist du?« rief eine schwache Stimme.
Anderson und Dr. Neitzer gingen in das Krankenzimmer zurück. Dina und Jonathan waren beide wach. Sie sagte:
»Jonathan will seinen Bruder sehen.«
»Schatz, ich weiß nicht recht …«
Dinas Mutter stand auf und blickte voller Hoffnung auf ihre Tochter.
»Ich schon. Ich gebe Jonathan recht. Ich hab’ dieses Baby neun Monate lang getragen. In den ersten drei hatte ich Blutungen und eine Todesangst, ich könnte es verlieren. Als ich es zum erstenmal spüren konnte, war ich so glücklich, daß ich geheult hab’. Ich liebe Kaffee und konnte keinen einzigen Schluck trinken, weil dieser Kleine keinen Kaffee mag. Er hat mich dermaßen geboxt, daß ich seit drei Monaten nicht mehr anständig schlafen konnte.
Ob er nun mein biologisches Kind ist oder nicht, ich hab’
ihn mir weiß Gott verdient und ich will ihn.«
»Schatz, Dr. Neitzer hat gesagt, daß die Blutproben dafür sprechen, daß es wahrscheinlich unser Kind ist.«
»Das ist gut. Also sorg jetzt bitte dafür, daß mir jemand mein Baby bringt.«
Um halb drei betrat Dr. Manning, von seinem Anwalt und einem Vertreter des Krankenhauses begleitet, den Versammlungsraum der Klinik.
Der Bevollmächtigte des Krankenhauses sprach in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: »Dr. Manning wird eine vorbereitete Erklärung abgeben. Er wird keine Fragen beantworten. Danach bitte ich Sie alle, das Haus zu verlassen. Die Andersons werden sich in
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