Das fremde Gesicht
abgekriegt?«
»Ich hab’ dir doch gesagt, daß der Kerl mich gepackt hat.«
»Du hast gesagt, daß er dich geschubst hat.«
»Zuerst hat er mich gepackt, aber ich bin entwischt.«
Mac fluchte leise vor sich hin. Er hatte am Abend nicht daran gedacht, Kyle zu untersuchen. Er hatte das Gespensterkostüm angehabt und darunter ein weißes Hemd mit Rollkragen. Mac war davon ausgegangen, daß der Mann mit der Kamera Kyle nur geschubst hatte. Statt dessen hatte er ihn am Hals gepackt. Starke Finger hatten diese Quetschungen verursacht.
Mac hielt einen Arm um seinen Sohn, während er die Polizei anrief. Gestern abend hatte er sich widerwillig von Meg umstimmen lassen, als sie ihn beschwor, nicht die Polizei zu benachrichtigen.
»Mac, es ist so schon schlimm genug, ohne daß die Medien wieder einen frischen Aufhänger zu der ganzen Sache bekommen«, hatte sie erklärt. »Paß nur auf, irgend jemand schreibt dann, daß Dad sich hier herumtreibt! Der Staatsanwalt ist überzeugt, daß er Kontakt mit uns aufnehmen wird.«
Ich habe lange genug zugelassen, daß Meg mich aus all dem heraushält, dachte Mac voller Ingrimm. Das wird von jetzt ab anders. Das war nicht bloß ein Kameramann, der da draußen auf der Lauer lag.
Schon nach dem ersten Klingelzeichen nahm jemand den Hörer ab. »Polizeirevier, Thorne am Apparat.«
Eine Viertelstunde später war ein Streifenwagen beim Haus. Es war unübersehbar, daß die beiden Polizisten nicht erfreut über die Tatsache waren, daß man sie nicht schon früher gerufen hatte. »Dr. MacIntyre, gestern abend war Halloween. Wir befürchten immer, daß sich irgendein Verrückter hier rumtreibt, der es auf ein Kind abgesehen hat. Der Kerl ist vielleicht noch woanders hingegangen.«
»Ich gebe zu, ich hätte anrufen sollen«, entgegnete Mac,
»aber ich glaube nicht, daß dieser Mann hinter Kindern her war. Er war genau gegenüber vom Eßzimmerfenster der Collins, und Meghan Collins war deutlich zu sehen.«
Er sah, wie die beiden Beamten Blicke wechselten. »Ich denke, darüber sollte die Staatsanwaltschaft informiert werden«, sagte einer der beiden.
Auf der ganzen Rückfahrt von ihrem Apartment war ihr die bittere Wahrheit immer deutlicher zu Bewußtsein gekommen. Meghan wußte, sie hatte jetzt praktisch die Bestätigung dafür, daß ihr Vater eine zweite Familie in Arizona hatte.
Als sie das Lederwarengeschäft Palomino angerufen hatte, war die Besitzerin am Apparat. Die Frau war erstaunt, als Meg sie wegen der Nachricht auf dem Anrufbeantworter befragte. »Der Anruf stammt nicht von hier«, erklärte sie kurzum.
Sie bestätigte allerdings, daß sie eine Kundin namens Mrs.
E.
R. Collins habe, mit einer Tochter in den Zwanzigern. Danach weigerte sie sich, telefonisch weitere Auskünfte zu erteilen.
Es war halb acht, als Meg in Newtown ankam. Sie bog in die Einfahrt ein und war verblüfft, Macs roten Chrysler und einen weiteren, ihr unbekannten Wagen vor dem Haus vorzufinden. Was ist denn jetzt los? dachte sie bestürzt.
Sie parkte ihren Wagen hinter den anderen Fahrzeugen und eilte die Verandastufen hinauf. Es genügte offenbar schon, wenn irgend etwas Unerwartetes geschah, um ihr Herz vor Entsetzen schneller schlagen zu lassen.
Die Kriminalbeamtin Arlene Weiss war mit Catherine, Mac und Kyle im Wohnzimmer. In Macs Stimme schwang keine Rechtfertigung mit, als er Meg informierte, weshalb er die Polizei am Ort und dann die Staatsanwaltschaft über den Störenfried benachrichtigt hatte. Meg schloß vielmehr aus Macs kurz angebundener Art, daß er wütend war. Kyle war mißhandelt und in Angst und Schrecken versetzt worden; irgend so ein Psychopath hätte ihn erwürgen können, und ich habe Mac daran gehindert, die Polizei zu rufen, dachte sie. Sie warf ihm nicht vor, daß er stocksauer war.
Kyle saß zwischen Catherine und Mac auf dem Sofa. Er rutschte hinunter und kam durch den Raum auf sie zu.
»Meg, schau doch nicht so traurig. Es geht mir gut.« Er legte ihr die Hände auf die Wangen. »Ehrlich, es geht mir gut.«
Sie blickte in seine ernsten Augen, umarmte ihn dann heftig. »Aber ja, Kumpel.«
Weiss blieb nicht lange. »Miss Collins, ob Sie’s glauben oder nicht, wir wollen Ihnen helfen«, sagte sie, während Meghan sie zur Tür geleitete. »Wenn Sie solche Vorfälle wie den von gestern abend nicht melden oder andere Leute melden lassen, dann behindern Sie dieses Ermittlungsverfahren. Wir hätten innerhalb von Minuten ein Polizeifahrzeug hier haben können, wenn Sie
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