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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sehen.
    Ihr fiel die Zeit wieder ein, als sie vierzehn war und Jazztanz-Unterricht nahm. Ihr Vater war von einer seiner Reisen zurückgekommen, und sie führte ihm die neuesten Schritte vor, die sie nun beherrschte.
    »Meggie«, hatte er geseufzt, »Jazz ist gute Musik und eine schöne Tanzform, aber der Walzer ist der Tanz der Engel.«
    Er hatte ihr den Wiener Walzer beigebracht.
    Sie war erleichtert, als der Pilot ankündigte, daß sie zur Landung auf dem Flughafen Sky Harbor International ansetzten, wo die Temperatur am Boden 20 Grad betrug.
    Meghan holte ihre Sachen aus den Ablagefächern über ihr und wartete ungeduldig darauf, daß die Kabinentür aufging. Sie wollte diesen Tag so schnell wie möglich hinter sich bringen. Die Mietwagenagentur lag im Barry Goldwater Terminal. Meghan schaute noch die Adresse des Palomino-Lederwaren-Geschäfts nach und fragte, als sie sich für einen Wagen einschrieb, nach dem Weg dorthin.
    »Das ist im Bogota-Viertel von Scottsdale«, erklärte die Agenturangestellte. »Es ist eine wunderbare Einkaufsgegend, wo Sie sich wie in einer mittelalterlichen Stadt vorkommen werden.«
    Auf einer Straßenkarte zeigte sie Meghan die Strecke.
    »Sie kommen in fünfundzwanzig Minuten hin«, erklärte sie.
    Während der Fahrt nahm Meghan die Schönheit der Berge in der Ferne und des wolkenlosen, intensiv blauen Himmels in sich auf. Als sie die Gewerbeviertel hinter sich hatte, begannen Palmen und Orangenbäume und Kandelaber-Kakteen die Landschaft zu durchziehen.
    Sie kam an dem im Adobe-Stil erbauten Hotel Safari vorbei. Mit seinen leuchtenden Oleanderbüschen und hohen Palmen sah es heiter und einladend aus. Dort hatte Cyrus Graham seinen Stiefbruder, ihren Vater, vor nunmehr fast elf Jahren gesehen.
    Das Lederwarengeschäft Palomino lag anderthalb Kilometer weiter an der Scottsdale Road. Die Gebäude hier hatten burgähnliche Türme und Wände mit Brüstungen und Zinnen. Kopfsteinpflaster auf den Straßen ließen an eine europäische Kleinstadt denken. Die Boutiquen, die sich aneinanderreihten, waren klein und sahen allesamt teuer aus.
    Meghan bog nach links in den Parkplatz ein, der gleich hinter dem Lederwarengeschäft lag, und stieg aus. Sie stellte bestürzt fest, daß ihre Knie zitterten.
    Der ausgeprägte Geruch von feinem Leder schlug ihr entgegen, als sie das Geschäft betrat. Handtaschen in allen Größen vom Abendtäschchen bis zum Umhängebeutel waren geschmackvoll in Regalen und auf Tischen ange-ordnet. Ein Schaukasten bot Brieftaschen, Schlüsselan-hänger und Schmuck dar. Aktenmappen und Koffer waren in dem weiträumigen Bereich sichtbar, der vom Eingang aus gesehen einige Stufen tiefer und weiter hinten lag.
    Nur eine weitere Person war in dem Laden. Sie stand hinter der Kasse, eine junge Frau mit attraktiven indiani-schen Gesichtszügen und vollem, schwarzem Haar, das ihr über den Rücken fiel. Sie blickte auf und lächelte. »Kann ich Ihnen helfen?« Ihr Tonfall und Verhalten deuteten nicht darauf hin, daß Meghan ihr bekannt vorkam.
    Meghan dachte rasch nach. »Das hoffe ich. Ich bin nur ein paar Stunden hier, und ich möchte ein paar Verwandte aufsuchen. Ich hab’ ihre Adresse nicht, und sie stehen nicht im Telefonbuch. Ich weiß, daß sie hier einkaufen und hab’ gehofft, daß ich vielleicht von Ihnen die Adresse oder Telefonnummer erfahren könnte.«
    Die Verkäuferin zögerte. »Ich bin neu hier. Wie wär’s, wenn Sie in ungefähr einer Stunde wiederkommen? Dann ist die Besitzerin da.«
    »Bitte«, sagte Meghan. »Ich hab’ so wenig Zeit.«
    »Wie ist der Name? Ich kann ja nachschauen, ob die Leute hier eingetragen sind.«
    »E. R. Collins.«
    »Oh«, sagte die Verkäuferin, »Sie müssen gestern angerufen haben.«
    »Richtig.«
    »Ich war hier. Nachdem Mrs. Stoges, die Besitzerin, mit Ihnen gesprochen hatte, hat sie mir von Mr. Collins’ Tod erzählt. War er ein Verwandter?«
    Meghans Mund wurde trocken. »Ja. Deshalb möchte ich auch unbedingt bei der Familie vorbeischauen.«
    Die Verkäuferin stellte den Computer an. »Hier ist die Adresse und Telefonnummer. Ich fürchte, ich muß aber Mrs. Collins anrufen und fragen, ob ich sie Ihnen geben darf.«
    Meghan blieb nichts anderes übrig, als zu nicken. Sie beobachtete, wie die Knöpfe auf dem Telefon rasch hintereinander gedrückt wurden.
    Einen Augenblick später sprach die junge Frau in den Hörer: »Mrs. Collins? Hier ist Palomino Lederwaren. Da ist eine junge Dame hier, die Sie gerne besuchen möchte, eine

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