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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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ob man im Bett nichts tun könnte außer schlafen.
    »Also …« Er war zu schnell für sie. »Kit Bowskill hat dir die Telefonnummer seiner Eltern gegeben?« Warum sollte er das tun? Warum hatte Simon danach gefragt?
    »Nein, das war das Telefonbuch. Es gibt nur einen Bowskill in Bracknell – N. für Nigel.«
    »Aber … du hast Kit Bowskill getroffen?«
    »Ja. Ich habe ihn dreimal gefragt, was die Ursache für den Bruch zwischen ihm und seinen Eltern war. Die ersten beiden Male ist er der Frage ausgewichen. Und seine dritte Antwort hat mich davon überzeugt, dass er irgendwas Wichtiges verheimlicht. Es hörte sich so an, als hätte er meine Frage vollständig und erschöpfend beantwortet, aber es war alles nur Psycho-Gewäsch – er hat viele Worte gemacht, um mich abzulenken, damit mir nicht auffällt, dass er mir eigentlich gar nichts verraten hat. Er sagte, seine Eltern wollten ihn nicht unterstützen, sie hätten sich geweigert, Connie eine Ersatzfamilie zu sein, als sie eine brauchte. Das könnte fast alles bedeuten.«
    »Vielleicht fand er ja, dass es dich nichts anging?« Charlie konnte nachvollziehen, dass Kit wenig geneigt war, das traumatische Erlebnis einer abgebrochenen Beziehung zu den Eltern mit einem wenig einfühlsamen Ermittler zu diskutieren, dem er nie zuvor begegnet war.
    »Nein. Er hatte Angst.« Nach einer Pause fügte Simon hinzu: »Er ist der Bösewicht. Bitte mich nicht, es zu beweisen, weil ich es nicht kann. Noch nicht.«
    »Du weißt ja noch nicht mal, ob es überhaupt einen Bösewicht gibt.«
    »Er hat mir erzählt, dass Connie nicht mit mir sprechen wolle – sie sei wütend auf mich, behauptete er, weil ich weggefahren sei, ohne ihr was davon zu sagen. Findest du etwa, dass sich das glaubwürdig anhört?«
    »Ja«, sagte Charlie. »Ich war vorhin auch wütend auf dich, weil du nach Cambridge gefahren bist, ohne mir etwas davon zu sagen. Ich hätte doch mitkommen können.«
    »Und wenn er sie ebenfalls umgebracht hat? Wenn sie deshalb nicht ans Telefon geht?«
    »Reine Erfindung, Simon.«
    »Wie viele Leute kennst du, die sich aus dem Leben ihrer Eltern verabschiedet haben?«
    »Du bist ja besessen von Kit Bowskills dämlichen Eltern«, grummelte Charlie.
    »Von jetzt an wird das mein Leitprinzip sein. Wenn zwei Leute zwei unterschiedliche Dinge behaupten und ich nicht weiß, wem ich glauben soll, werde ich dem glauben, der nicht jeden Kontakt zu den beiden Menschen abgebrochen hat, die ihn zur Welt gebracht haben.«
    »Das ist … wirklich absurd.« Charlie lachte und trank einen Schluck Weißwein.
    »Nein, ist es nicht.«
    »Wow – was für ein überzeugendes Argument.«
    »Jeden Tag meines Lebens denke ich daran, dass meine Mutter sterben könnte – jeden einzelnen Tag. Ich denke daran, wie frei ich mich dann fühlen würde. Und dann wird mir klar, dass sie noch gut und gern dreißig Jahre leben könnte.«
    Charlie wartete. Zählte die Sekunden: eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs …
    »Der Punkt ist, ich würde niemals zu ihr sagen: ›Tut mir leid, aber du bist raus aus meinem Leben‹«, fuhr Simon fort. »Jeder Mensch, der ein Herz hat, weiß, wie einer Mutter zumute wäre, wenn sie diese Worte zu hören bekäme, jeder, der auch nur eine Spur von Einfühlungsvermögen besitzt …« Das Atmen zwischen den Worten war lauter als die Worte selbst. Charlie ahnte, dass Simon niemals bereit gewesen wäre, dieses Gespräch zu führen, wenn sie bei ihm gewesen wäre, das war ihm nur aus der Entfernung möglich. »Kein Kind sollte sich jemals von seinen Eltern lossagen, jedenfalls nicht ohne einen verdammt triftigen Grund. Es sei denn, es geht um Leben oder Tod.«
    Charlie war sich nicht so sicher, ob sie dem zustimmen konnte, aber sie gab einen Laut von sich, den Simon als Zustimmung auslegen konnte, wenn er es wollte. »Wenn Kit Bowskill dir nicht sagen will, was vorgefallen ist, werden seine Eltern es sehr wahrscheinlich auch nicht tun«, gab sie zu bedenken.
    »Das Risiko muss ich eingehen.«
    Akzeptier es, Zailer. Er kommt nicht nach Hause.
    Charlie trug ihren Wein ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa fallen. Die psychopathische Waise Esther, die sie auf dem Bildschirm zur Unbeweglichkeit verdammt hatte, starrte sie vom Bildschirm aus finster an. »Aber selbst wenn die Eltern dir erzählen sollten, worum es bei dem Zerwürfnis ging – was dann?«, fragte sie. »Wie könnte es da irgendeine Verbindung zu dem Umstand geben, dass Connie eine Tote auf einem Immobilienportal

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