Das fremde Haus
gesehen hat? Mal angenommen, das war so. Ich bin immer noch nicht überzeugt davon – egal, wie viele unabhängige Zeugen sich inzwischen gemeldet haben.« Ihre Kamera lag auf der Sofalehne. Sie stellte ihr Glas ab und griff nach der Kamera. Seit sie aus Spanien zurück waren, hatte Charlie sie ständig bei sich – neben sich auf ihrer Seite des Betts, wenn sie schlief, auf der Fensterbank im Badezimmer, wenn sie badete. Sie war süchtig danach, sich ihre Fotos von »Los Delfines« anzusehen.
»Unabhängig«, sinnierte Simon. »Interessante Wortwahl.«
»Was?« Charlie starrte auf den winzigen schwitzenden Domingo, der sich an den Stamm eines umgekehrten Lilienbaums lehnte.
»Zwei Personen haben die Tote auf Roundthehouses gesehen: Connie Bowskill und Jackie Napier. Niemand sonst. Findest du es etwa wahrscheinlich, dass die beiden einzigen Menschen, die die Leiche auf dieser Website gesehen haben – in der kurzen halben Stunde, die das Bild online war, bevor es wieder entfernt wurde – zufälligerweise diese beiden waren? Wenn man bedenkt, wie viele Millionen es gesehen haben könnten.«
»Wahrscheinlich?!« Charlie schnitt eine »Stummer Schrei«-Grimasse. »Simon, Wahrscheinlichkeit haben wir vor mehreren Lichtjahren hinter uns gelassen. Nichts von alledem ist wahrscheinlich. Ich denke immer noch, dass es irgendein … bizarrer Dummejungenstreich sein muss. Es gibt absolut keinen Beweis dafür – und ich rede von einem richtigen Beweis –, dass irgendjemand getötet oder verletzt wurde. O mein Gott!«
»Was ist? Was ist los?«
»Das ist ja grässlich. Vollkommen abstoßend!«
»Was denn?«
»Das Gesicht! Am Berg. Es ist ganz offensichtlich, jetzt, wo ich es sehen kann: Augen, Nase, Mund.« Charlie zoomte das Bild näher heran. »Ich habe dich doch gefragt, ob es attraktiv sei – warum hast du mir nicht erzählt, dass es so abgrundtief hässlich ist? Es sieht aus wie Jabba the Hut aus Star Wars .«
»Was meinst du damit, du kannst es sehen?« Simons Stimme klang irritiert. »Du bist zu Hause.«
»Auf meiner Kamera.«
»Ein Foto könnte unmöglich –«
»Es ist diese Panorama-Aufnahme, die ich von der obersten Terrasse aus gemacht habe. Es ist alles drauf. Pool, Grill, Gartenanlagen, Berg – mit hässlichem Gesicht.«
»Das Gesicht, das ich gesehen habe, würde man auf einem Foto nicht erkennen«, sagte Simon.
»Simon, ich sehe ein Gesicht. Wie viele verschiedene Gesichter kann ein einzelner Berg schon haben?«
»Ein Foto sagt gar nichts aus«, stellte er kurz klar.
»Sah das Gesicht, das du gesehen hast, aus wie Jabba the Hut aus Star Wars? «
Eine Pause entstand. Dann sagte Simon: »Wenn du es nicht in echt gesehen hast, kannst du keinen Anspruch darauf erheben, es gesehen zu haben – nicht auf der Grundlage eines winzigen Fotos.«
»Wem gegenüber kann ich diesen Anspruch nicht erheben?«, zog Charlie ihn auf. »Der zuständigen Stelle für Berggesicht-Klassifizierung? Was spielt es schon für eine Rolle, ob ich es auch sehe oder nicht? Macht dich das weniger besonders?«
»Nein.« Die Frage schien ihn zu verwirren. »Ich wollte, dass du es auch siehst, aber das hast du nicht. Es auf einem Foto zu sehen ist nicht dasselbe.«
»Nein, es ist anders. Aber sehen kann ich es trotzdem.«
»Nicht am Berg.«
Charlie hielt das Telefon etwas von sich weg und prustete verächtlich hinein, lange und laut. Als sie es wieder ans Ohr hielt, redete Simon gerade so schnell, dass sie ihm nicht folgen konnte. Irgendwas mit jemandem namens Basil. »Langsamer«, bat sie. »Ich habe den Anfang nicht mitbekommen. Fang noch mal von vorne an.«
»Basil Lambert-Wall«, wiederholte Simon atemlos. »Professor Sir. Der Mann, der im Bentley Grove wohnt, Selina Ganes direkter Nachbar. Als ich ihm das Foto zeigte, sagte er, er hätte Kit Bowskill schon mal irgendwo gesehen, erinnerst du dich? Er hat ihm angeblich seine Alarmanlage eingebaut.«
Charlie erinnerte sich. »Und du bist zu der Alarmanlagenfirma gegangen, und dort kannte ihn niemand. Bowskill arbeitet dort nicht.«
»Du erzählst mir, dass du ein Gesicht im Berg gesehen hast, obwohl du das nicht getan hast – du hast es auf einem Foto gesehen.« Simons Worte purzelten durcheinander, wie immer, wenn er aufgeregt war. »Warum hast du diesen Fehler gemacht? Weil du das Foto mit dem Berg assoziierst – die Assoziation ist so stark, dass du das eine mit dem anderen verwechselt.«
Charlie machte den Mund auf, um zu protestieren, aber es war
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