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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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Handelsregisterbehörde, die in ihrem zerschmetterten Rahmen auf dem Boden liegt …
    »Ich weiß, wie du es gemacht hast«, sage ich. »Alle wollten immer wieder wissen, wie es sein konnte, dass du die Leiche der Frau nicht gesehen hast, obwohl es doch noch derselbe virtuelle Rundgang war, der Rundgang, den ich aufgerufen hatte. Ich musste immer wieder erklären, was meiner Ansicht nach passiert war.«
    Kit gibt einen Laut von sich, ein leises Ausatmen. Irgendwie merke ich, dass er lächelt.
    Ich kann den Ausdruck auf seinem Gesicht spüren, ohne ihn zu sehen: bedeutet das, dass ich Kit kenne?
    »Es war eine gute Theorie«, sagt er. »Ein virtueller Rundgang mit einer Variablen, die nur bei jedem hundertsten oder tausendsten Durchlauf erscheint.«
    »Aber ich lag falsch, oder? Es war ein anderer Rundgang. Als du ins Arbeitszimmer gingst, bin ich erst mal draußen geblieben.«
    Ich stand zitternd draußen im Flur. Kit, der sich auf der anderen Seite der geschlossenen Tür beklagt: Klasse. Ich wollte mir schon immer mal mitten in der Nacht die Geschirrspülmaschine irgendwelcher fremder Leute ansehen.
    »Du bist rausgegangen«, sage ich. »Aus dem Rundgang, aus dem Internet. Ein Klick, und alles war weg. Auf dem Desktop befand sich der Rundgang – das ursprüngliche Webvideo.« Das hattest du von ihr, von Jackie . »Noch ein Klick, und der Rundgang wurde geöffnet. Man sah das Wohnzimmer ohne die Leiche einer Frau darin.«
    Kit schweigt. Ich glaube nicht, dass er immer noch lächelt.
    »Als ich wieder ins Zimmer kam, war kein Roundthehouses-Programmfenster mehr geöffnet, nur der Desktop. Bevor ich dich aufgeweckt habe, als ich mir den Rundgang alleine ansah, war dahinter das Roundthehouses-Programmfenster. Mit der Adresse – Bentley Grove 11 – und dem Roundthehouses-Logo.«
    Wieso hat mein Gedächtnis so lange gebraucht, bis es dieses Detail ausgegraben hat?
    Weil man nicht alles auf einmal sehen kann. Man kann das Gesicht seines Mannes nicht sehen, wenn man auf das Messer starrt, das er einem vors Gesicht hält.
    »Als du wütend auf mich wurdest und wieder ins Bett gegangen bist, saß ich da und starrte ein paar Minuten lang nur auf den Monitor. Ich schaute zu, wie sich ein Zimmer nach dem anderen langsam vor mir drehte. Jedes Mal, wenn das Wohnzimmer wieder auftauchte, war es dasselbe – keine Leiche. Dann schloss ich den virtuellen Rundgang – deinen Rundgang. Ich beschloss, noch einmal ganz von vorne anzufangen, weil ich sehen wollte, ob sich dann was ändern würde. Alles, woran ich denken konnte, war: Wie kann die Tote einfach so verschwinden? Ich habe nicht darüber nachgedacht, warum ich mich neu ins Internet einwählen musste – ich war mir kaum bewusst, dass ich es getan hatte.«
    »Du hast mich nicht aufgeweckt«, sagt Kit ruhig.
    Natürlich nicht. »Nein. Du warst wach. Du hast die überzeugende Darstellung eines Schlafenden abgeliefert.« Die langen, tiefen Atemzüge, die Reglosigkeit … Beide lagt ihr reglos da, du und Jackie, tatet so, als ob. Eine Lüge.
    »Du wusstest, dass ich freitags immer nach Cambridge gefahren bin, zum Bentley Grove, um nach dir Ausschau zu halten, um in der Nummer 11 nach einem Beweis für dein Doppelleben zu suchen. Als ich es dir erzählte, musst du schon lange Bescheid gewusst haben.« Ich fühle mich desorientiert, als ich die Geschichte aus der Dunkelheit ziehe, Stück für Stück. Ich begreife immer noch nicht, was das alles bedeuten soll, ich kann noch immer nicht das ganze Bild sehen. Es ist, als würde ich ein Fragment nach dem anderen anleuchten und versuchen, jedes neue Teil mit denen in Verbindung zu bringen, die ich bereits zusammengetragen habe.
    »Du bist nicht jeden Freitag gefahren«, sagt Kit. »Ich wusste es immer schon vorher. An manchen Donnerstagabenden warst du enorm nervös und hast genau nachgefragt, wann ich nach London fahren würde, wann ich zurückkommen würde. Du wolltest wissen, wie viel Zeit du hattest.«
    Ich schließe die Augen und denke daran, wie erschöpfend es war – so zu tun, als hätte ich ein bestimmtes Motiv, um ein anderes zu verbergen. Verschwendete Liebesmühe.
    Jetzt muss ich mir keine Mühe mehr mit irgendwas geben, nie wieder.
    Nein. Sprich weiter. Erzähl die Geschichte weiter, bevor die Chance vertan ist . Kit hat meine Realität so lange getrennt von der seinen gehalten, hat so hart daran gearbeitet. Ich muss diese Barriere niederreißen. Wir werden hier sterben, wir werden gemeinsam sterben. Ich hätte gern, dass

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