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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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wir zuvor in derselben Welt leben, und sei es noch so kurz.
    »Jackie wusste genau, wann das Objekt Bentley Grove 11 auf den Markt kommen würde. Sie arbeitet für Blydon & Schadow – arbeitete«, korrigiere ich mich. »Sie wird mit allen Details vertraut gewesen sein. Ihr wusstet beide, wenn ich am Freitag nach Cambridge fahren und das Verkaufsschild sehen würde, das auf dem Rasen stand, würde ich alles tun, um das Haus von innen sehen zu können. Ich habe sie angerufen, weißt du.«
    »Wen?« Kit bringt das Messer näher an meine Kehle.
    »Bleibender Schaden.« Ich höre ein Geräusch, ein manisches Gelächter, und erkenne, dass es von mir kommt. »Ich wollte das Haus sofort besichtigen. Die Frau, mit der ich sprach, sagte mir, das ginge nicht, es sei zu kurzfristig. War das Jackie, habe ich mit Jackie gesprochen?«
    Kit schweigt, und ich weiß, dass es stimmt. Ich zittere, kalte Federn in meinem Nacken.
    »Du wusstest, sobald ich nach Hause kam, würde ich mir im Internet die Fotos ansehen. Deshalb …« Ich halte inne, spüre eine Hürde, ohne zu wissen, um was es sich handelt. Dann kommt die Erkenntnis. »Woher wusstest du, dass ich nicht in ein Internet-Café gehen würde? Ich habe es in Erwägung gezogen. Wenn ich eins gekannt hätte …«
    »Wir sind davon ausgegangen, dass du das tun würdest«, sagt Kit. Wir. Er und Jackie. »Aber das spielte keine Rolle. Wir wussten, du würdest es dir zu Hause noch einmal ansehen wollen, so bald wie möglich. Mittlerweile warst du so misstrauisch und paranoid, dass es dir nicht gereicht hätte, dir alles ein einziges Mal anzusehen – du würdest es noch einmal überprüfen müssen, für den Fall, dass dir irgendwas entgangen sein sollte.«
    »Du hingst wie eine Klette an mir, sobald ich nach Hause kam, den ganzen Abend, bis wir ins Bett gingen. Ich weiß noch, ich fand es merkwürdig, dass du nichts von dem getan hast, was du sonst machst: die Nachrichten auf Channel 4 sehen, vor dem Essen noch rasch ein Bier trinken gehen. Aber an dem Abend wolltest du offenbar nichts anderes, als dich mit mir zu unterhalten. Das machte mich nicht misstrauisch – ich war geschmeichelt.« Ich vertraute dir seit sechs Monaten nicht mehr, aber ich liebte dich immer noch . »Als wir zu Bett gingen, hast du noch ewig gelesen – viel länger als sonst. Hattet ihr vorher eine Zeit abgesprochen, du und Jackie?«
    Durch mein Haar, an meinem Hinterkopf, fühle ich Kit nicken. Ich warte darauf, dass er etwas sagt. Alles, was ich höre, ist stoßweises Atmen.
    »Es musste spätnachts sein«, fahre ich fort, denke laut. »Die Leiche und das Blut mussten rasch auftauchen und wieder verschwinden – ich sollte die Einzige sein, die es sah.« Irgendetwas irritiert mich, aber ich dränge den Gedanken aus dem Weg. »Jackie hackte sich kurz vor eins ins Netzwerk ein und stellte das neue Webvideo ein. Du hast ihr Schritt für Schritt erklärt, wie man das macht. Sie hätte sich nicht reinzuhacken brauchen, aber es sollte ja so aussehen, als wäre es jemand von außen gewesen. Um eins hast du so getan, als wärst du eingeschlafen. Du wusstest genau, was ich tun würde. Was ich zu sehen bekommen würde.« Wut flammt in mir auf, durchbricht die Angst. »Was war das für ein Gefühl, so viel zu wissen, während ich völlig ahnungslos war?«
    Das Messer ritzt meine Haut. Ich spüre, wie mir Blut am Hals hinunterrinnt – ein dünnes Rinnsal, wie eine Träne.
    Ist das alles, was du zuwege bringst?
    Wenn er mich zum Schweigen bringen will, muss er mich schon töten. »Hast du im Bett gelegen und auf meinen Schrei gewartet?« Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich geschrien habe. Wenn Kit darauf gewartet hat, hoffe ich, dass ich es nicht getan habe. Ich hoffe, ich habe ihn enttäuscht. »Du wusstest, dass ich dich aufwecken würde, sobald ich es gesehen hatte. Ich würde nicht allein … damit … sein wollen, so mitten in der Nacht – selbstverständlich würde ich dich aufwecken. Du hast damit gerechnet, dass ich danach nicht mehr in die Nähe meines Computers kommen würde, dass ich dich allein reinschicken würde, um es dir anzusehen, damit ich das Bild nicht noch einmal sehen musste.«
    »Ich wusste nur … dass du erst reinkommen würdest, wenn ich dir versichert hatte, dass da nichts wäre«, flüstert Kit. Er stolpert über die Worte, ringt mit etwas, was wie eine Fremdsprache für ihn sein muss, nicht seine Muttersprache, die Sprache des rationalen Denkens.
    »Du bist ins Arbeitszimmer gegangen,

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