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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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haben würden. Dann hatte Haluin keinen Grund mehr, sich bis an die Grenzen seiner Kräfte anzutreiben.
    Auf der festgestampften Erde der Straße waren gedämpfte Geräusche zu hören, und zugleich spürte Cadfael das Zittern von Hufen im Boden. Zwei Reiter kamen rasch von Westen heran, die Geräusche waren nicht gleichmäßig, also liefen die Tiere in raschem Trab, ausgeruht nach einer Rast und für den Tag bereit. Reisende, die möglicherweise nach Lichfield wollten, nachdem sie die Nacht im Anwesen von Stretton verbracht hatten, das zwei Meilen die Straße hinunter lag.
    Cadfael blieb stehen und sah ihnen nach.
    Zwei Männer in graubraunen Kleidern und Lederzeug waren es, die leicht im Sattel saßen, im Umgang mit ihren Pferden einander so ähnlich, da sie entweder in der Kindheit gemeinsam oder einer vom anderen das Reiten gelernt hatten.
    Und wirklich, der eine war doppelt so breit wie der andere und offensichtlich eine Generation älter; auch wenn sie für Cadfael zu weit entfernt und zu rasch vorbei waren, als daß er die Gesichter hätte erkennen können, alles an ihnen verriet, daß sie verwandt waren. Zwei adlige Reiter auf edlen Pferden, beide mit Damensitzen hinter sich. Für die Reise warm eingehüllte Frauen sehen einander sehr ähnlich, und doch starrte Cadfael der ersten aufmerksam nach und behielt sie im Auge, bis Pferde und Reiter auf der Straße verschwunden waren und das leise Trommeln der Hufe in der Ferne verklang.
    Er hatte sie immer noch vor Augen, als er zur Strohhütte zurückkehrte. Unruhig forschte er in seiner Erinnerung und glaubte wider aller Vernunft, daß er sie schon einmal gesehen habe, und daß er im Grunde auch genau wußte, bei welcher Gelegenheit.
    Ob es die Wahrheit war oder nicht und was man auch folgern mußte, wenn es die Wahrheit war, in diesem Augenblick konnte er nichts weiter tun. Er schob die Gedanken beiseite und trat in die Hütte, um zu lauschen und zu warten, bis Haluin erwachte und ihn brauchte.
    Sie ließen die Baumreihen hinter sich und betraten weite Weiden, ein wenig gebleicht und grau in der kalten Luft, aber fruchtbar und gut bestellt, eine kleine reiche Insel in einer Grafschaft, die sich noch nicht ganz von der gewaltsamen Befriedung vor fünfzig Jahren erholt hatte. Vor sich sahen sie die Windungen des Tame, das spitze Dach einer Mühle und die dicht gedrängten Häuser von Elford jenseits des Wassers.
    Dank der warmen, offenen Gastfreundschaft der Priester in Lichfield hatten sie eine angenehme Nacht verbracht und Hinweise für den besten Weg nach Elford bekommen. Im ersten Morgengrauen hatten sie die letzten etwa vier Meilen der Bußfahrt in Angriff genommen. Vor ihnen lag nun das Ziel von Haluins Pilgerschaft, fast schon in Reichweite jenseits der friedlich liegenden Felder. Nur eine hölzerne Fußbrücke trennte ihn noch von seiner Absolution. Ein gesegneter Ort, wohlhabend, während so viele andere verarmt waren. Nicht nur eine, sondern gleich zwei Mühlen standen am Wasserlauf, die zweite ein wenig weiter stromauf inmitten satter Wiesen und fruchtbaren Ackerlandes. Ein Ort, der Segen und Seelenfrieden nach Mühen und Schmerzen versprach.
    Der helle Faden des Weges führte sie weiter, und schließlich erhoben sich vor ihnen die Häuser des Ortes Elford, umgeben von Bäumen und Büschen, die aus dieser Entfernung noch nackt und dunkel wirkten, noch nicht weit genug im Saft, um die ersten zarten grünen Spitzen zu zeigen. Sie überquerten die Brücke, Haluin mußte auf den unebenen Planken aufpassen, wohin er die Krücken setzte, und betraten den Weg zwischen den Häusern. Ein sauberes Dorf, dessen Männer und Frauen fröhlich und zuversichtlich ihren Tagesgeschäften nachgingen, wachsam gegenüber Fremden, aber freundlich und wohlwollend, als sie die Benediktinerkutten erkannten.
    Unterwegs wurden sie mehrmals gegrüßt, und Haluin, aufgemuntert und gestärkt angesichts des erfolgreichen Endes seiner Reise, bekam Farbe im Gesicht und erwiderte lebhaft die freundlichen, Erleichterung versprechenden Grüße.
    Sie brauchten nicht zu fragen, wo die Kirche zu finden war, denn sie hatten den niedrigen Turm schon gesehen, bevor sie die Brücke überquert hatten. Die Kirche war erst nach dem Einfall der Normannen gebaut worden, massiv und aus grauem Stein mit geräumigem Kirchhof und für alle Fälle von einem stabilen Zaun umgeben, hinter dem ein paar alte, schöne Bäume aufragten. Sie traten durch den Torbogen und standen im vertrauten kühlen und hallenden

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