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Das Fremde Meer: Roman (German Edition)

Das Fremde Meer: Roman (German Edition)

Titel: Das Fremde Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hartwell
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Schritte im Gang hören. Als er eintritt, muss er sich ducken, um sich nicht den Kopf am Türrahmen zu stoßen. Mit einem Schlag wird der Raum ein gutes Stück kleiner, dunkler und stickiger.
    Auch während Marvin und er mit dem Vorsteher sprechen, auch während er ihn verstohlen betrachtet, lauscht Piet in die Fabrik, so wie er es schon den ganzen Abend über getan hat. Noch immer ist er mit den Gedanken bei der Lieferung, noch immer kann er den Plan, den Abend, so wie er eigentlich hätte verlaufen sollen, nicht loslassen. Doch als der Signalton, auf den er die vergangenen Stunden gelauert hat, endlich ertönt, fährt Piet überrascht zusammen. Es ist jene besondere Art von Überraschung, die einen nur dann überkommt, wenn man bereits so lange auf ein Ereignis gewartet hat, dass sein tatsächliches Eintreten einen wieder wie unvorbereitet trifft.
    »Wir müssen die Lieferung annehmen«, sagt Piet kurz angebunden und macht Anstalten, sich an dem Vorsteher vorbeizuschieben und Richtung Ausgang zu laufen.
    Der Vorsteher jedoch tritt nicht zur Seite, mustert zunächst Piet, dann Marvin ausgiebig. Er scheint unschlüssig, ob er den Männern nicht befehlen sollte, ihm zu folgen. Erst als der Signalton ein weiteres Mal ertönt, nickt er knapp. Dann dreht er sich auf dem Absatz um und verschwindet in den Tiefen der Fabrik auf der Suche nach Miriam Miles und dem flüchtigen Fragment.
    Miriam
    Zunächst erklärt sie ihm, wie er die Monitore ausschalten kann. Dazu muss er nur die aufgeladene Unruhe, die von ihm ausgeht und bereits die Lampen zum Flackern bringt, bündeln und sich auf ein bestimmtes Objekt wie die Kamera konzentrieren.
    »Als Erstes müssen wir dich aus der Fabrik bringen«, sagt sie.
    Sie spricht bestimmt und so, als gäbe es nach dem Ersten ein Zweites und ein Drittes, eine genaue Abfolge an zu erledigenden Schritten. Tatsächlich hat sie keine Ahnung, wie sie ihn aus der Fabrik bringen soll, tatsächlich weiß sie nicht einmal mit Sicherheit, was mit ihm passieren wird, wenn er das Gelände verlässt. Sein Körper wurde für den Konservierungsprozess komprimiert. Es ist gut möglich, dass er sich dort draußen zersetzen, in eine Wolke Spiritmaterie auflösen wird.
    Als wüsste Johann um ihre Gedanken, beginnt er unruhig zu flackern. »Ich werde dort draußen aber nicht einfach auseinanderfallen, oder?« Er versucht zu lächeln.
    Sie winkt ab. »Niemand weiß, was passiert, wenn ein Fragment die Fabrik verlässt. Es ist noch nie vorgekommen. Der Fabrikleitung ist daran gelegen, dass alle denken, es sei nicht möglich.«
    Sie will weitersprechen, nur hat sie keine Studien, keine Beispiele, keine Fakten, auf die sie sich berufen könnte.
    Also streckt sie ihre Hand nach ihm aus.
    In der Vergangenheit sind ihr manche Fragmente so gegenwärtig gewesen, hat Miriam sie so gut sehen, hören, ja sogar riechen können, dass sie unwillkürlich versucht hat, ihnen eine Hand auf die Schulter zu legen oder über das Haar zu streichen. Ihre Finger aber sind stets durch sie hindurchgegangen. Als sie ihre Hand nach Johann ausstreckt, da geschieht es genauso unwillkürlich, und umso erstaunter ist sie, als sie seinen Unterarm zu fassen bekommt.
    Johann zuckt erschrocken zurück. Einen Augenblick drückt sie fester zu, bevor sie ihn loslässt.
    »Aber warum?«, fragt er. »Warum hilfst du mir?«
    Sie öffnet den Mund, schließt ihn wieder.
    Sie könnte sagen: Ich habe manchmal gedacht, dass du mich ansprichst. Im Park.
    Sie könnte sagen: Ich möchte ohnehin nicht mehr als Spiritographin arbeiten.
    Sie könnte sagen: Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen, aus dem wir beide uns hier getroffen haben.
    Sie kaut auf ihrer Unterlippe. Die Wahrheit ist wohl, dass es nichts davon ist. Und all das.
    »Du solltest nicht hier sein«, antwortet sie schließlich. »Du gehörst nicht hierher.«
    Er bewegt sich nicht, unsicher, ob sie die Worte spricht, weil sie ihn trösten will oder weil sie wahr sind. Niemand, weiß sie, möchte glauben, dass er hierhergehört.
    »Und du kannst mich fortbringen, das kannst du?«, fragt er schließlich zögernd.
    Sie nickt schnell und dreht den Kopf, damit sie ihm nicht ins Gesicht sehen muss. »Sicher«, sagt sie. »Ich kann das; es ist mein Beruf.«
    Während sie vorausgeht, während sie die rote Sicherheitstür aufschließt und für ihn aufhält, versucht sie, nicht an das Danach und die Komplikationen, die es mit sich bringt, zu denken. Sollte es ihnen tatsächlich gelingen, die Fabrik zu

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