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Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition)

Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition)

Titel: Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kluge
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könne, hieß es, nicht die Bevölkerung dezimieren, nicht Geburtenkontrolle dekretieren. Inzwischen scheint der Zeitraum vorüber zu sein, in welchem sich die Menschheit noch auf die Beobachtungen von Malthus hätte einstellen können.
Industrielles Schlachten im 21. Jahrhundert
    Die Schlachthöfe von Chicago sind inzwischen Geschichte. Die Fabrikanlagen dienen anderen Zwecken oder stehen leer. In einem lieblichen Tal aber, weit westlich der Metropole, ist ein neues Fabrikkombinat entstanden, wie der Soziologe Harry Beinsdorf (»Fleisch als industrielles Produkt«) untersucht hat. Drei Fragen sind nach Beinsdorf von besonderem Interesse: 1. Wo wurde in der Zwischenzeit zwischen dem Niedergang von Chicagos Schlachthöfen und der Wiedergeburt der zentralen Schlachtindustrie an neuem Ort industriell geschlachtet? 2. War die Verarbeitung von Schweinen in dieser Zeit dezentral? 3. Warum werden Rind und Schwein getrennt zerlegt und bearbeitet?
    In jenem Talgelände des 21. Jahrhunderts werden täglich 22000 Schweine geschlachtet. Die Säge-, Sortier- und Preßprozesse der Fleischmasse sind gefährlich. Kein anderer Arbeitsplatz in der Welt ist für die Arbeiter so riskant wie dieser, heißt es. Aus den direkt umliegenden Ortschaften läßt sich niemand mehr anwerben. Die Mitarbeiter werden aus 160 Kilometern Entfernung täglich in Bussen herangefahren. 16 Veterinärärzte wachen bei der Zugangskontrolle der Tiere. Es ist nicht leicht, in einer solchen Masse an Leibern die Viren und Bakterien auszugrenzen, welche die Schwachstelle der Produktion bilden.
Eine Lawine an Uneinigkeit
    Die List der Mächtigen war darauf abgestellt, daß sie erst kurz vor Ende der Beratungen der Kopenhagener Klimakonferenz in Erscheinung treten wollten. Durch ein Paket überraschender Versprechungen sollte zur Rettung des Weltklimas eine Einigung erzielt werden. Dann aber zeigte sich, daß die Vertreter Brasiliens, Indiens, Chinas und der USA (unter Marginalisierung der Europäer und Rußlands) Stunde um Stunde berieten und zu keiner Einigung finden konnten.
    Die Beobachter der OPEC wirkten zufrieden. Inzwischen schichteten die Vertreter des UNO -Klimarates ihre Hoffnungen um. In ihrem Umkreis wird davon gesprochen, daß die KLEINE EISZEIT , in welcher der Planet Erde sich derzeit noch befindet, ein Quantum Abkühlung in Reserve hält, so daß die Folgen der durch CO 2 und Methan verursachten Erwärmung zeitlich weiter hinausgeschoben seien, als man gestern noch annahm. Tatsächlich hatte sich die These, daß bis zum Jahre 2050 alle Gletscher des Himalaya abgeschmolzen sein würden, nach Computerberechnungen des Klimainstitutes der Aarhus School of Business nicht bestätigt. Giovanni di Lorenzo, der den Leitartikel für die ZEIT schrieb, erinnerte das Fiasko der Klimakonferenz an das Scheitern der Haager Friedenskonferenz von 1907. Wer sagt, daß das 21. Jahrhundert nicht entgleisen kann, schreibt di Lorenzo, irrt, wenn doch das 20. Jahrhundert offenbar entgleist ist. Es geht, fährt er fort, nicht um die Gletscher Grönlands, sondern um die Lawine an Uneinigkeit, die auf dieser Konferenz sichtbar wurde.
Subjektiv-Objektiv
    Einer gibt sich Mühe. Er ist ganz in seiner Arbeit verschwunden. Er konzentriert sich auf die Bearbeitung eines Gegenstandes oder (als Arzt) auf einen anderen Menschen. Dieser Mann, sagt Immanuel Kant, existiert OBJEKTIV . Er ist er selbst: Herr aller seiner Kräfte.
    Ein anderer, fährt Kant fort, hat sich stark in sein Ich, seine Seelentätigkeit, hineinversetzt. Er fühlt den Dauerschmerz in seinem Körper, den Lärm seiner Natur. Weil er so beschäftigt ist, hört er nicht richtig zu. Dieser Mann ist nicht etwa subjektiv tätig, sagt Kant, sondern ein Objekt.
    Alle praktischen, brauchbaren, geselligen, zur Vernunft fähigen Menschen sind stets subjektiv-objektiv tätig, so schließt Immanuel Kant die Dreierfigur seines Denkens.
Die unendliche Habsucht der Subjektivität
    Hegel sagt in den Grundlinien der Philosophie des Rechts , in: Sämtliche Werke , Band 7, Stuttgart 1964, S. 77:
    »Gewöhnlich glaubt man das Subjektive und Objektive stehe sich fest einander gegenüber. Dieß ist aber nicht der Fall, da es vielmehr in einander übergeht, denn es sind keine abstrakten Bestimmungen, wie positiv und negativ, sondern sie haben schon eine konkretere Bedeutung. Betrachten wir zunächst den Ausdruck subjektiv, so kann dieß heißen ein Zweck, der nur der eines bestimmten Subjekts ist. In diesem Sinne ist ein sehr

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