Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition)
liegenden ihm anvertrauten Baustellen. Endlich eine umfassende Aufgabe! Noch nie hatte Knoche eine so desolate Bahnlinie inspiziert. Seit Griechenlands Befreiung vom OSMANISCHEN JOCH war nie ein konsistenter Investor aufgetreten, der die griechischen Transportwege für irgendeinen kommerziellen Verkehr für relevant gehalten hätte. Alle Bemühung, alle Aktienausgabe in Berlin, London oder Paris hatte sich auf die Türkei und die Schätze des Nahen Ostens konzentriert.
Die Tunnel hatten eine Höhe, welche die Durchfahrt von Standard-Güterzügen und Benzinwaggons der Reichsbahn nicht zuließ. Meist eingleisige Strecken. Ein Personal, das erst noch ausgebildet oder ausgewechselt werden mußte. Bahndämme waren durchweg zu erneuern oder überhaupt neu zu errichten. Knoche war Realist. Ihm war klar, daß ihm die Oberen der deutschen Reichsbahn während des Krieges keine Zuteilung von Rohstoffen und Arbeitskräften zugestehen würden, so wie er sie brauchte.
Die Zeichen waren in dieser Zeit vielversprechend. Man hätte die französischen Kriegsgefangenen entlassen, damit der Vichy-Regierung einen Endpunkt der Feindseligkeit bezeichnen können, dann wäre die Mitwirkung des französischen Expeditionskorps im Libanon auf der Seite der Achse gesichert gewesen. Einmal im Besitz der Ölquellen in Syrien und im Irak (die aufständischen irakischen Offiziere standen drei Wochen auf deutscher Seite), wäre das Deutsche Reich von jeder Niederlage weit entfernt gewesen. Anders formuliert: Jede hundert Meter Strecke des intakten griechischen Eisenbahnnetzes von Nord nach Süd waren Knoches persönlicher Beitrag zum Enderfolg. Nur die VORAUSAHNUNG EINES GESAMTERFOLGS konnte an einem bestimmten Punkt der Bearbeitung auf dem Peloponnes oder in Nordgriechenland (porös waren die Netze überall) den Mangel an Material und die Unwilligkeit der eingeteilten Arbeitskräfte ausgleichen.
Dann kam der Umschwung. Der Angriff im Juni 1941 auf die Sowjetunion zog das Reichsinteresse von der griechischen Halbinsel ab. Mit reduzierter Mannschaft arbeitete Knoche noch lange an dem Bahnprojekt, das jetzt keinen Endpunkt mehr besaß. Wenig nutzte es, daß er von Saloniki bis in die Gegend des Olymps eine robust befahrbare Trasse schuf, wenn es weiter südlich bis zu den Küsten und Häfen nur mit Unterbrechungen und eingleisigen Strecken weiterging. Ein Güterzug brauchte sechs Wochen bis zu einem der Häfen des Peloponnes, und es warteten dort auch keine Schiffe und Fernziele auf Nachschub.
Abb.: Der deutsche Blick zum Endsieg geht 1941 von griechischem Boden aus.
Knoche kehrte im März 1945 auf einer Draisine als Nachzügler der Heeresgruppe F ins Reich zurück. Für seinen ingenieursmäßigen Mut gab es zu diesem Zeitpunkt keine attraktiven Objekte. Bei Nutzung seiner Bahnlinien in Griechenland, so wie sie bis 1944 wenigstens als Plan vervollständigt waren, wäre der Krieg für Deutschland nicht verlorengegangen. Noch im Frühjahr 1942 hätte eine sofortige Beendigung des Krieges in Rußland, so tauschte er sich bei einem Besuch mit italienischen Oberbahnräten aus, Chancen im Mittelmeerraum eröffnet. Gleich nach seiner Heimkehr befaßte er sich, damals ohne Amt, mit einer Studie, wie man, versorgt mit einem intakten Strom an Munition und Nachschub, den Nahen und dann den erweiterten Nahen Osten hätte aufrollen können. Bald trat aber in seinen Notizen der Wiederaufbau der Verkehrswege im zerrissenen Reich in den Vordergrund. Das sah schlimmer aus, als es der Zustand der griechischen Bahnen je gewesen war. Man würde Eisenerz aus Schweden brauchen, um auch nur die wichtigsten Brücken, Gleise und Lokomotiven im Reich zu reparieren und die zerstörten Lokomotiven zu ersetzen.
Zerfledderung von Lorbeerkränzen
Pausanias, spartanischer König, wurde angeklagt, sich dem persischen Großkönig angenähert zu haben. Schon thronte er wie ein Satrap in Byzanz, besaß eine ägyptisch-persische Leibwache. Zurückgerufen nach Sparta, sollte er nach öffentlichem Verhör verhaftet werden. Er flüchtete in ein Heiligtum. Die Verfolger mauerten ihn dort ein. Kurz bevor er den Hungertod starb, holte man ihn heraus und brachte ihn um.
In dieser Zeit hielt sich Themistokles, Griechenlands Retter, der mit dem Großkönig verhandelt hatte, in Argos nicht mehr für sicher. Die Athener verbanden ihr Auslieferungsersuchen mit militärischen Drohungen. So flüchtete Themistokles zu dem Molosserkönig, der sich sogleich mit dem Ultimatum einer
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