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Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition)

Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition)

Titel: Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kluge
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wird verhaftet. Said verurteilt ihn zu qualvollem Tod (Ensemble und erstes Finale).
Dritter Akt
    Erstes Bild . Said äußert seine Befriedigung über Corrados baldigen Tod. In einem Duett mit ihm setzt sich Gulnara für Corrados Leben ein. Das gibt dem Pascha nur einen weiteren Grund, den Rivalen, der in Ketten liegt, zu töten.
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    Zweites Bild . Corrado in Ketten im Turm. Nachdem Gulnara den osmanischen Herrscher im Schlaf ermordet hat, besticht sie die Wachen im Turm. Ein schnelles Schiff bringt Gulnara und Corrado aus dem Hafen.
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    Drittes Bild . Korsareninsel, felsige Bucht wie im ersten Bild des ersten Aktes. Medora hat erfahren, daß Corrado in muslimische Gefangenschaft geraten ist. Sie hält ihn für verloren und nimmt Gift. Das schnelle Schiff mit Gulnara und Corrado kommt zu spät. Medora (sterbend) dankt Gulnara für Corrados Rettung. Corrado stürzt sich ins Meer. Gulnara bricht »wie tot« zusammen.
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    In der Baracke, in der er sein Operettentheater einrichtete, übernahm Jacques Offenbach in Paris das als Grand opéra erfolgreiche Werk Verdis. Unter Zugabe eigener Melodien und freier Bearbeitung der Handlung, die er auf 20 Minuten verkürzte, entwickelte er eine Fortsetzung der Geschichte, wie sie das Publikum seines kleinen Theaters forderte und wie sie mit den begrenzten Mitteln (sieben Darsteller, neun Musiker) herstellbar war. War schon der Dank der Medora an ihre Rivalin Gulnara – sie unter dem Joch des Sterbens, die Orientalin unter dem Lorbeerkranz der Rettung – bei Offenbach mit Ironie versetzt, so galt im weiteren Verlauf sein Interesse den zwei Liebenden höchst verschiedener Herkunft, Gulnara und Corrado, die bei ihm keineswegs sterben: sechs aufeinanderfolgende Duette mit Korsarenchor. Es geht um die Praxis der alltäglichen Liebesdinge. Die Unterschiede zwischen dem heimlichen Briten Corrado (Offenbach geht von Lord Byrons Version aus) und der aus dem Kaukasus stammenden Sklavin vereinfachen sich zu Frühstücksszenen, Plausch, Mittagessen, Schläfchen, Zeitungslesen, Tee und Umkleiden für den Abend nach PARISER GEWOHNHEIT . Das Stück endet eigentlich überhaupt nicht oder nur durch den sich verstärkenden Beifall der Zuhörerschaft, der sich nach dem Finale zur Ovation steigert. Offenbachs Handlung endet mit einem Terzett, unmittelbar vor dem publikumswirksamen Finale: Medora ist durch einen spanischen Arzt, einen Cousin Corrados, wiederbelebt. Geht es jetzt weiter zu dritt? Es werden Kisten mit Gold, Wertpapieren und Juwelen vom Chor hereingetragen. Nunmehr sind, auch wenn die griechische Befreiungsbewegung sich als stark verschuldet erweist, die Finanzen der Korsaren gesichert.
Indikative Bewertung
    Für die indikative Bewertung der Firma Br. schrieb Dr. Alfons Düring von der KPMG in einer einzigen Nacht 20 Bilanzen zum 31. Dezember künftiger Jahre. Er schrieb sie aufgrund der Daten der Vorjahre tief in die Zukunft hinein mit einem Abschlag für Risikofaktoren von 2 Prozent und einem Wachstumskoeffizienten von 4,4 Prozent, der für die Branche angemessen war. Die Bilanzen bewegten sich auf einem ZEITFELD , von dem Düring nicht wissen konnte, ob es jemals existieren würde. So errechnet sich für die Republik Hellas die »ewige Rente«, aufgrund deren ein Investor seine Entschlüsse fassen kann. Zuletzt sind solche Rechnungen etwas Reales, wenn es zum Entschluß kommt.

    Abb.: Blick auf die Akropolis im Jahre 1910. →
Das »gewaltsame Auge«
    Der Sprengstoffanschlag auf NUKLEAR SUISSE , die Lobbyorganisation der AKW -Wirtschaft in der Schweiz in Olten, hatte seinen Grund nicht in der Bekämpfung der Atomwirtschaft, wie die Bundesanwaltschaft in Bern ermittelte. In dieser Hinsicht ging es nur um den Mitnahmeeffekt der Täter, so Staatsanwalt Carlo Bulletti, welche die öffentliche Debatte über die Schließung der AKW im Jahre 2011 zur Beleuchtung ihrer Tat zu nutzen trachteten. Die Gruppe der Täter nannte sich FEDERAZIONE ANARCHICA INFORMALE ( FAI ). Sie trat seit 2003 auf und hatte ihr Domizil an einem geheimen Ort im Umkreis von Athen.
    Das Bekennerschreiben hatte die Explosion der Briefbombe, sorgfältig verpackt, überstanden. Der wissenschaftliche Dienst der Stadtpolizei Zürich hatte die miniaturisierte Schrift gefunden und analysiert. Bei der Detonation des Sprengkörpers wurden zwei Mitarbeiterinnen des Lobbyinstituts an den Armen und im Brustbereich schwer verletzt.
    Immer noch war es ein Zweikampf, länger als 120 Jahre dauernd, zwischen den Schweizer

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