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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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Dann, ausgerüstet mit Soldaten-Mützen und großen Keulen aus Pappe schritten sie auf ein imaginäres Tor zu, sofort aufgehalten und umringt von laut rufenden Kindern, und sie begannen, diese zur Seite zu stoßen. Die Kinder wußten, was sie zu tun hatten, umringten sie immer wieder, sangen und protestierten im Chor. Immer wieder brachten die zur Seite gestoßenen Kinder ihre Körper zwischen die »Angreifer« und das imaginäre Tor.
    Bird und Marie zogen und zerrten an ihren Opfern, wurden aber an den Rand gedrängt, während Rosa und ihre Kindertruppe sich gewandt wie Affen an sie hängten. Dazu sangen sie unentwegt. Bird schlug mit seiner Pappkeule zu und verfluchte die Angreifer dabei, während die Kinder immer wieder in gellende Schreie ausbrachen.
    »Rosa«, schrie Bird schließlich erschöpft, »sollten die Feinde tatsächlich so auf die Kinder einprügeln wie ich jetzt, dann gebt um Gotteswillen nach! Wenn meine Pappkeule eine richtige Keule wäre, hätten jetzt verschiedene Kinder gebrochene Arme, einen gebrochenen Rücken oder zertrümmerte Schädel.«
    »Aber ich denke, die Idee ist, den Feind nicht durchzulassen, was immer passiert«, antwortete Rosa verblüfft.
    »Die Idee heißt: überleben – nicht Märtyertum«, kam Marie ihm zu Hilfe.
    »Aber was sollen wir dann tun, Bird?«, fragte Rosa beklommen. Ihre Augen waren auf sein Gesicht gerichtet, glitten dann aber unwillkürlich nach unten – und blickten auf seine verletzten Hände. »Du hast bestimmt nicht auf diese Weise nachgegeben, selbst dann nicht, als sie dich so verwundeten.«
    »Sie haben mir mehr als genug angetan«, sagte Bird, »und zwar ganz schnell. Aber bei mir war das etwas anderes.«
    »Wieso?«
    »Erstens war ich erwachsen. Du bist noch ein Kind.«
    »Du hast mir erzählt, du warst damals neunzehn. Das ist nicht richtig erwachsen. Ich bin fast dreizehn.«
    »Hört auf zu streiten«, mischte sich Marie ein. »Wir können uns solche Streitigkeiten nicht leisten. Du bist vielleicht dazu ausersehen große Opfer zu bringen, vielleicht auch wir alle. Aber für erfolgreichen Widerstand ist es wichtig, zu wissen, wann man aufhören muß Widerstand zu leisten.«
    Sie beendeten die Diskussion um dieses Rollenspiel. Die Sonne hatte inzwischen einen großen Halbkreis beschrieben und stand schon tief. Bird fror plötzlich in den langen Schatten, die die Gebäude jenseits der Straße warfen.
    »Das ist genug für heute«, meinte Bird. »Marie und ich haben heute nacht noch etwas zu tun. Aber wir sind morgen wieder hier. So long, Freunde.«
    Marie saß auf einer Bank, mit Rosa in ein Gespräch vertieft, als die Gruppe aufbrach. Rosa stand auf und blickte scheu auf Bird, doch bevor sie etwas sagen konnte, kam Sachiko herüber.
    »Ich glaube es zwar nicht, weil du viel zu tun hast, aber vielleicht hast du doch eine oder zwei Stunden Zeit? Wir machen ein musikalisches Programm für den Mai-Feiertag, und wir werden uns nicht einig darüber.«
    »Ihr seid Optimisten«, rief Bird aus, »glaubst du wirklich, daß wir diesen Tag feiern werden?«
    »Der Tag kommt bestimmt, was immer passieren mag. Und wir wollen darauf vorbereitet sein.«
    Bird seufzte. Marie hatte sich atemlos auf die Bank gesetzt, ihre Lippen sahen grau aus. Ich muß wirklich aufpassen, daß sie sich heute nacht ausruht, ich werde die neuen Trainer selbst einweisen, dachte Bird.
    »Ich kann jetzt nicht darüber nachdenken«, sagte er zu Sachiko, »später!«
    »Wirklich?«
    »Drängle nicht, Sacha, ich habe nein gesagt!« Bird hatte die Worte schärfer ausgesprochen als beabsichtigt. Er merkte es an dem traurigen Ausdruck, den Sachikos dunkle Augen plötzlich annahmen. Er sah schnell fort. Ich bin ein Idiot, schalt er sich. Ich sollte mich entschuldigen. Aber seine groben Worte hatten den erwünschten Erfolg. Sachiko ging fort.

    ✳✳✳

    »Ist das gewaltloser Widerstand oder psychologische Kriegsführung?« fragte Bird Lily. Sie hatte ihre einsame Insel verlassen und verbrachte den größten Teil ihrer Zeit nun im Centrum der City. Sie überwachte Trainingsstunden, sprach mit den Leuten, wanderte durch die Obst- und Gemüsegärten.
    Sie und Bird saßen auf dem Hinterhof des Black Dragon House. Er war müde und verschwitzt von einem Tag im Trainingspark. Außerdem war er verletzt, denn es hatte Probleme mit einem Übereifrigen gegeben, der seine Rolle als Steward-Soldat zu ernst genommen hatte. Marie hatte sich hingelegt, und er war froh, jetzt ein, zwei Stunden Ruhe zu haben. In

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