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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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Haarschopf hinweg direkt in Holybears blaue Augen blicken, die ihn besorgt musterten. »Aber wir haben sechs Jahre Arbeit in diese Zell-Kulturen investiert. Sie sind unersetzlich.«
    »Wir haben mit dem Toxid Council beraten«, sagte Sage und kuschelte ihren schlanken Körper an Bird, »und sie meinten, wir dürften die Ergebnisse unserer Experimente nicht gefährden. Wenn es uns wirklich gelingt, eine Mikrobe zu züchten, die Giftrückstände im Salzwasser beseitigen kann, könnten wir die Bay zurückerobern.«
    »Wenn es dann noch etwas zu erobern gibt«, sagte Holybear bedrückt.
    »Wir müssen einfach daran glauben«, gab Bird zurück. »Wir müssen so handeln, als könnten wir siegen, sonst sind wir von vornherein verloren.« Er konnte so überzeugend und sicher sprechen, als glaubte er an den Sieg, als hätte er nicht selbst Angst. Immer noch besser als zu schreien: »Verlaßt mich nicht!« Oder schlimmer noch: »Nehmt mich mit!«
    »Es ist nicht ganz in Ordnung«, meinte Nita leise, »es sieht so aus, als ob wir dich im Stich lassen.«
    »Ihr tut mir einen Gefallen«, gab Bird zurück, »wenn ihr geht, brauche ich keine Angst um euch zu haben. Und keiner kann mich mit euch erpressen.«
    »Du würdest es also wirklich okay finden, wenn wir gehen?« fragte Sage.
    »Ich würde es okay finden, wenn wir jetzt alle schlafen. Ich habe morgen ganz früh Trainingsstunden.«
    Nachts um drei erwachte Bird aus einem Alptraum. Er stöhnte. Er zitterte, schweißüberströmt. Wo war er? Ach ja, im Ritual-Raum, und neben ihm schliefen Sage, Nita und Holybear. Er konnte sich nur dunkel an den Traum erinnern, aber er fühlte tief innerlich noch den Nachhall grauenvoller Dinge, wie einen eiskalten Luftzug. Leise zog Bird eine Decke an sich heran, wickelte sich darin ein und setzte sich ans Fenster. Draußen verbreitete der Mond sein mildes Licht. Er hoffte, die anderen hätten nicht gemerkt, daß er aufgestanden war, aber plötzlich fühlte er Holybears Hand auf seiner Schulter.
    »Du solltest mit uns sprechen«, sagte er freundlich, »selbst wenn es uns verletzte.«
    Bird schüttelte langsam den Kopf. Sie standen nun um ihn herum, alle drei, und alle drei umarmten ihn. »Es gibt nichts, worüber zu sprechen wäre. Ich habe nur mal wieder Angst gehabt.«
    »Was hast du geträumt?«, fragte Sage.
    Langsam kehrte die Erinnerung an das Schreckliche zurück, und Bird schauderte. »Ich habe geträumt, ich wache an einem dunklen, kalten Ort auf. Ich kann harten Boden fühlen, die Luft ist verbraucht und stickig, und es stinkt. Dann höre ich Schritte vom Korridor, das Rasseln von Schlüsseln. Ich weiß, daß sie meinetwegen gekommen sind, und daß nun alles von vorne beginnt.«
    Es gab nichts dazu zu sagen, aber alle umarmten ihn noch fester.
    »Ich warte jetzt wieder darauf. Das ist es, was so hart ist. Wenn es wirklich soweit ist, ist alles nicht mehr so schlimm. Ich meine, es passiert dann eben. Aber ich hasse das Warten.«
    »Ist das eine neue Angst oder eine Erinnerung?« fragte Holybear.
    »Ich weiß nicht, vielleicht beides.«
    »Du Armer.«
    »Ich wünschte, wir könnten etwas für dich tun«, sagte Sage leise.
    »Sprich mit Maya darüber. Ich sollte es eigentlich selbst tun, aber ich schaffe es einfach nicht.«
    »Natürlich.«
    »Sag ihr, wenn etwas Schlimmes passiert, wie es mir passiert ist, soll sie zu Hause bleiben. Ich möchte nicht, daß sie dann zu mir kommt, um mir zu helfen.«
    »Sie wird aber wollen.«
    »Ich kann viel aushalten, aber das nicht. Sagt ihr das.«
    »Okay«, sagte Holybear mit fester Stimme, »ich sage es ihr.«

    ✳✳✳

    Am Morgen verabschiedeten sie sich. Bird begleitete sie hinunter zum Hafen, wo sie an Bord eines kleinen Segelbootes gingen. Sie würden den Fluß hinaufkreuzen und von dort aus wer weiß wohin ziehen. Er wollte nicht, daß sie es ihm genau sagten, er wußte schon jetzt zuviel. Er beobachtete das weiße Segel, bis es hinter der Brücke verschwand. Und dann, urplötzlich, fühlte er nur noch grenzenlose Leere, Einsamkeit.

    ✳✳✳

    Seine Tage vergingen mit Training, Meetings, dem Entwerfen von Strategien, und immer wieder mußte er seine Erfahrungen aus den Southlands erzählen. Das brachte ihm Dinge wieder ins Bewußtsein, die er längst vergessen zu haben glaubte. Seine verlorenen Lebensjahre brachten nun doch etwas Nutzen.
    Er kam abends nach Hause, gepeinigt davon, daß er es nicht fertig brachte, mit Maya über alles zu sprechen. Fast jedermann war fort. Nur Rosa kam noch

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