Das Fünfte Geheimnis
Akupunktur zur Stimulierung des Immun-Systems eingesetzt.“
„Mit Erfolg?“ fragte Aviva.
„Nicht immer. Aber sechzig bis siebzig Prozent überlebten.“
„Medizinisch sicher eine gute Rate“, meinte Lou, „aber nicht sehr überzeugend für eventuelle Deserteure.“
„Die Rate läßt sich verbessern. Hier habe ich Mittel, die ich unten im Süden nicht hatte.“
„Dann mußt du ja fast nichts gehabt haben.“
„In den Bergen, Lou, hatte ich nicht einmal Wasser, um meinen Patienten den Hintern zu waschen, und das ist die Wahrheit!“
Schockiertes Schweigen am Tisch. Dann sprach Madrone.
„Laß uns von Hilfsmitteln sprechen, Sam. Haben wir nennenswerte Vorräte an AL-431?“
„Ja“, knurrte Sam, „ich denke, ich habe etwas davon in der Garage liegen. Warum?“
„Mary Ellens Enkelkind, also Saras Nichte... Aber das ist eine lange Geschichte. Sie liegt im Zimmer neben den Schwestern.“
„Ich bringe dir etwas nach oben.“
„Danke. Ich werde dort heute nachmittag vorbeischauen, wenn ich ein Viertelstündchen geschlafen habe.“
Madrone war gerade am einnicken, als sie merkte, daß jemand hereinkam und sich auf das Ende ihres Bettes setzte.
„Madrone? Schläfst du schon?“
Seufzend öffnete sie die Augen: „Nicht schon wieder!“ Es war Sara, die sie zögernd und entschuldigend anlächelte.
„Ich möcht dich nur für eine Minute sprechen. Verzeih, ich weiß du bist todmüde.“
„Genau!“ sagte Madrone und rückte sich in Mayas Kissen zurecht, „was ist los?“
„Ich möchte dir danken. Danken dafür, daß du mich hierher gebracht hast.“
„Oh, schon gut. Eigentlich muß ich mich bei dir bedanken. Du hast mir geholfen, Katy zu retten. Und jetzt sag, worüber du wirklich mit mir sprechen willst.“
„Über uns...“ Sara rückte etwas näher und nahm Madrones Hand. „Gibt es uns noch? Gibt es etwas, worüber wir sprechen können?“
„Du und Isis...?“
„Ja, da läuft etwas“, gab Sara zurück, „aber ich dachte, die Menschen hier sind nicht eifersüchtig?“
„Ich nicht. Aber ich wette, Isis ist es. Schau, Sara, ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Ich bin im Moment ganz einfach zu müde, um überhaupt an Liebe oder Sex zu denken.“
„Ich wollte dich nicht...“
„Verführen und dann sitzen lassen?“ grinste Madrone.
„So ungefähr.“
„Denk nicht mehr darüber nach, Sara. Wie ich schon sagte, im Moment brauche ich meine Energie, um meine Arbeit zu machen ohne zusammenzubrechen. Aber wenn der Krieg vorbei ist, wer weiß?“
„Kann ich dir irgendwie helfen? Kann ich etwas für dich tun?“
„Ihr seid sehr hilfreich, du und Mary Ellen. Helft Maya weiter beim Kochen, Füttern und Pflegen der Kranken. Es ist zu viel Arbeit für Maya allein, obwohl sie sich nie beklagen würde. Aber wie ist es für dich, wenn du plötzlich solche Arbeiten machen sollst? Ich weiß, daß es ungewöhnlich ist für dich.“
„Oh, mir macht es Spaß“, sagte Sara lächelnd, „ich werde gebraucht und das ist wunderbar.“
„Wenn der Krieg zu Ende geht – nein, sobald der Krieg zu Ende ist, und falls du dann hierbleiben möchtest, kannst du jede Arbeit tun, die dir Spaß macht. Das weißt du, ja? Du kannst bei uns lernen, wofür du Interesse hast. Hast du jemals daran gedacht?“
„Nein“, sagte Sara, „habe ich nicht.“
„Gut, dann denk darüber nach“, sagte Madrone, „und nun, tut mir leid, muß ich wirklich schlafen!“
„Ich gehe schon“, sagte Sara. Sie beugte sich zu Madrone und küßte sie leicht auf die Wange. Madrone spürte die Wärme ihrer Lippen noch, als Sara die Tür längst hinter sich zugezogen hatte.
✳✳✳
Katy genoß den Sonnenschein im Garten der Schwestern. Auf den Blumenbeeten machte sich Unkraut breit, dennoch blühte es in geradezu verschwenderischer Fülle. Rosa und purpurfarbene Cosmeen, rote Geranien und duftende Kräuter. Katys lange schwarze Haare umrahmten ihr Gesicht. In den Armen hielt sie das Baby. Das Bild erinnerte Madrone an die Gemälde der alten Meister: „Die Jungfrau mit dem Kind.“
„Wie geht es dir, Katy?“ fragte Madrone und ließ sich neben ihr ins Gras sinken. „Offenes Haar steht dir gut, hochgestecktes übrigens auch. Irgendwo in meinem Zimmer habe ich noch zwei Schildpatt-kämme, die möchte ich dir gern schenken. Meine Haare sind zu dicht für so etwas. Aber wenn du sie benutzt, wirst du aussehen wie eine spanische Prinzessin aus einem anderen Jahrhundert.“
Katy lächelte: „Mir geht es
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