Das fuenfte Imperium
Batch Nadeshda herhalten, das unter Surkow_Fedajin/built3 05 zu genießen war. Auf Resonanz in den englischsprachigen Medien abzielend, fußte es auf einem Zitat aus dem späten Nabokov, das wiederum einen frühen Okudshawa in Oberflächenübersetzung enthielt. Aus:
Nadeshda, ja wernus' togda, Kogda trubatsch otboy sygrajet ...
dt.: Nadeshda [Hoffnung], ich kehre zurück / Sobald der Hornist zum Rückzug bläst
machte Nabokov:
Nadezhda, I shall then be back When the true batch outboys the riot ...
dt.: Nadeshda [Hoffnung], ich kehre zurück / wenn die treue Gang den Mob an Kerligkeit aussticht
Die Frage »Wozu ein Hornist?«, brauchte ich hier nicht zu stellen.
Damit war der Schnellkurs in Werbung vorbei, und wir kehrten zurück zur allgemeinen Theorie des Glamours.
Heute kommt mir das Gewicht, das ich meinen Erleuchtungen damals beimaß, etwas komisch vor; es springt einen an aus jeder akkurat gepinselten Zeile meiner Kladde:
Das Bedürfnis nach wissenschaftlichem Kommunismus kommt auf wenn der Glaube, man könne den Kommunismus errichten, nachlässt; das Bedürfnis nach Glamour entsteht, wenn die natürliche sexuelle Attraktivität sich verliert.
Dieser Gedanke erfuhr übrigens nach Bekanntschaft mit den Probereihen Laufstegfleisch 05-07 und Shahidin Beelzebub ultimate (irgendein misogyner Vampir hatte sich diese Bezeichnungen für weibliche Models ausgedacht) noch eine wichtige Präzisierung:
Alles nicht so einfach. Was heißt schon natürliche sexuelle Attraktivität? Betrachtet man ein Mädchen, das als ideale Schönheit gilt, von Nahem, so sieht man Poren, Härchen, Risse. Eigentlich doch nur ein mit französischer Hautcreme eingeriebenes dummes junges Tier. Der Eindruck von Schönheit oder Hässlichkeit entsteht durch Abstand zum betrachteten Objekt, wenn die Gesichtszüge sich auf ein Schema reduzieren, das sich an die im Bewusstsein gespeicherten Vervielfältigungsschablonen anlegen lässt. Woher diese Schablonen stammen, weiß man nicht - doch lässt sich vermuten, dass es heute nicht mehr der genetisch gesteuerte Fortpflanzungsinstinkt ist, der sie bereitstellt, sondern die Glamourindustrie. ln der Robotertechnik nennt man diese Form von Ausblendung override ... Das Thema Glamour ist jedenfalls genauso unerschöpflich wie das Thema Diskurs.
Es gab komische Momente. Eine Probe tauchte, verschieden nummeriert, gleich zweimal in meinem Lehrplan auf. Ihre Kennzeichnung war Kurator Kunstprojekte Rh4. Die rote Flüssigkeit stammte von einer Dame in mittleren Jahren, die nun wirklich an eine Shahidin denken ließ. Baldur und Jehova hatten sie beide auf ihrer Liste: Ihrer Meinung nach lag das Betätigungsfeld dieser Dame exakt in der Mitte zwischen Glamour und Diskurs; eine unschätzbare Informationsquelle, so hieß es. Den Eindruck hatte ich nicht. Thema der Verkostung war die Erforschung der Innenwelt eines Künstlers von heute, doch diese Kuratorin beherrschte nicht einmal den Jargon ihres Berufsstandes, sie musste sich die nötigen Ausdrücke im Internet zusammenklauben. Dafür trat ein rührendes persönliches Detail zutage: Sie hatte nur ein einziges Mal im Leben einen Orgasmus gehabt - nämlich als ein betrunkener Liebhaber sie als Schamlaus des Kompradorenkapitals titulierte.
Ich äußerte Jehova gegenüber mein Unverständnis und durfte hören, ebendies sei das Lernziel gewesen und das Thema mithin erledigt. Was ich nicht glauben konnte. Also gab er mir noch drei weitere Künstler sowie einen Galeristen zu kosten. Dem entsprang die folgende Notiz in meinem Heft:
Der Künstler von heute ist eine Analprostituierte mit aufgemaltem Arsch und zugenähtem Mund. Der Galerist ist ein Mensch, der es fertigbringt, als ihr geistiger Strizzi zu firmieren, obwohl Geist das Letzte ist, was bei alledem eine Rolle spielt.
Schriftsteller, die wir gleichfalls im Glamourkurs behandelten, kamen kaum besser weg. Nach Einsichtnahme in die entsprechende Kollektion schrieb ich in mein Heft:
Was ist für einen Schriftsteller das Wichtigste? Ein fieses, düsteres, eiferndes, gehässiges Ego zu haben. Alles andere fügt sich.
Der Lehrplan der Abteilung Diskurs enthielt Kritiker, Experten, Kulturologen (inzwischen hatte ich heraus, was das war) verschiedenster Couleur »in Online und Print«. Eine halbstündige Exkursion durch ihr Universum erlaubte mir die folgende Regel zu erkennen und niederzuschreiben:
Die Größe einer Laus ist veränderlich; sie ergibt sich aus der Größe des Objekts, auf das sie jeweils
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