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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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überraschend.
    Er hielt inne.
    »Was?«, fragte er verblüfft, das erhitzte Gesicht mir zugewandt.
    »Ach, nichts«, sagte ich. »War nur so eine Frage.«
    Loki stand auf und klopfte sich unsichtbaren Staub vom Rock.
    »Jetzt du«, sagte er.
    Ich schaute auf die aufgeblasene Frau. Gern hätte ich den Moment der Begegnung um einiges hinausgezögert.
    »Ich hätte da noch eine Frage«, sagte ich. »Zu Punkt vier. Warum soll ein Vampir die Frau, mit der er Sex hat, nicht beißen? Aus Ritterlichkeit?«
    »Das wäre ein Grund, aber nicht der einzige«, antwortete Loki. »Maßgeblicher ist, dass die Frau als Objekt der Begierde für den Vampir nach einigen Bissen jeglichen Reiz verliert. Das ist eine vielfach gemachte Beobachtung. Mir ist jedenfalls kein einziger Fall bekannt, wo es anders war.«
    Die Hände über der Brust gekreuzt, schaute er in die Ferne, als fiele ihm etwas lange Vergessenes wieder ein.
    »Umgekehrt wird ein Vampir, wenn der Drang zur Frau überhandnimmt, sich mit ein paar schnellen Bissen Erleichterung verschaffen und Einblick in ihre Seele nehmen. Das hilft immer. Nur wenn der Vampir andere Pläne hegt, wird er das Beißen sein lassen ...«
    Loki schaute auf die Gummipuppe zu seinen Füßen, und es war klar, dass mehr aus ihm nicht herauszubekommen sein würde.
    »Jetzt aber frisch ans Werk. Wir erarbeiten die Schlagfolgen. Auf gehts ...«
    Ich nahm die Ausgangsposition ein. Die Gummifrau schaute blauäugig ungerührt an mir vorbei zur Decke. Falls sie doch etwas fühlte, wusste sie es gut zu verbergen.
    »Ellbogen aufstützen!«, befahl Loki. »Das Gewicht auf ein Knie verlagern ... Höher gehen ... Jetzt den Hüftstoß mit dem anderen Knie. Jawohl. Hervorragend! Aber nimm nicht das linke, die Leber könnte Schaden nehmen. Tu’s mit dem rechten ... Genau. Sehr gut! Jetzt die Ellbogenstöße ...«
    Das Stundenthema war natürlich ein Witz - und doch hatte das, was sich hier abspielte, seine phantasieanregenden Seiten. Bei jedem Schlag ruckte der Kopf der Puppe auf und nieder, es sah aus, als lachte sie lautlos über meine Anstrengungen - oder sie täuschte, aller Welt zum Trotz, einen Orgasmus vor.
    Ich vermied es, ihr ins Gesicht zu sehen, schaute zur Seite. Und auf einmal schien es mir, als läge ich auf einer Luftmatratze und paddelte mit dem Rest der Menschheit um die Wette - fernen Horizonten entgegen, glücklichen Gestaden, wo der Lohn auf die fleißigsten Paddler wartete: Sonne und Seligkeit, Geld und Liebe.

DER GROSSE SÜNDENFALL
    Der nächste Tag war schön und unheildrohend zugleich. Ein heftiger Wind blies, Frische lag in der Luft, die einen ernüchtern konnte: Da kündigte sich wohl der Herbst an. Immer nur kurz trat die Sonne hinter den Wolken hervor. Ich öffnete die Fenster im Wohnzimmer, hängte die Flügel in die Haken an der Wand ein und kam auf die Idee, Kerzen anzuzünden -wenigstens hell sollte es sein. Die hereinwehende Zugluft ließ die Flammen erzittern, was mir gut gefiel.
    Gegen Abend rief Mitra an und fragte, wie es so laufe. Ich schilderte ihm die Unterrichtsstunde vom Vortag bei Loki. Mitra war erheitert.
    »Ich sage doch, das Thema ist bei der älteren Generation tabu. So ähnlich wie das B-Wort. Diese körperverletzenden Methoden, wie Loki sie lehrt, musst du übrigens nicht ernst nehmen. Kein Gentleman käme auf die Idee, die Frau während des Geschlechtsverkehrs in die Seite zu treten.«
    »Sondern?«
    »Das ist individuell verschieden. Ich für mein Teil lege immer die Pistole oder das Rasiermesser auf den Nachttisch.«
    Ich wusste nicht, ob das ein Witz sein sollte. Doch der nachfolgende Satz brachte mich von dieser Frage gänzlich ab.
    »Weshalb ich anrufe«, sagte Mitra, »heute ist es so weit mit dem Großen Sündenfall ...«
    Mich durchfuhr ein kalter Schauer. Er baute sich auf in Höhe des Sonnengeflechts und rollte aus bis in die letzten
    Nervenenden - als hätte einer in mir drinnen eine eiskalte Dusche angestellt.
    »Was? Schon?«
    Mitra lachte.
    »Dich soll einer verstehen. Erst kannst du es kaum erwarten, dann ist es wieder zu früh ... Nur keine Bange. Es ist nichts dabei.«
    »Was muss ich tun?«
    »Nichts. Warte ab, bald kommt ein Kurier und bringt ein Päckchen. Darin findest du Instruktionen.«
    »Darf ich dich zurückrufen? Ich meine, falls es Probleme gibt?«
    »Es wird keine geben«, erwiderte Mitra. »Es sei denn, du denkst dir extra welche aus. Anrufen ist nicht nötig. Ich erwarte dich.«
    »Wo?«
    »Das wirst du sehen«, sagte Mitra und

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