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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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kam Mitra in meinem Leben die Rolle des bösen Geistes zu. Obwohl ihm andererseits kaum eine böse Absicht zu unterstellen war.
    Loki schien meine Gedanken zu erraten.
    »Komme Mitra ja nicht mit dieser Sache!«, wiederholte er seine Mahnung. »Das wäre nicht nur schlechter Stil, es wäre eine grobe Verfehlung.«
    »Versprochen«, sagte ich.
    Gern hätte ich noch mehr über diese rätselhaften Dao-Mönche erfahren, aus deren roter Flüssigkeit das Todesbonbon gemacht wurde. Ich wagte Loki danach zu fragen. Er zeigte sich erstaunt.
    »Wozu willst du das wissen?«
    »Interessiert mich einfach. Lässt sich nicht irgendwie Einblick in ihr Leben nehmen?«
    »Es gibt Bonbons zweiter Wahl«, sagte Loki achselzuckend, »die mangelhaft bereinigt sind. Viel lässt sich da trotzdem nicht erkennen. Diese Mönche sind ja keine einfachen Menschen.«
    »Dürfte ich eins davon haben?«
    Er gab keine Antwort - ich nahm an, weil er die Bitte abwegig fand. Aber zur nächsten Stunde händigte er mir ein in der Mitte halbiertes Bonbon aus.
    »Aus einer minderwertigen Charge«, erläuterte er. »Da könnte was dabei sein ... Du bist schon ein seltsamer Bursche, Rama«, fügte er hinzu.
    Noch am selben Abend, als es dunkel wurde, legte ich mich ins Bett und schob mir beide Bonbonhälften in den Mund.
    Loki hatte recht gehabt, viel war nicht zu sehen. Aber das, was ich erlebte, bleibt unvergesslich.
    Der Dao-Mönch, aus dessen roter Flüssigkeit der Drops gemacht war, hieß Xú Beishan (ich verstand sogar, was das ungefähr bedeutet: »Gewährung nördlicher Güte«). Er war über die zweihundert und spürte das Alter allmählich naher Nach Maßstäben normalsterblicher Menschen in bester körperlicher Verfassung, kam er sich selbst gebrechlich vor und zu nichts mehr nütze.
    Mit ihm unternahm ich eine Wanderung durch die Wudang-Berge.
    Xú Beishan musste sich durch Touristenströme zur heilige Stätte durchkämpfen - getarnt als Arbeiter, der mit seinem Joch zwei Steinblöcke für den Straßenbau hinaufschleppte,
    Ich sah die roten Götzentempel mit Dächern aus glänzen grünen Ziegeln. Auch die großen Basaltschildkröten in der halbzerstörten Backsteinpavillons. Wir liefen auf dem Kamm des Berges, wo ein schmaler Pfad entlangführte, weit unter uns blinkte ein Bergsee.
    Schließlich langte der Mönch am Ziel seines Weges an. »Schwebender Fels« hieß der Platz. Tatsächlich schien dieser Felsblock über dem Abgrund zu schweben. Obenauf gab es eine sorgfältig mit Steinen ausgelegte Fläche. Es war eine Stätte von hoher Macht und Heiligkeit. Xú Beishan war gekommen, um von den Geistern ein Zeichen zu erhalten.
    Er wartete geduldig, bis alle Touristen abgestiegen waren, warf sein Joch mit den Steinen ab, stieg die Stufen hinauf zum offenen Altar, verbeugte sich mehrmals und wartete.
    Das Zeichen der Geister war von seltsamer Art.
    Ein singvogelgroßer Schmetterling mit nachtblauen Samtflügeln, schwarz und braun betupft, kam geflogen wie von ungefähr, gaukelte einmal um den Mönch herum und landete auf dem Rand des Altars.
    Eine Zeit lang ergötzte sich der Mönch an dem Anblick. Bis er zuletzt gewahrte, dass die Flügel an den Rändern fransig und gesplissen waren - so sehr, dass ihre Form bereits verunstaltet schien. Kaum war dem Mönch das aufgefallen, riss der Falter sich von seinem Ruheplatz los und flatterte auf und davon, hinein ins grüne Labyrinth aus Zweigen und Ästen der am Felsrand wachsenden Bäume.
    Allein wäre ich nie darauf gekommen, was dieses Zeichen zu bedeuten hatte. Der Mönch aber wusste es gleich - und mit ihm wusste auch ich es. Solange ein Schmetterling fliegen kann, ist es völlig gleich, wie verschlissen seine Flügel sind. Und kann der Schmetterling nicht mehr fliegen, ist er kein Schmetterling mehr, so einfach ist das.
    Der Mönch tat eine Verbeugung zum Altar hin und stieg die Stufen wieder hinab. Mir fiel das steinerne Treppengeländer auf mit einem Relief in Form von Blumenvasen. Einige der Stufen waren ebenso verziert, sehr alt, ausgetreten von Tausenden Sohlen.
    Als ich wieder zu mir kam, befiel mich Traurigkeit. Und es widerte mich an, ein Vampir zu sein.

DIE FÜNF REGELN DER LIEBE
    Als Loki verkündete, wir würden nunmehr zum Studium der Liebespraktiken des Vampirs übergehen, malte ich mir etwas Ähnliches aus wie den Glamourlehrgang, nur mit Präparaten der Sorte Rudel ZOO. Serienweise Proben mit Pornofilmen, 3D und in Stereo. Pflichtprogramm zur Anschauung und Aneignung!, dachte ich

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