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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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eingeschnappt, weil Jinn mir weniger Zeit und Aufmerksamkeit schenkte. Die beiden gingen in Gezeitentümpeln auf die Jagd, kraxelten auf den Klippen herum, malten ihre Namen mit Stöcken in die weißen Sandstrände – all die Dinge, die Berühmten Fünf, die früher Jinn und ich zusammen getan hatten. Und als Ausgleich hatte ich nur Alex.
    Es kommt nicht oft vor, dass ich diejenige bin, die eine Unterhaltung anfangen muss. Aber wir befanden uns eines Tages in der Spalte zwischen zwei Felswänden, lehnten gegen eine quarzhaltige Steinplatte, die Füße gegen die andere gestützt, als ich schließlich aufgab. Ich seufzte und sagte: »Und wie ist es auf der Highschool?«
    Er zuckte die Achseln, änderte seine Position und ließ seine Füße an der gegenüberliegenden Felswand entlangwandern. »Gehst du nächstes Jahr hin?«
    Â»Ja.« Ich wanderte mit meinen Füßen in seine Richtung, nur weil es eine unterhaltsame Abwechslung zu sein schien.
    Â»Ich bin mir sicher, dass es dir gefällt. Wird dir schon gefallen.«
    Â»Was, dir gefällt es nicht?«
    Â»Es ist in Ordnung.« Seine Füße wanderten in die andere Richtung.
    Meine folgten ihm. »Es gefällt dir nicht.«
    Â»Nein, das ist es nicht.«
    Â»Was dann?«
    Er holte Flechten unter seinen Fingernägeln hervor. »Ich mag die Leute nicht. Ich mag den Ort nicht.«
    Â»Okay. Also gefällt’s dir nicht.«
    Â»Ich mag die Schule . Ich mag nur nicht … es. Ich will nicht wieder dahin. Da ist niemand, der so ist wie ich.«
    Ich überlegte mir, ihm zu sagen, er solle seinen Arsch hochkriegen, aber das hätte einen gewissen verbalen Mut erfordert. »Na ja, du wirst wohl müssen. Wieder hingehen. Oder hast du Angst vor ihnen?«
    Â»Ja.«
    Â»Oh.«
    Â»Es ist nicht schlimmer, als Angst vorm Reden zu haben.«
    Auch wenn ich rot wurde, war ich doch zufrieden mit mir, weil ich es geschafft hatte, ihn dazu zu bringen, eine normale menschliche spöttische Bemerkung von sich zu geben. Doch er hatte schon wieder den Kopf eingezogen, wie eine Schildkröte, nur dass Schildkröten keine so zarten Knochen hatten, kein so verängstigtes Gesicht.
    Â»Da hast du recht«, stimmte ich ihm zu. Das war taktisch klug. »Was macht dir solche Angst?«
    Natürlich hatte ich meine eigenen Gründe, das zu fragen. Ich freute mich auf die Highschool, aber ich wollte gern gewappnet sein. Er war jedoch nicht sonderlich hilfreich.
    Â»Ich bin einfach nicht besonders gut darin.«
    Ich seufzte und versuchte es mit einem Schuss ins Blaue: »Mathe?«
    Â»Unsinn.«
    Â»Was dann?«
    Er kniff die Augen zusammen und musterte mich von Kopf bis Fuß. Er muss zu dem Schluss gekommen sein, dass ich jemand war, der ihn wohl kaum verraten würde.
    Â»Leben. Leute und Zeugs. Ich bin einfach nicht gut darin.«
    Â»Es dauert doch nur ein paar Jahre.«
    Â»Nein, erst kommt die Schule, dann die Uni und dann muss ich mir einen Job suchen und heiraten und Kinder kriegen – all das. Ich kann das nicht, ich weiß, dass ich das nicht kann.«
    Â»Sei nicht albern. Alle tun es.«
    Â»Ich bin nicht alle«, sagte er trotzig.
    Â»Doch, bist du. Du bist wie jeder andere. Nimm dich nicht so wichtig.«
    Â»Tu ich nicht. Ich bin einfach anders.«
    Â»Das ist deine eigene Schuld.«
    Â»Na ja, vielleicht. Aber ich bin einfach nicht gut darin. Normal zu sein.«
    Â»Menschlich zu sein«, sagte ich.
    Ich ärgerte mich über ihn, und es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis wir wieder miteinander sprachen. Ich beschloss, einfach nicht mehr mit ihm über so ernste Sachen zu reden. Ermutige ihn nicht, sagte ich mir. Er will sich damit wichtig machen. Das wissen doch alle.
    Als wir später wieder in der Schule waren, verstand ich ihn ein bisschen besser. In der Schule verspottete Nathan Alex und machte sich über Tom lustig und gewann Jinn relativ leicht wieder für sich, und Tom stellte sich nicht auf die Hinterbeine: Er meinte nur: »Egal!« (Ich war wütend. All meine Pläne und all die Opfer, die ich im Urlaub gebracht hatte, waren umsonst gewesen). Tom behielt also seine guten Umgangsformen, was jedoch kaum auf Alex abfärbte. Wenn sein cooler Bruder Jinn nicht behalten konnte, die ihn eindeutig sehr mochte, welche Chance hatte dann Alex, es zu lernen, mit dem Leben umzugehen?
    Ich hätte es wirklich kommen sehen

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