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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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müssen!
    Nachdem die ertrunkene Meerjungfrau in den Gezeitentümpeln auftauchte, hatte ich im Unterschied zu Jinn keine Angst. Wie gesagt, ich wusste, dass es mir nicht passieren würde. Es gefiel mir, dass Jinn sich wieder um mich sorgte, dass sie Nathan ein paar Tage lang vergessen hatte. Es war, als hätte ich meine große Schwester wieder, ganz für mich allein: wie damals, als sie keine Mühe scheute, um die halb Ortsansässigen zu erzürnen, meine biologische Mutter moralisch zu erpressen und mir Eis zu kaufen. In letzter Zeit war mir ihr mütterliches Getue manchmal auf den Geist gegangen, doch seit sie Nathan und ihre eigenen Bedürfnisse entdeckt hatte, hatte ich es vermisst. Deswegen störte es mich nicht einmal, dass sie mich eine Weile lang nicht mehr allein zu Foley gehen ließ oder mir verbot, draußen zu bleiben, nachdem es dunkel geworden war. Eine Zeit lang herrschte Angst in der Stadt, doch ich fühlte mich sicher. Ich war Ruby und unsterblich.
    Ich wünschte, das Ganze wäre anonym geblieben, das ist alles. Ich wünschte, ich hätte ein paar Abende, nachdem sie die namenlose Meerjungfrau am Strand gefunden hatten, nicht an Jinns Schlafzimmertür geklopft, wäre nicht hineingegangen und hätte sie weinend auf ihrem Bett vorgefunden. Ich wünschte, ich hätte nie gefragt, warum und was los sei.
    Sie rieb sich die Augen mit dem Zipfel der Bettdecke und sagte: »Das Mädchen, das Mädchen. Das Mädchen im Meer.«
    Und da ich nicht immer ganz begriffsstutzig war, wusste ich, wovon sie redete, und fühlte mich plötzlich ganz schlecht. Ich fragte: »War es jemand, den wir kennen?«
    Â»Es ist Marley«, sagte Jinn und fing wieder an zu schluchzen. »Es war Marley Ryan! Warum sollte irgendjemand Marley umbringen?«

Acht
    Ich kannte Marley Ryan nicht wirklich; hatte sie nur einmal getroffen. Ich wusste über sie nur, dass Marley nicht ihr richtiger Name war – in Wirklichkeit hieß sie Roberta; wie kam es nur, dass all diese Menschen ihren eigentlichen Namen nicht behielten? – und dass sie meine Kette hatte. Sie hat sie nicht geklaut; Jinn hatte sie ihr gegeben. Nicht dass sie wertvoll gewesen wäre, doch ich war verstimmt, weil sie mir etwas bedeutete.
    Ich bitte um Nachsicht!
    Es lag allein daran, dass Jinn so verantwortungsbewusst war, so effizient. Sie hatte Laras wenige Bücher durchgesehen und dieses schöne gebundene Buch gefunden, das Lara vermutlich nie aufgeschlagen hatte. Doch als Jinn es tat, stellte sich heraus, dass es der Mutter von einer von Laras ehemaligen Lehrerinnen gehörte. Deswegen konnten wir es natürlich nicht einfach in den Oxfam-Laden bringen. Jinn musste mich in den 13. Stock eines Hochhauses in Glassford schicken, damit ich es der Lehrerin, die die Mutter einer Lehrerin war, die jemanden unterrichtet hatte, der lernunwillig gewesen war, zurückgeben konnte.
    Wie auch immer, ich machte mich auf den Weg in den 13. Stock (was keine Kleinigkeit war, da der Aufzug natürlich außer Betrieb war). Die gute Alte schlurfte also mit ihrem Rollator zur Tür und lud mich ein, reinzukommen (sie war vorgewarnt worden, also wusste sie, dass ich sie nicht ausrauben würde). Ich gab ihr das Buch zurück und sie freute sich darüber. Wegen Lara tat es ihr sehr leid, und sie war viel zu höflich, um zu fragen, ob sie je das Buch gelesen hatte. Sie bot mir Tee an und schenkte mir ein Taschenbuch, was ich nicht ablehnen konnte. Wir unterhielten uns, nur dass das Reden nicht unbedingt mein Ding ist, also übernahm sie es allein.
    Obwohl sie ja schon ein Fossil war, war sie unglaublich interessant und intelligent. Ich mochte sie. Und sie muss mich toll gefunden haben, so wie ich nickte und lächelte und interessiert zu sein schien (was ich war !). Sie bot mir ein anderes Buch zum Ausleihen an und ich hätte es fast angenommen. Doch ich kannte mich offenbar nur zu gut, denn ich lehnte ab, vielleicht ein andermal, wenn ich keine Prüfungen machen muss, und sie dachte wohl, dass dies ein guter Grund sei.
    Statt des Buchs gab sie mir andere Dinge, bevor ich ging: ein halbes Päckchen Starburst und einen kleinen Anhänger. Der war nichts wert; sie hatte ihn sicherlich kostenlos aus einer Zeitschrift. Sie sagte, sie sei zu alt dafür, zu mir würde er besser passen. Er war aus billigem Metall: eine kleine Katze mit Buckel und roten funkelnden Augen. »Ruby«, sagte sie,

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