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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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ist, dass ich mich daran erinnere, dass ich gedacht habe: Oh nein, das ist ja genau wie bei dem anderen Mädchen, dem mit dem gestreiften T-Shirt und dem breiten Lächeln.
    Doch das stellte nicht unbedingt eine echte Verbindung her.
    Jinn war bereits auf den Beinen, natürlich, schwebte elegant in einem weißen Morgenrock und mit einem Kater durchs Haus. Doch ihrer war nicht annähernd so übel wie meiner, der mich um vier Uhr morgens aus dem Bett getrieben hatte, damit ich mir jede Menge Milch und Wasser einflößte. Sie lächelte mich an, dunkle Ringe unter den Augen, und unsere Streiterei unter Alkoholeinfluss war vergessen. Sie sagte, sie mache uns eine Kanne Tee, ich solle mich doch inzwischen hinsetzen und fernsehen.
    Etwas beschämt über die gestrigen Ereignisse, setzte ich mich aufs Sofa, winkelte die Knie an und bettete meinen schmerzenden Kopf auf einen Berg von Kissen. Ich wollte gerade mit dem Zappen anfangen, da entdeckte ich, dass sie zuletzt News24 eingeschaltet hatte. Doch dann sah ich unten am Bildschirmrand die Laufschrift, und ich unterscheide mich darin nicht von anderen: Ich kann nicht wegschauen, wenn es um Mord geht.
    Sie lag in einem Fluss, Mädchen Nr. 2; aber man vermutete, dass sie anderswo ermordet worden war, vermutlich von einem Freier, denn sie arbeitete im Rotlichtmilieu. Und da lag sie: Sie war flussabwärts geschwemmt worden, eine nackte Ophelia, die wie ein Stück Holz auf dem Strom dahintrieb, bis sie sanft gegen das Ufer stieß, im Gebüsch hängen blieb zusammen mit den Chipstüten und dem dreckigen Schaum.
    Ihr Freund sagte aus, er habe sie zwei Monate lang nicht gesehen. Er sagte, sie habe versucht, von der Szene wegzukommen, aber nicht so. Es war fast bizarr, dass sie vermuteten, er sei der Mörder, trotz der bitteren Tränen, die er vergoss.

Neun
    Ich klammerte mich noch immer an die Hoffnung, dass es vielleicht was werden würde mit Tom und Jinn. Ich schwärmte selbst für Tom, auf diese Art, wie man einen unerreichbaren, älteren Mann verehrt, aber ich wusste, dass das nicht von Erfolg gekrönt sein würde, also war ich eher wehmütig aufgewühlt als eifersüchtig, dass er scharf auf meine Schwester war. Auf jeden Fall würde aber der Zauber, der von den beiden ausging, unwillkürlich auf mich abfärben.
    Eines Abends erledigte ich in der Küche meine Schulaufgaben, als jemand sehr herrisch an die Tür klopfte und ich zum x-ten Mal dachte, dass wir uns unbedingt eine Klingel zulegen sollten, denn das wäre weniger nervig. Ich war verärgert – ich wollte mich nämlich konzentrieren, war ungewöhnlich interessiert an den sozialen Verhältnissen von 1832 –, doch als ich die Tür öffnete, legte sich meine Verärgerung.
    Â»Hallo, Ruby«, begrüßte mich Tom.
    Ich lächelte ihn an, sodass er gezwungen war, mein Lächeln zu erwidern. Er trat von einem Fuß auf den anderen – ein gutes Zeichen, beschloss ich. Romantische Unruhe.
    Â»Sie ist nicht da.«
    Â»Oh, in Ordnung. Ich …«
    Â»Komm doch rein. Sie wird bald von der Arbeit zurück sein.« Ich trat zur Seite und riss die Tür auf, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als hereinzukommen. Hätte er eine Baseballkappe aufgehabt, die er hätte abnehmen und an der er hätte herumnesteln können, hätte er es sicherlich getan. Süß.
    Â»Willst du einen Kaffee?«
    Â»Ja. Äh. Danke.«
    Es blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als an dem Kiefernholztisch Platz zu nehmen, während ich mich um den Kaffee kümmerte. Er verschränkte die Hände, löste sie wieder, warf einen Blick auf seine Armband-uhr.
    Ich stellte einen Becher Kaffee vor ihn hin und bedachte ihn mit einem umwerfenden Lächeln. »Fünf Minuten. In fünf Minuten ist sie da.«
    Â»Gut. Danke.«
    Nicht einmal ich konnte das peinliche Schweigen ertragen. »Wie geht’s Alex?«
    Â»Was? Alex geht’s gut.«
    Â»Also hat er sich erholt.«
    Â»Oh ja. Erholt.« Er rollte die Augen auf eine Was-kannst-du-machen- Weise.
    Â»Es war eine Schande«, sagte ich.
    Â»Es war seine eigene Schuld, der blöde Wichser.«
    Â»Kekse?«
    Â»Nein danke.« Er warf einen Blick auf die leuchtend gelbe Wanduhr. Der Sekundenzeiger wanderte eine weitere halbe Minute weiter. »Na ja, okay. Ja.«
    Ich schob ihm die Kekse über den Tisch zu und wünschte mir, ich könnte ihn an

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