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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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klopfte wie ein Hammer.
    Am nächsten Morgen führte ich zwei Autopsien durch und ging dann zu Neils Vander, dem Chef des Fingerabdrucklabors, hinauf. Er saß tief in Gedanken vor dem Automated-Fingerprint-Identification-System- Computer und starrte auf den Monitor. Ich hatte meine Kopie seines detaillierten Berichts über Deborah Harveys Handtasche mitgebracht und legte sie auf die Tastatur. »Ich muß Sie etwas fragen.«
    Er hob den Kopf und sah mich an. Es schien, als kehre er aus einer
    anderen Welt zurück. Seine wirre, graugesträhnte Mähne verstärkte noch den Eindruck des versponnenen Professors.
    »Wie haben Sie nach all der Zeit, die die Tasche im Wald lag, etwas feststellen können? Das ist verblüffend.«
    Sein Blick wanderte zum Monitor zurück. »Sie ist aus Nylon, also wasserdicht - und die Kreditkarten steckten in Plastikhüllen und waren in einem Reißverschlußfach untergebracht. Als ich sie in die Spezialflüssigkeit legte, zeigte sich eine ganze Anzahl verschmierter Abdrücke. Ich brauchte nicht einmal den Laser.«
    »Ich bin wirklich beeindruckt.« Er lächelte schwach.
    »Aber es gab nichts Eindeutiges«, sagte ich.
    »Nein - nichts, womit man etwas anfangen könnte.«
    »Mich interessiert der Führerschein: Der hat offenbar gar nichts ergeben.«
    »Nicht die kleinste Spur.« »Total sauber?«
    »Wie frischgefallener Schnee.« »Danke, Neils.«
    Er war schon wieder weit weg - verloren in seinem Universum aus Buchstaben und Zahlen.
    Ich ging in mein Büro zurück und suchte die Nummer des Seven-Eleven heraus, das Abby und ich letzten Herbst aufgesucht hatten. Man sagte mir, Ellen Jordan werde erst ab einundzwanzig Uhr darein. Der Rest des Tages verging ohne Lunchpause mit Arbeit - doch als ich heimkam, fühlte ich mich nicht im geringsten erschöpft.
    Nach einem leichten Abendessen war ich gerade dabei, den Geschirrspüler einzuräumen, als es klingelte. Es war acht Uhr. Ich ging zur Haustür - und stand Abby Tumbull gegenüber. Sie war sehr blaß, ein gehetzter Ausdruck lag in ihren Augen. Der kalte Wind, der die Bäume beutelte, riß an ihren Haaren.
    »Du hast nicht auf meine Anrufe reagiert - ich hoffe, du schickst mich nicht weg.«
    »Natürlich nicht, Abby.« Ich trat zur Seite, um sie hereinzulassen. Sie zog ihren Mantel erst aus, als ich sie darum bat, und als ich ihn weghängen wollte, schüttelte sie den Kopf und legte ihn auf einen Stuhl, als wolle sie mir deutlich machen, daß sie nicht vorhabe, lange zu bleiben. Sie trug verwaschene Baumwolljeans und einen grobgestrickten kastanienbraunen Pullover mit weißen Tüpfelchen. Als ich an ihr vorbei vorausging, um den Küchentisch abzuräumen, der mit Zeitungen und Arbeitsunterlagen übersät war, stieg mir schwach der Geruch von kaltem Rauch und Schweiß in die Nase.
    »Etwas zu trinken?« fragte ich. Aus einem mir selbst unverständlichen Grund war ich nicht böse auf sie.
    »Ja, gern. Ganz egal was - mir ist alles recht.« Sie holte ihre Zigaretten heraus und zündete sich eine an, während ich uns
    Drinks zurechtmachte. »Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll«, sagte sie, als ich mich zu ihr setzte, und sah mich hilflos apathisch an.
    Ich wartete.
    »Der Bericht war unfair gegen dich - gelinde gesagt«, begann sie. »Und ich weiß, was du denken mußt.«
    »Was ich denke, spielt keine Rolle«, antwortete ich. »Ich möchte wissen, was in deinem Kopf vorgeht.«
    »Da herrscht das Chaos. Ich sagte dir doch, daß ich Fehler gemacht hätte.« Ihre Stimme zitterte. »Cliff Ring war einer davon.« Ich sah sie schweigend an.
    »Er war einer der ersten Menschen, die ich nach meinem Umzug in Washington kennenlernte. Sehr erfolgreich. Aufregend. Gescheit und selbstsicher. Ich war gerade erst in eine fremde Stadt gekommen und kaute immer noch an dem schrecklichen Tod von Henna...« Sie schaute über mich hinweg ins Leere. »Wir fingen als Freunde an - und dann ging alles viel zu schnell. Ich sah nicht, wie er war, weil ich es nicht sehen wollte...« Sie brach ab, und ich wartete, bis sie sich gefaßt hatte. »Ich vertraute ihm blind, Kay«, fuhr sie schließlich fort.
    »Woraus wohl zu entnehmen ist, daß die Details in seinem Bericht von dir stammen.«
    »Nur indirekt.«
    »Wie ist das zu verstehen?«
    »Ich spreche nie über meine Arbeit«, sagte Abby. »Cliff wußte zwar, daß ich an den Pärchen-Morden dran war, aber ich habe ihm nie Einzelheiten erzählt - und er schien sich auch nicht sonderlich dafür zu interessieren.« Jetzt bebte

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