Das fünfte Paar
Zeit im Raum Tidewater zugange und flog dann von Newport News nach Massachusetts.«
Ich schwieg, was Marino offenbar als Verlegenheit interpretierte - aber ich dachte nur nach.
»He - Sie haben gute Detektivarbeit geleistet! Völlig okay, die Autonummer zu notieren und überprüfen zu lassen. Sie sollten froh sein, daß die Sache sich in Wohlgefallen aufgelöst hat.«
Ich antwortete nicht.
»Nur bei der Farbe haben Sie sich geirrt«, fügte er hinzu. »Sie sagten, der Lincoln sei dunkelgrau gewesen - aber Aranoff‘s Wagen ist braun.«
Spät am Abend tanzten grelle Blitze hoch über sturmgeschüttelten Bäumen. Ein Gewitter tobte, wie wir es sonst nur im Sommer erlebten. Ich blätterte Zeitschriften durch, während ich darauf wartete, daß Montanas Leitung frei würde. Entweder war sie gestört, oder es telefonierte tatsächlich jemand seit zwei Stunden. Nachdem Marino gegangen war, hatte ich mich plötzlich an ein Detail auf einem der Fotos erinnert und an etwas, das Anna gesagt hatte: In Jills Apartment lag neben einem Sessel ein Stapel von Schriftsätzen aus ihrer Kanzlei und auswärtigen Zeitungenund obenauf das New York Times Magazine. Ich hatte mich nie mit Kreuzworträtseln befaßt - meine Arbeit brachte schon genügend Rätsel mit sich -, aber ich wußte, daß das Kreuzworträtsel der Times so beliebt war wie Rabattmarken.
Wieder griff ich zum Hörer - und diesmal hatte ich Glück. »Haben Sie je in Betracht gezogen, ein Signal für kommende einbauen zu lassen, das Ihnen zeigt, daß jemand Sie erreichen will?« fragte ich mit gutmütigem Sarkasmus.
»Ich habe in Betracht gezogen, meiner Tochter einen eigenen Anschluß einrichten zu lassen.«
»Ich habe eine Frage.«
»Schießen Sie los.«
»Als Sie Jills und Elizabeths Apartments durchsuchten, haben Sie sich doch bestimmt auch die Post angesehen.«
»Ja, Ma'am. Und danach haben wir noch zwei Wochen lang registriert, was reinkam: Briefe, Abrechnungen von Kreditkarteneinkäufen und so weiter - lauter solcher Kram.«
»Welche Zeitungen hatte Jill abonniert?« Pause. »Entschuldigen Sie - Sie haben die Unterlagen sicher im Büro«, fiel mir ein.
»Nein, Ma'am - ich bin von Ihnen direkt nach Hause gefahren. Ich habe nur grade versucht, mich zu erinnern. Es war ein langer Tag. Können Sie einen Augenblick warten?«
»Natürlich.«
Seiten wurden umgeblättert. »Rechnungen, Wurfsendungen... keine Zeitungen.«
Das überraschte mich. Ich erklärte ihm, daß ich in Jills Wohnzimmer Zeitungen gesehen hatte.
»Vielleicht hat sie sich die aus einem dieser Zeitungsboys geholt«, meinte er. »Beim College stehen jede Menge von den Dingern.«
Die Washington Post, das Wall Street Journal, ja, dachte ich, aber nicht die Sonntagsausgabe der New York Times. Höchstwahrscheinlich haben sie die an einem Kiosk gekauft, bevor sie sonntags morgens zu Hause miteinander frühstückten. Ich dankte Montana und wünschte ihm eine gute Nacht. Dann machte ich meine Nachttischlampe aus, legte mich zurück und lauschte dem Regen, der auf das Dach trommelte. Ich zog die Decke bis ans Kinn. Meine Gedanken kamen ins Schwimmen. Plötzlich sah ich Deborahs Handtasche. Vander hatte seine Untersuchungen abgeschlossen, und ich hatte mir den Bericht ein paar Tage zuvor angesehen.
»Was wollen Sie tun?« fragte Rose mich.
Seltsamerweise lag die Tasche in einer Plastikschale auf ihrem Schreibtisch, durchweicht und völlig verdreckt.
»So können Sie sie der Familie doch nicht schicken.«
»Natürlich nicht.«
»Was halten Sie davon, wenn wir die Kreditkarten und die anderen Sachen rausnehmen, saubermachen und ohne die Tasche zurückgeben?«
Plötzlich verzerrte sich ihr Gesicht vor Wut, sie fegte die Schale vom Schreibtisch und schrie: »Schaffen Sie das Ding hier weg! Ich kann es nicht mehr sehen!« Unvermittelt stand ich in meiner Küche. Durch das Fenster sah ich Mark ankommen. Ich kannte den Wagen nicht, aber ich wußte, daß es seiner war. Ich kramte in meiner Handtasche nach einer Bürste und begann mir hastig die Haare zu richten. Dann lief ich zum Bad, um mir die Zähne zu putzen, doch es blieb keine Zeit mehr dafür: Es klingelte. Nur einmal.
Er nahm mich in die Arme und flüsterte meinen Namen. Es klang wie ein leiser Schmerzensschrei. Ich fragte mich, warum er hier war und nicht in Denver. Er küßte mich und stieß die Tür mit einem Fußtritt zu. Sie fiel donnernd ins Schloß.
Meine Lider flogen auf. Donner grollte. Blitze erleuchteten das Schlafzimmer. Mein Herz
Weitere Kostenlose Bücher