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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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und einen Notizblock aus ihrem Aktenkoffer und legte beides auf den Nachttisch. Voller Unbehagen beobachtete ich, wie sie eine Achtunddreißiger und eine Schachtel Patronen in die Schublade legte. Es war Mitternacht, als ich endlich nach oben ging. Bevor ich mich hinlegte, rief ich noch einmal bei dem Seven-Eleven an.
    »Ellen Jordan?«
    »Ja - wer spricht da?«
    Ich erklärte es ihr. »Sie sagten damals, Sie hätten Deborahs Alter überprüft, weil sie Bier kaufen wollte.«
    »Das stimmt.«
    »Können Sie mir genau sagen, was Sie taten?«
    »Ich ließ mir ihren Führerschein zeigen.« Ellen klang verwirrt.
    »Hatte sie ihn in der Handtasche?«
    »Ja.«
    »Und sie gab ihn Ihnen?«
    »Klar - sonst hätte ich ihn mir ja nicht ansehen können.«
    »Steckte er in einer Plastikhülle?«
    »Nein«, antwortete sie. »Er steckte nirgendwo drin. Sie gab ihn mir, ich schaute ihn an und gab ihn ihr zurück. Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ich möchte feststellen, ob Sie Deborahs Führerschein angefaßt haben.«
    »Hab' ich doch gesagt.« Jetzt klang sie ängstlich. »Ich bekomme doch keine Schwierigkeiten deswegen, oder?«
    »Nein, Ellen«, beruhigte ich sie. »Sie bekommen keinerlei Schwierigkeiten.«

15
    Abbys Auftrag lautete, soviel wie möglich über Barry Aranoff in Erfahrung zu bringen, und sie machte sich gleich morgens auf den Weg nach Roanoke. Am folgenden Abend kam sie zurück - ein paar Minuten bevor Marino auf meiner Schwelle stand: Ich hatte ihn zum Essen eingeladen. Als er Abby in der Küche sitzen sah, verengten sich seine Pupillen, und er wurde rot vor Zorn.
    »Bourbon?« fragte ich.
    Als ich von der Bar zurückkam, hatte Abby sich eine Zigarette angezündet, und Marino stand am Fenster und starre mißgelaunt auf das Vogelhäuschen hinaus.
    »Um diese Zeit werden Sie keine Vögel sehen können - die schlafen schon«, sagte ich.
    Er antwortete nicht und drehte sich auch nicht um.
    Ich deckte den Tisch und stellte den Salat hin. Erst als ich uns Chianti eingoß, bequemte sich Marino, Platz zu nehmen.
    »Sie haben mir nicht gesagt, daß Sie Besuch haben!« Der personifizierte Vorwurf.
    »Wenn ich es Ihnen gesagt hätte, wären Sie nicht gekommen«, erwiderte ich ebenso unfreundlich.
    »Mir hat sie auch nicht gesagt, daß Besuch kommt«, erklärte Abby spitz. »Und nachdem wir jetzt festgestellt haben, wie sehr wir uns alle freuen, laßt uns das Essen genießen.«
    Ich hatte aus meiner Ehe mit Tony einige Lehren gezogen - unter anderem die, mich nie spätabends oder beim Essen auf einen Streit einzulassen. Also tat ich mein Bestes, das eisige Schweigen meiner Gäste mit leichtem Geplauder zu überbrücken. Erst beim Kaffee klärte ich Marino über die Lage der Dinge auf. »Abby wird eine Weile bei mir wohnen.«
    »Das ist Ihre Sache.« Er griff nach der Zuckerdose.
    »Es ist auch Ihre - wir sitzen alle drei im selben Boot.«
    »Vielleicht sind Sie so gütig, mir das näher zu erklären, Doc. Aber zuerst«, wandte er sich an Abby, »will ich wissen, wo diese gemütliche Dinnerszene in Ihrem Buch stehen wird - dann muß ich nicht das ganze verdammte Ding lesen, sondern kann gleich auf der richtigen Seite nachsehen.«
    »Sie können wirklich ein ungeheurer Flegel sein«, fauchte Abby.
    »Ich kann auch ein ungeheures Arschloch sein - das Vergnügen, mich so zu erleben, hatten Sie bisher noch nicht.«
    »Vielen Dank, daß Sie mir etwas gegeben haben, worauf ich mich freuen kann.«
    Er riß einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und warf ihn ihr über den Tisch zu. »Schreiben Sie lieber gleich mit - ich möchte nicht falsch zitiert werden.«
    Abby starrte ihn feindselig an.
    »Hört auf!« rief ich wütend. »Alle beide!« Sie sahen mich an. »Ihr seid nicht besser als die anderen.«
    »Als wer?« fragte Marino verdutzt.
    »Alle! Ich habe die Nase voll von Lügen, Eifersucht und Machtkämpfen. Von Freunden erwarte ich ein anderes Verhalten - und ich dachte, ihr wärt meine Freunde!« Ich stieß meinen Stuhl zurück. »Wenn es euch guttut, einander anzugiften, dann macht nur weiter - aber ich werde mir das nicht länger anhören.«
    Ohne die beiden eines weiteren Blickes zu würdigen, trug ich meinen Kaffee ins Wohnzimmer, drehte die Stereoanlage an, ließ mich in einen Sessel fallen und schloß die Augen. Musik war eine Therapie für mich. Zuletzt hatte ich Bach gehört, die Sinfonia aus der Kantate Nummer 29, mittendrin abgeschaltet. jetzt lief sie weiter. Die Anspannung wich. In den ersten Wochen, nachdem Mark

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