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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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irgendwo festhalten, doch da war nichts. Plötzlich erschien Marino, die Waffe in beiden Händen, den Lauf zur Decke gerichtet, in der Tür.
    »Gottverdammte Scheiße!« brüllte er.
    Ein schriller Pfeifton füllte meinen Kopf, als ich mich, am ganze Leibe zitternd, neben Mrs. Harvey hinkniete. Sie lag mit angezogenen Beinen auf der Seite und preßte die Hände auf ihre Brust.
    »Holen Sie Handtücher!« rief ich Marino zu. Er entfernte sich fluchend. Ich zerre ihre Hände weg, zog die Bluse aus den Jeans, schob den Büstenhalter hoch und drückte den zusammengeknüllten Stoff fest auf die Wunde unter ihrer linken Brust.
    »Halten Sie durch!« flüsterte ich. Wenn das kleine Loch Luft ansaugte, würde die Lunge kollabieren! »Halten Sie durch!« wiederholte ich flehend.
    Das durchdringende Heulen von Sirenen kam näher - und dann zuckte rotes Licht durch die schräggestellten Jalousien, als stehe die Welt da draußen in Flammen.

18
    Marino fuhr mich nach Hause und blieb da. Ich saß in der Küche und starrte in den Regen hinaus, ohne recht wahrzunehmen, was um mich herum vorging. Es klingelte, und dann hörte ich Schritte und Männerstimmen.
    Später kam Marino wieder herein und setzte sich mir gegenüber auf die Stuhlkante, als wolle er gleich wieder aufstehen.
    »Kann Abby noch irgendwo sonst hier im Haus außer in ihrem Schlafzimmer Sachen von sich deponiert haben?« fragte er.
    »Ich wüßte nicht, wo.«
    »Wir müssen uns vergewissern, Doc - tut mir leid.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich werde Kaffee machen.« Er stand auf. »Mal sehen, ob ich mich noch daran erinnere, was Sie mir beigebracht haben. Meine erste Bewährungsprobe.«
    Er hantierte herum, öffnete und schloß Schränke und ließ Wasser laufen. Als alles vorbereitet war, verschwand er und kam gleich darauf mit einem anderen Detective zurück.
    »Es wird nicht lange dauern, Dr. Scarpetta«, versprach der Mann. »Vielen Dank für Ihr Entgegenkommen.« Dann sagte er leise etwas zu Marino und ging hinaus. Marino stellte eine Tasse Kaffee vor mich hin.
    Ich hatte das Gefühl, in einem Alptraum gefangen zu sein - ich mußte da raus!
    »Was suchen die Männer?« fragte ich.
    »Wir nehmen die Notizen mit, von denen Sie mir erzählt haben, und wir suchen Tonbandkassetten - alles, das Aufschluß darüber geben kann, was Pat Harvey dazu trieb, Spurrier zu erschießen.«
    »Sie sind sicher, daß sie es getan hat?«
    »O ja - sie hat es getan. Ein verdammtes Wunder, daß sie noch am Leben ist. Sie hat ihr Herz nur um Haaresbreite verfehlt. Sie hatte Glück - aber vielleicht wird sie das anders sehen, falls sie durchkommt.«
    »Ich habe die Polizei in Williamsburg angerufen. Ich habe einem Sergeant gesagt...«
    »Ich weiß, ich weiß«, unterbrach er mich sanft. »Sie haben getan, was Sie konnten.«
    »Niemand hat sich darum gekümmert, was ich sagte!« Ich schloß die Augen, um die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen.
    »So war es nicht, Doc. Hören Sie mir zu.«
    Ich atmete tief durch.
    Marino räusperte sich und zündete sich eine Zigarette an. »Als ich vorhin in Ihrem Arbeitszimmer war, hab' ich Benton angerufen. Das FBI hat die DNS-Analyse von Spurriers Blut abgeschlossen und mit dem verglichen, das in Elizabeth Motts Volkswagen gefunden wurde: Die DNS-Werte stimmen nicht überein.«
    Ich starre ihn fassungslos an. »Was?«
    »Die DNS-Werte stimmen nicht überein«, wiederholte er. »Und die Detectives, die Spurrier überwachten, wurden gestern entsprechend informiert. Benton hatte versucht, mich zu erreichen, aber wir verpaßten uns ständig gegenseitig, und deshalb wußte ich nichts davon. Verstehen Sie, was ich sage?«
    Ich war wie betäubt.
    »Damit war Spurrier nicht mehr verdächtig. Ein Perversling, ja - aber die laufen massenhaft rum. Er hat Jill und Elizabeth nicht umgebracht: Das Blut im Volkswagen stammt nicht von ihm. Wenn er die anderen Paare ermordet hat, werden wir es nie beweisen können. Ihn weiter zu beschatten, sein Haus zu beobachten oder sich Zutritt zu erzwingen, wenn er Besuch hatte, wäre eine Belästigung gewesen, gegen die er gerichtlich Einspruch hätte erheben können - und außerdem hat Williamsburg nicht genügend Polizeibeamte, um eine solche Überwachung längere Zeit aufrechtzuerhalten. Und das FBI hatte sich zurückgezogen. So lief das.«
    »Er hat Abby getötet!«
    Jetzt schaute Marino in den Regen hinaus. »Ja - sieht ganz so aus. Sie hatte den Kassettenrecorder laufen - wir haben alles auf Band. Aber das beweist nicht,

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