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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nicht ertragen.«
    »Eines Tages wirst du es können.«
    Fast hätte ich ihr erzählt, daß ich die Terrasse heute zum erstenmal wieder benutzte und weshalb ich es bisher nicht über mich gebracht hatte - doch dann erschien mir der Vergleich lächerlich, und außerdem wußte Abby nichts von Mark.
    »Nach diesem mißglückten Versuch der Vergangenheitsbewältigung sprach ich mit Fred Cheneys Vater«, berichtete sie. »Und anschließend war ich bei den Harveys.«
    »Wann wird deine Story erscheinen?«
    »Sicher erst in der Wochenendausgabe: Ich muß noch eine Menge recherchieren. Die Zeitung will ein Persönlichkeitsbild von Deborah und Fred und jedes Fitzelchen von Information über den Stand der Ermittlungen, das ich beibringen kann - vor allem, was eine etwaige Verbindung zu den anderen vier Paaren betrifft.«
    »Was für einen Eindruck hattest du von den Harveys?«
    »Ich habe nur mit ihr gesprochen: Als ich auftauchte, verschwand Bob mit den beiden Söhnen. Er hat nicht viel übrig für Reporter - und ich habe den Verdacht, daß ihm seine Rolle als "Prinzgemahl" zu schaffen macht. Er gibt grundsätzlich keine Interviews.«
    Sie schob den Teller mit dem nur halb gegessenen Steak weg und griff nach ihren Zigaretten. Sie rauchte noch mehr als früher.
    »Ich mache mir richtig Sorgen um Pat: Sie sieht zehn Jahre älter aus als vorher! Und sie vermittelte mir den Eindruck, daß sie etwas weiß! Ich frage mich, ob sie vielleicht bedroht worden ist, eine Nachricht erhalten hat - und es sogar der Polizei verschweigt.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie so unklug handeln würde.«
    Herzbübelch schon«, meinte Abby. »Ich glaube, wenn sie eine Chance sieht, ihre Tochter unversehrt zurückzubekommen, wird sie nicht einmal Gott erzählen, was sie weiß.«
    Ich stand auf, um den Tisch abzuräumen.
    »Machst du mir einen Kaffee?« bat Abby. »Ich möchte nachher nicht am Steuer einschlafen.«
    »Wann mußt du los?« Ich räumte das Geschirr in die Spülmaschine.
    »Bald. Aber vorher habe ich noch ein paar Dinge zu erledigen.«
    Ich sah sie fragend an, während ich Wasser in den Kessel laufen ließ.
    »Eine Spritztour zu dem Seven-Eleven, wo Deborah und Fred anhielten...«
    »Woher weißt du denn das?« unterbrach ich sie.
    »Habe ich dem Fahrer des Abschleppwagens entlockt, der auf dem Rastplatz war, um den Jeep wegzuschaffen: Er hatte gehört, wie ein paar Beamte sich über den Kassenzettel unterhielten, der in einer zerknüllten Papiertüte gefunden worden war. Es kostete mich einige Mühe, aber schließlich bekam ich raus, um welchen Laden es sich handelte und welche Angestellte zur fraglichen Zeit Dienst hatte: ein Mädel namens Ellen Jordan - hat Montag inklusive Freitag die Vier-bis-Mitternacht-Schicht.«
    Abby hatte ihre vielen Auszeichnungen für hervorragende Reporterleistungen nicht von ungefähr bekommen!
    »Und was erhoffst du dir von dem Gespräch?«
    »Das ist wie beim Quiz: Ich kenne die Antworten nicht, ich weiß noch nicht mal die Fragen - bis es losgeht.«
    »Ich finde, du solltest so spät abends nicht allein da hinfahren.«
    »Wenn du einen Ritt auf meiner Rakete nicht scheust - ich freue mich über Gesellschaft.«
    »Ich halte das für keine besonders gute Idee«, wandte ich ein.
    »Du hast sicher recht«, stimmte sie zu.
    Ich fuhr trotzdem mit.

4
    Wir sahen das leuchtende »Seven-Eleven« schon achthundert Meter vor der Ausfahrt. Die rot-grüne Botschaft entsprach schon lange nicht mehr den Tatsachen: Jeder Seven-Eleven, den ich kannte, war rund um die Uhr geöffnet. Ich konnte fast hören, was mein Vater sagen würde: »Und dafür hat dein Großvater Verona verlassen?«
    Das war sein Lieblingssatz, wenn er die Morgenzeitung las und mißbilligend den Kopf schüttelte. Er sagte ihn, wenn jemand mit einem Georgia-Akzent uns behandelte, als seien wir keine »echten Amerikaner«, und er murmelte ihn, wenn er Geschichten über Betrügereien, Rauschgift und Scheidungen hörte. In meiner frühen Kindheit besaß er in Miami einen Tante-Emma-Laden, und abends erzählte er von seinem Tag und fragte uns nach dem unseren. Zu meinem großen Kummer hatte ich ihn nicht lange: Er starb, als ich zwölf war. Ich war sicher, er hätte die neuen Geschäftszeiten verurteilt: Nächte und Sonn und Feiertage waren seiner Meinung nach nicht dazu gedacht, daß man sie hinter dem Ladentisch verbrachte und zwischendurch ein Sandwich hinunterschlang - diese Zeit gehörte der Familie.
    Abby schaute prüfend in die beiden

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