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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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übersteigertes Mißtrauen entwickeln.«
    »Damit hast du Pat Harveys Empfindungen gut beschrieben. Ich glaube, sie ist davon überzeugt, daß jemand ihre Tochter benutzte, um sie fertigzumachen - daß Deborah nicht das Opfer eines Zufallstäters wurde, sondern das eines bezahlten Killers. Und sie fragt sich, ob das FBI nicht mit drinhängt.«
    »Willst du behaupten, daß Mrs. Harvey tatsächlich den Verdacht hat, das FBI sei verantwortlich für den Tod ihrer Tochter und Fred Cheneys?«
    »Der Gedanke ist ihr gekommen.«
    »Und - teilst du diesen Verdacht?«
    »Ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich bereit bin, alles zu glauben.«
    »Guter Gott!« murmelte ich.
    »Ich weiß, wie an den Haaren herbeigezogen das klingt - aber ich vermute, daß das FBI weiß, was vorgeht, oder sogar, wer da sein Unwesen treibt, und daß ich deshalb ein Problem für die Leute bin: Sie wollen nicht, daß ich rumschnüffle, weil sie fürchten, daß ich irgendwann den richtigen Stein aufhebe und sehe, wer darunterhockt.«
    »In dem Fall hätte ich es eher verstanden, wenn die Post dir eine Gehaltserhöhung gegeben hätte, stattdich abzuschieben«, meinte ich. »Ich hatte nie den Eindruck, daß die Post leicht einzuschüchtern sei.«
    »Tatsache ist aber, daß man mich in eine absolut lächerliche Abteilung versetzt hat - meiner Ansicht nach, damit ich nicht weiterrecherchieren könnte. Daß ich mich daranmachen würde, auf eigene Faust nachzuforschen, damit hatte mein werter Chef natürlich nicht gerechnet - und dagegen kann er auch nichts unternehmen. Keiner kann das - wenigstens nicht offiziell.«
    Es war genausogut möglich, daß ihr Boß sie von den Nachforschungen abgezogen hatte, weil ihn ihre wilden Spekulationen nervten. Wenn sie auf ihn einen ebenso chaotischen Eindruck gemacht hatte wie auf mich, dann hätte ich ihm das nachfühlen können.
    »Ich glaube, du hast dich da in etwas verrannt, Abby«, sagte ich. »Na schön, es wäre denkbar, daß hinter dem Deborah-Harvey Fall politische Motive stecken - aber wie passen die anderen Paare in diese Theorie? Das erste Pärchen verschwand mehr als zweieinhalb Jahre vor Deborah und Fred.«
    »Kay!« fuhr sie mich an. »Ich kenne die Antworten nicht - aber ich bin hundertprozentig sicher, daß es da etwas gibt, was das FBI, was die Regierung unter allen Umständen verheimlichen will. Wenn man das FBI gewähren läßt, werden die Fälle nie aufgeklärt. Das ist es, wogegen ich kämpfe. Und du kämpfst gegen nichts anderes. Du wirst noch an meine Worte denken!«
    Sie leerte ihr Glas und fuhr fort:« Die Frage ist: Wann wird Schluß sein mit diesen Morden? Und hätte man ihnen früher ein Ende setzen können?«
    »Was hast du vor?« fragte ich.
    »Ich will die ungeheure Schweinerei aufdecken, die da läuft und unschuldige Teenager das Leben kostet. Und ich vertraue dir. Kann sein, daß ich einen Freund brauche.«
    »Du machst weiter mit dem Buch?«
    »Ja. Ich hoffe, ich werde das abschließende Kapitel schreiben können.«
    »Bitte sei vorsichtig, Abby.«
    »Du kannst dich darauf verlassen.«
    Als wir auf die Straße hinaustraten, war es schon dunkel und sehr kalt geworden. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durch' einander, während wir den belebten Bürgersteig entlanghasteten, und auch auf der Rückfahrt nach Richmond besserte sich meine Verfassung nicht. Ich hätte gern mit Pat Harvey gesprochen, aber ich traute mich nicht. Ich hätte gern mit Benton Wesley gesprochen, aber ich wußte, daß er mir seine Geheimnisse nicht anvertrauen würde - falls es welche gäbe -, und war unserer Freundschaft unsicherer als je zuvor.
    Zu Hause angekommen, stürmte ich in die Küche, warf meinen Mantel auf einen Stuhl und rief Marino an. »Wo in South Carolina wohnt Hilda Ozimek?« fragte ich ihn.
    »Warum wollen Sie das wissen? Was hat Ihr Besuch beim Smithsonian ergeben?«
    »Bitte beantworten Sie meine Frage!«
    »In einem Nest namens Six Mile.«
    »Danke.«
    »He! Bevor Sie auflegen, könnten Sie mir noch erzählen, wie es in D. C. gelaufen ist.«
    »Nicht mehr heute abend, Marino. Falls ich Sie morgen nicht erreiche, rufen Sie bitte bei mir an.«

7
    Morgens um dreiviertel sechs war auf dem Richmond International Airport noch so gut wie nichts los. Die Restaurants waren geschlossen, die Zeitungen lagen gebündelt vor den dunklen Geschenkeshops, und eine Putzfrau schob langsam einen Mülleimer auf Rollen vor sich her und sammelte wie eine Schlafwandlerin Kaugummipapierchen und Zigarettenstummel

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