Das fünfte Paar
Erinnerungsstücke ausgestellt waren, zupfte Wehmut an meinem Herzen. Ich konnte noch die Tische bezeichnen, an denen Mark und ich gesessen hatten, und es kam mir merkwürdig vor, jetzt Fremde dort sitzen zu sehen, die ihrerseits für sie wichtige Gespräche führten. Seit fast einem Jahr war ich nicht mehr biergewesen.
Benton Wesley erwartete mich in einem gemütlichen kleinen Nebenraum mit roten Vorhängen an den Fenstern. Er hatte einen Drink vor sich stehen und lächelte nicht, als er mich förmlich begrüßte.
Ein Ober im Smoking kam, um meine Bestellung entgegenzunehmen.
Bentons Augen waren so undurchdringlich wie eine Tresortür, und ich erwiderte seinen Blick entsprechend. Er hatte den Gong zur ersten Runde geschlagen. Es versprach, ein harter Kampf zu werden.
»Ich bin sehr bestürzt darüber, daß zwischen uns ein Kommunikationsproblem besteht, Kay«, begann er.
»Sie sprechen mir aus der Seele«, erwiderte ich trocken. »Auch ich bin sehr bestürzt über unser Kommunikationsproblem. Hört das, "Büro" mein Telefon ab und überwacht mich vielleicht auch anderweitig? Ich hoffe, die Fotos von Marino und mir sind wenigstens gut geworden.«
Wesley antwortete ruhig: »Sie stehen nicht unter Beobachtung - aber das Waldgebiet.«
»Wäre ich darüber informiert worden, so hätte ich es Sie wissen lassen können, daß Marino und ich noch mal dorthin wollten.«
»Ich bin nicht auf die Idee gekommen, daß Sie dort auftauchen könnten.«
»Ich sehe mir die Schauplätze routinemäßig immer noch einmal an«, erklärte ich. »Sie haben lange genug mit mir zu tun, um das zu wissen.«
»Mein Fehler. Aber es wäre mir lieb, wenn Sie sich in Zukunft von dem Gelände fernhalten würden.«
»Das kann ich Ihnen sogar versprechen: Ein weiterer Ausflug in den Wald wäre völlig witzlos - ich würde wieder nur getürkte Beweisstücke finden, die auf Ihre Veranlassung deponiert wurden.«
»Kay.« Seine Stimme wurde weicher. »Ich versuche nicht, Ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.«
»Tatsächlich nicht? Jedenfalls sorgen Sie dafür, daß ich mich zum Narren mache!«
»Als wir beschlossen, eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung zu organisieren, wollten wir nicht, daß etwas durchsickerte - und je weniger Leute wußten, was wir vorhatten, um so geringer war diese Gefahr.«
»Sie nehmen also an, daß der Mörder zum Tatort zurückkommt?«
»Es ist eine Möglichkeit.«
»Haben Sie diese Möglichkeit bei den übrigen Fällen ebenfalls erwogen?«
»Diesmal liegt die Sache anders.«
»Inwiefern?«
»Weil der Täter ein Beweisstück zurückgelassen hat - und es weiß.«
»Wenn er sich Sorgen wegen der Patronenhülse machte, hätte er sie doch schon vor Monaten holen können.«
»Vielleicht war ihm die Tragweite seiner Nachlässigkeit anfangs nicht klar.«
»Ich glaube nicht, daß der Mann, mit dem wir es zu tun haben, ein Schwachkopf ist.«
Der Ober brachte meinen Scotch mit Soda.
»Jedenfalls ist es einen Versuch wert. Und wir werden etwas tun, womit wir hoffen, ihn verunsichern zu können. Ich erzähle Ihnen das jetzt, damit Sie mir nicht wieder den Vorwurf machen, ich schlösse Sie aus. Wir haben vor, in den Nachrichten Meldungen zu bringen, die darauf hindeuten, daß sich bei der Untersuchung der Leichen etwas herausstellte, das uns zu der Vermutung veranlaßt, daß an der Fundstelle wichtige Beweise zu finden wären. Andeutungen, Dementis, "kein Kommentar" seitens der Polizei - alles in der Absicht, ihn glauben zu machen, daß wir, was immer es sein mag, bisher nicht gefunden haben. Der Mörder weiß, daß er die Patronenhülse liegengelassen hat. Wenn er nervös genug wird und sie suchen kommt, werden wir ihn dabei filmen und festnehmen.«
»Die Patronenhülse ist wertlos, solange Sie die Waffe nicht haben. Warum sollte er das Risiko eingehen, am Tatort aufzutauchen, wenn ihm der Eindruck vermittelt wird, daß Polizei dort herumschnüffelt?« fragte ich.
»Wenn seine Angst groß genug ist, wird er es wagen. Vielleicht fürchtet er, noch weitere verräterische Spuren hinterlassen zu haben: Offenbar verlor er in der Nacht damals die Kontrolle über die Situation - sonst hätte er nicht auf Deborah geschossen. Woher soll er wissen, nach was genau wir suchen, Kay? Er weiß nicht, in welchem Zustand die Leichen waren, als wir sie fanden. Wir wissen nicht, was er den jungen Leuten alles angetan hat, und er weiß nicht, was Sie bei der Autopsie alles festgestellt haben. Vielleicht geht er nicht gleich nach
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