Das fünfte Paar
Untersuchungen. Kein Kokain. Kein Heroin; zumindest ihre Metaboliten hätten wir finden müssen. Bezüglich synthetischer Drogen haben wir auf Analogien zu PCP und Amphetaminen getestet.«
»Und was ist mit China White?« Das war ein derzeit sehr beliebtes synthetisches Rauschgift. »Soviel ich weiß, ist es sehr stark und ungeheuer schwer nachzuweisen.«
»Das stimmt: Weniger als ein Milligramm kann tödlich sein - und diese Konzentration ist zu gering, um es ohne spezielle Methoden wie RIA festzustellen.«
Als ich seinen fragenden Blick sah, erklärte ich: »Radioimmunoassay - ein Vorgang, der auf bestimmten Drogen-Antikörper-Reaktionen beruht. Im Unterschied zu herkömmlichen Verfahren kann man mittels RIA auch winzige Drogenmengen aufspüren, und wir setzen es ein, wenn wir nach China White, LSD oder THC suchen.«
»Von denen Sie keines gefunden haben.«
»Richtig.«
»Und wie steht's mit Alkohol?«
»Der stellt bei so stark verwesten Leichen ein Problem dar. Einige der Tests hatten ein negatives Resultat, andere ergaben einen Spiegel von weniger als 0,05 - möglicherweise eine Auswirkung der Verwesung. Mit anderen Worten: nicht aufschlußreich.«
»Waren die Ergebnisse bei Harvey und Cheney ebenso?«
»Keine Spur von Drogen - bis jetzt. Weshalb war Pat Harvey an den früheren Fällen interessiert?«
»Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als seien sie ihr besonders wichtig gewesen. Sie muß in der Zeit, als sie noch US-Staatsanwältin war, Insider-Informationen bekommen haben und stellte daraufhin einige Fragen. Rein berufliches Interesse, Kay: Ich denke, wenn sich herausgestellt hätte, daß die Tode der Pärchen auf Rauschgift zurückzuführen waren - entweder in Form von Überdosen oder durch Morde im Drogenmilieu -, wollte sie diese Information für ihren Anti-Drogen-Feldzug benutzen.«
Das würde erklären, warum Mrs. Harvey, als ich damals zu ihr kam, nachdem man den Jeep gefunden hatte, so gut unterrichtet gewesen war. Und ich hatte mich gewundert, woher sie das Material so schnell bekommen hatte: Zweifellos lag aufgrund ihrer früheren Nachforschungen eine entsprechende Akte in ihrem Schreibtisch.
»Als ihre Untersuchungen nichts in dieser Richtung ergaben«, fuhr Wesley fort, »ließ sie die Sache wohl auf sich beruhen - bis Deborah und Fred verschwanden. Dann erinnerte sie sich natürlich wieder daran.«
»Wäre es nicht bittere Ironie gewesen, wenn sich erwiesen hätte, daß die Tochter der Drogen-Zarin an Drogen starb?«
»Glauben Sie nur nicht, daß dieser Gedanke ihr nicht gekommen sei«, erwiderte Wesley.
Das brachte mich wieder auf das leidige Thema: »Sie hat Anspruch auf die Autopsie-Ergebnisse, Benton. Ich kann die Fälle nicht ewig hinziehen.«
Er signalisierte dem Ober mit einem Nicken, daß er Kaffee bringen solle. »Sie müssen noch mehr Zeit für mich rausschinden, Kay.«
»Wegen Ihrer geplanten Irreführungstaktik?«
»Es darf nichts dazwischenkommen. Wenn Mrs. Harvey etwas von Ihnen erführe, bräche die Hölle los. Glauben Sie mir - ich weiß besser als Sie, wie sie reagieren würde: Sie wäre wieder Blitz bei den Medien und dadurch alles verdorben, was wir uns ausgedacht haben, um den Mörder aus dem Bau zu locken.«
»Und was ist, wenn sie einen Gerichtsbeschluß erwirkt?«
»Den kriegt sie nicht von heute auf morgen. Ziehen Sie die Sache noch ein bißchen hin. Bitte!«
»Kommen wir auf den Herzbuben zurück: Sie haben mir noch nicht erklärt, wie ein bezahlter Killer von den Spielkarten erfahren haben kann.«
»Pat Harvey recherchiert nicht allein«, antwortete Wesley. »Sie hat Hilfskräfte, einen Stab von Mitarbeitern. Sie spricht mit einer Menge Leute - unter anderem auch dem berühmten "Mann von der Straße". Es kommt ganz darauf an, wem sie was erzählt hat, oder wer sie vernichten will - vorausgesetzt, das ist der Fall, was ich damit nicht sagen will.«
»Ein bezahlter Mord, der so wie die anderen hingedreht wurde«, überlegte ich laut. »Nur machte der Mörder einen Fehler - weil seine Informationen unvollständig waren: Er wußte nicht, daß er die Spielkarte hätte in den Wagen legen sollen - er ließ sie bei Deborahs Leiche. In ihrer Handtasche. Vielleicht jemand, der von einer der Wohltätigkeitsorganisationen angeheuert wurde, gegen die Pat Harvey zu Felde zieht?«
»Alles ist möglich.« Er rührte nachdenklich in seinem Kaffee. »Fest steht, daß es für die Kreise, an die wir denken, kein Problem ist, einen Killer anzuheuern. Mrs. Harvey
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