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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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großangelegte Telefonaktion zu organisieren, bei der wir alle Apotheken von Richmond anrufen.«
    »Jesus, Kay - das müssen mindestens hundert sein!« »Hundertdreiunddreißig - ich habe sie schon gezählt. Wenn wir die Nummern unter sechs von uns aufteilen, muß es doch zu schaffen sein. Machen Sie mit?«
    »Natürlich«, nickte er leicht gequält.
    Neben Fieldings konnte ich meinen Administrator, Rose und eine zweite Sekretärin und Margaret vom Computer für meinen Plan gewinnen. Mit den Listen der Telefonnummern versammelten wir uns im Konferenzraum. Meine Instruktionen waren klar und einfach: Diskretion. Nicht ein Wort darüber zu Familienangehörigen, Freunden oder der Polizei. »Da das Rezept mindestens acht Jahre alt und Jill verstorben ist, wird die Karteikarte sich nicht mehr bei den laufenden Unterlagen befinden - also muß man den Apotheker bitten, im Archiv nachzusehen. Wenn einer sich als unkooperativ erweist oder die Informationen nicht rausgeben will, verbinden Sie ihn zu mir weiter.«
    Wir verschwanden in unseren jeweiligen Büros. Zwei Stunden später erschien Rose bei mir. Vorsichtig rieb sie ihr rechtes Ohr - es war feuerrot - und reichte mir mit einem triumphierenden Lächeln einen Telefonzettel über den Schreibtisch. »Boulevard Drugstore - Ecke Boulevard und Broad. Jill Harrington brachte zweimal ein Rezept für Librax. Ich habe auch dazugeschrieben, wann das war.«
    »Wer war ihr Arzt?«
    »Dr. Anna Zenner.« Großer Gott! Ich verbarg mühsam meine Oberraschung und gratulierte ihr zu ihrem Erfolg. »Tausend Dank, Rose. Nehmen Sie sich den Rest des Tages frei.«
    »Normalerweise gehe ich um halb fünf - jetzt ist es fünf.« »Dann machen Sie morgen drei Stunden Mittagspause.« Ich hätte sie am liebsten umarmt. »Und sagen Sie den anderen Bescheid, daß sie erlöst sind.«
    »War Dr. Zenner nicht bis vor kurzem Präsidentin der Richmond Academy of Medicine?« fragte Rose, die nachdenklich an der Tür stehengeblieben war. »Ich glaube, ich habe was über sie gelesen. Ach ja - richtig: Sie ist Musikerin.«
    »Sie war vorletztes Jahr Präsidentin - und sie spielt Violine beim Richmonder Symphonieorchester.«
    »Dann kennen Sie sie bestimmt.« Rose sah beeindruckt aus. Das kann man wohl sagen, dachte ich und griff zum Telefon. Am Abend rief Dr. Zenner mich zu Hause zurück.
    »Ich sehe aus den Zeitungen, daß Sie in letzter Zeit ziemlich beschäftigt sind, Kay. Halten Sie das auf die Dauer durch?«
    Ich fragte mich, ob sie die Post gelesen hatte. Die heutige Ausgabe hatte ein Interview mit Hilda Ozimek und ein Foto von ihr gebracht.
    »Hellseherin wußte, daß alle tot waren«, hieß es in der Bildunterschrift. Verwandte und Freunde der ermordeten Paare wurden zitiert, und eine halbseitige farbige Zeichnung machte deutlich, wo man Wagen und Leichen gefunden hatte. Camp Peary saß in der Mitte - wie eine Spinne im Netz.
    »Es geht mir gut«, beantwortete ich ihre Frage. »Und es wird mir noch besser gehen, wenn Sie mir in einer bestimmten Angelegenheit helfen können.« Ich erklärte ihr mein Anliegen, und fügte hinzu: »Morgen schicke ich Ihnen die Bescheinigung, die bestätigt, daß ich zur Einsicht in Jills Unterlagen berechtigt bin.« Es kam mir merkwürdig vor, auf so dienstlich - offizieller Ebene mit ihr zu verkehren.
    »Können Sie mir die nicht vorbeibringen? Sagen wir, Mittwoch um sieben. Dann essen wir miteinander.«
    »Es ist nicht nötig, daß Sie sich die Mühe machen, zu...«
    »Es ist keine Mühe, Kay«, unterbrach sie mich herzlich. »Ich möchte Sie sehr gern wiedersehen.«

13
    Die pastellfarbenen Art-deco-Fassaden der Uptown erinnerten mich an Miami. Die Häuser waren rosa, gelb und in Wedgewoodblau gestrichen, die Messingtürklopfer glänzten poliert, und prachtvolle handgearbeitete Flaggen flatterten über den Eingängen - ein fröhlicher Anblick, der in krassem Gegensatz zum Wetter stand: Der Himmel war bleigrau, der Regen in Schnee übergegangen.
    Der Verkehr zur Stoßzeit war grauenvoll wie immer, und ich mußte zweimal um den Block fahren, bis ich einen Parkplatz fand, der in erträglicher Entfernung von meiner Lieblingsweinhandlung lag. Ich suchte vier gute Flaschen aus, zwei rot, zwei weiß. Die Standbilder der Konföderierten-Generale auf ihren steigenden Pferden, die auf den Kreisverkehrsinseln der Monument Avenue an den Bürgerkrieg erinnerten, wirkten in dem Flockengewirbel geisterhaft. Im letzten Sommer hatte ich diese Fahrt einmal pro Woche gemacht, im Herbst

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