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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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weiß nicht, ob sie erfuhr, dass ich Bodil entjungfert hatte, jedenfalls war ich plötzlich arbeitslos. Norwegen sei kein Wirkungsfeld mehr, sagte sie, bot mir aber auch kein anderes an. Nach ein paar Jahren des Müßiggangs in Oslo zog ich nach Prag, das nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das reine Schmugglerparadies war. Ich sprach gut Deutsch und fand mich rasch zurecht. Verdiente schnelles Geld, wurde es aber genauso schnell auch wieder los. Fand Freunde, ohne mich fest zu binden. Auch nicht an Frauen. Ich hatte das nicht nötig. Denn wissen Sie was, Hole? Ich entdeckte, dass mir mein Vater etwas hinterlassen hatte –die Gabe, sich zu verlieben. «
    Sivertsen nickte in Richtung Iggy Pop. » Es gibt kein stärkeres Aphrodisiakum für Frauen als einen verliebten Mann. Ich machte verheiratete Frauen zu meiner Spezialität, die bereiten einem hinterher weniger Probleme. Bei Ebbe in der Kasse waren sie obendrein eine willkommene, wenn auch unzuverlässige Einnahmequelle. Und so flatterten die Jahre davon, ohne dass ich geschnappt wurde. Mehr als dreißig J ahre lang war mein Lächeln gratis, das Bett der Allgemeinheit geöffnet und mein Schwanz ein Staffelstab. «
    Sivertsen lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen.
    » Hört sich sicher zynisch an. Aber glauben Sie mir, jede Liebeserklärung, die aus meinem Mund kam, war so aufrichtig und echt gemeint wie die meines Vaters an meine Stiefmutter. Ich gab den Frauen alles, was ich hatte. Bis es vorbei war und ich sie wegschickte. Ich konnte mir kein Sanatorium leisten. So endete es jedes Mal, und ich dachte, dass es immer so weiterg e hen würde. Bis ich eines Herbsttages vor zwei Jahren in das Café im Grand Hotel Europa auf der Vacl á vské námestí kam. Und dort saß sie. Eva. Ja, sie heißt wirklich so. Es stimmt eben nicht, dass nichts paradox ist, Hole. Als Erstes fiel mir auf, dass sie keine Schönheit war, sondern sich nur wie eine aufführte. Aber wer überzeugt ist, schön zu sein, wird schön. Ich habe eine gewisse Wirkung auf Frauen und ging zu ihr. Sie bat mich nicht zu verschwinden, behandelte mich aber mit einer Art höflicher Distanz, die mich verrückt machte. «
    Sivertsen lächelte schief. » Denn es gibt kein stärkeres Aphr o disiakum für einen Mann als eine Frau, die nicht verliebt ist.
    Sie war sechsundzwanzig Jahre jünger als ich, hatte mehr Stil, als ich jemals haben werde, und –das Wichtigste –sie brauchte mich nicht. Sie hätte problemlos weiter in ihrem Beruf arbeiten können, von dem ich angeblich nichts weiß. Deutsche G e schäftsleute auszupeitschen und es ihnen mit dem Mund zu machen. «
    » Und warum hat sie es nicht getan? «, fragte Harry und blies Iggy den Rauch ins Gesicht.
    » Sie hatte keine Chance. Denn ich war verliebt. Verliebt genug für zwei. Und ich wollte sie für mich haben. Eva ist wie die meisten Frauen. Wenn sie auch nicht verliebt ist, schätzt sie doch die ökonomische Sicherheit. Um sie mir zu sichern, brauchte ich also genug Geld. Der Schmuggel von Blutdiama n ten aus Sierra Leone war nicht sehr riskant, warf aber nicht genug ab, um mich unwiderstehlich reich zu machen. Drogen hätten jedoch höchstes Risiko bedeutet. So bin ich zum Waffe n schmuggel gekommen. Und zum Prinzen. Wir haben uns zweimal in Prag getroffen, um über Methode und allgemeine Bedingungen zu sprechen. Das zweite Mal in einem Biergarten am Wenzelsplatz. Ich konnte Eva dazu bringen, die fotografi e rende Touristin zu spielen, und der Tisch mit mir und dem Prinzen war zufällig auf den meisten Bildern. Zahlungsunwillige Geschäftspartner bekommen von mir solche Bilder samt Mah nung mit der Post. Das wirkt. Doch der Prinz war die Pünktlich keit in Person, es gab nie irgendwelche Schwierigkeiten. Und erst später habe ich herausgefunden, dass er eigentlich Polizist ist. «
    Harry schloss das Fenster und setzte sich auf das Schlafsofa.
    » Diesen Frühling hat ein Mann per Telefon mit mir Kontakt aufgenommen «, sagte Sivertsen. » Es war ein Norweger. Mit einem Dialekt aus dem Südosten. Ich habe keine Ahnung, wie der an meine Telefonnummer gekommen ist. Er schien alles Mögliche über mich zu wissen, das war beinahe unheimlich. Nein, es war unheimlich. Er wusste, wer meine Mutter war. Dass ich vorbestraft war. Und von den sternförmigen Diama n ten, die seit Jahren meine Spezialität waren. Und am beunruhi gendsten: Er wusste, dass ich jetzt auch mit Waffen angefangen hatte. Er wollte beides. Einen Diamanten und eine Èeská mit

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