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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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wünschte. Warum sie nichts sagte. –All dieses nutzlose Wissen.
    » Wie geht es dir? «, fragte er.
    » Gut «, sagte sie. » Ich habe eine Hütte gemietet. Wir kriegen sie aber erst im August, ich war ein bisschen spät dran. «
    Der Tonfall war neutral, die Anklage kaum hörbar.
    » Hast du dich an der Hand verletzt? «
    » Nur ein Kratzer «, sagte Harry.
    Der Wind hatte ihr eine Strähne ins Gesicht geweht. Er wide r stand der Versuchung, sie ihr aus der Stirn zu streichen.
    » Ich hatte gestern einen Gutachter hier, um das Haus schätzen zu lassen «, sagte sie.
    » Einen Gutachter? Du willst doch wohl nicht verkaufen? «
    » Das Haus ist zu groß für zwei Personen, Harry. «
    » Ja, aber du hängst doch so an dem Haus. Du bist doch hier aufgewachsen. Und Oleg auch. «
    » Erinnere mich bloß nicht daran. Das Problem ist, dass die Renovierung im Winter fast doppelt so teuer war wie geplant. Und jetzt muss das Dach erneuert werden. Es ist ein altes Haus. «
    » Hmm. «
    Harry blickte zu Oleg hinüber, der einen Fußball gegen das Garagentor schoss. Der Ball knallte dagegen und rollte weg, während Oleg die Augen schloss, die Arme in die Höhe warf und sich von einem imaginären Publikum bejubeln ließ.
    » Rakel? «
    Sie seufzte.
    » Was ist, Harry? «
    » Kannst du mich nicht wenigstens ansehen, wenn ich mit dir spreche? «
    » Nein. « Ihre Stimme klang nicht wütend, eher unbeteiligt, wie bei einer ganz simplen Feststellung.
    » Würde es einen Unterschied machen, wenn ich aufhörte? «
    » Du schaffst es nicht aufzuhören, Harry. «
    » Ich meine bei der Polizei. «
    » Das habe ich verstanden. «
    Er trat ins Gras. » Vielleicht habe ich keine Wahl «, sagte er.
    » Hast du nicht? «
    » Nein. «
    » Warum fragst du das dann so hypothetisch? « Sie blies die Strähne weg.
    » Ich könnte mir einen ruhigeren Job suchen, dann wäre ich mehr zu Hause. Könnte mich um Oleg kümmern. Wir könnten … «
    » Hör auf, Harry! «
    Ihre Stimme klang schneidend. Sie beugte den Kopf nach hin ten und verschränkte die Arme vor der Brust, als würde sie in der glühenden Sonne frieren.
    » Die Antwort lautet nein «, flüsterte sie. » Das würde keinen Unterschied machen. Deine Arbeit ist nicht das Problem. Das Problem … « Sie holte tief Luft, drehte sich um und blickte ihm in die Augen: » Das Problem bist du, Harry. Du bist das Pro b lem. «
    Harry sah, wie ihr Tränen in die Augen traten.
    » Geh jetzt «, flüsterte sie.
    Er wollte etwas sagen, schluckte es dann aber runter. Stattde s sen deutete er mit dem Kopf auf die Segelboote auf dem Fjord. » Du hast Recht. Ich bin das Problem. Ich red noch ein bisschen mit Oleg, und dann verschwinde ich. «
    Er entfernte sich ein paar Schritte, drehte sich dann aber um: » Verkauf das Haus nicht, Rakel. Tu das nicht, hörst du! Ich werde mir was einfallen lassen. «
    Sie lächelte durch die Tränen. » Du bist ein seltsamer Junge «, flüsterte sie und streckte eine Hand aus, als wollte sie ihm über die Wange streicheln. Doch er stand zu weit weg, und sie ließ die Hand wieder sinken. » Pass auf dich auf, Harry. «
    Als Harry ging, war ihm kalt. Es war Viertel vor fünf. Er würde sich beeilen müssen, wollte er pünktlich zur Besprechung kommen.
     
    I ch bin im Gebäude. Es riecht nach Keller. Ich stehe ganz still und studiere die Namen auf der Liste vor mir. Höre Stimmen und Schritte auf der Treppe, habe aber keine Angst. Sie können es nicht sehen, aber ich bin unsichtbar. Hast du gehört? Sie können es nicht sehen, aber ich … Das ist kein Paradox, Geliebte, ich drücke es nur so aus. Alles kann man so ausdr ü cken, dass es paradox klingt, das ist nicht schwer. Es ist nur so, dass es diese Paradoxe nicht gibt. Wahre Paradoxe –haha –, siehst du, wie einfach das ist ? Es sind nur Worte, die mangelnde Klarheit der Sprache. Und ich bin mit den Worten fertig. Mit der Sprache. Ich sehe auf die Uhr. Das ist meine Sprache. Sie ist klar und ohne Paradoxe. Ich bin bereit.

 
    KAPITEL 14
Montag. Barbara
    B arbara Svendsen hatte sich in den letzten Wochen viele Gedanken über die Zeit gemacht. Nicht, dass sie besonders philosophisch veranlagt gewesen wäre. Wer sie kannte, hätte sicher das Gegenteil behauptet. Sondern einfach, weil sie sich zuvor nie Gedanken darüber gemacht hatte, dass alles seine Zeit hatte und die Zeit verrann. Es würde nichts mehr aus einer Karriere als Model werden, das hatte sie schon vor Jahren eingesehen. Sie würde sich mit dem Titel »

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