Das fünfte Zeichen
rechtsmedizinische Abte i lung? «, fragte Møller. » Haben die wenigstens was gefunden, das uns helfen könnte, den Täter zu identifizieren? «
» Leider nein «, sagte Waaler. » Sie haben die anderen Leichen auf die Seite gerollt und sich erst mal unsere vorgenommen, doch bis jetzt ohne Resultat. Keine Samenflüssigkeit, kein Blut, keine Haare, keine Hautzellen, nichts. Die einzigen Spuren, die der Täter hinterlassen hat, sind die Einschusslöcher –und die Diamanten. «
» Interessant «, sagte Aune.
Møller fragte leicht genervt, was denn daran wohl interessant sei.
» Weil es darauf hindeutet, dass er die Opfer nicht sexuell missbraucht hat «, sagte Aune. » Und das ist durchaus ungewöh n lich für einen Serienmörder. «
» Vielleicht geht es nicht um Sex? «
Aune schüttelte den Kopf. » Diese Morde sind immer sexuell motiviert. Immer. «
» Oder er ähne lt Peter Sel lers in Willkommen, Mr. Chance « , sagte Harry. » I like to watch. «
Die anderen starrten sich verständnislos an.
» Ich meine, dass er sie vielleicht nicht berühren muss, um sexuell befriedigt zu sein. « Harry wich Waalers Blick aus. » Und es reichen ihm der eigentliche Mord und der Anblick der Leiche. «
» Das kann stimmen «, sagte Aune. » Gewöhnlich sehnt sich der Mörder nach einem Orgasmus, doch er kann ejakuliert haben, ohne dass wir am Tatort Samenflüssigkeit finden. Oder genug Selbstbeherrschung haben, zu warten, bis er in Sicherheit ist. «
Es wurde still. Und Harry wusste, alle fragten sich das Gleiche wie er. Was der Täter wohl mit der verschwundenen Frau angestellt hatte, Lisbeth Barli.
» Und die Waffen, die wir an den Tatorten gefunden haben? «
» Sind überprüft «, sagte Beate. » Die ballistischen Tests haben ergeben, dass es sich mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit um die jeweiligen Tatwaffen handelt. «
» Gut «, sagte Møller. » Irgendwelche Ideen, wo diese Waffen herkommen? «
Beate schüttelte den Kopf. » Die Seriennummern sind wegg e feilt worden. Die Feilspuren sind die gleichen, wie wir sie bei den meisten Waffen finden, die wir beschlagnahmen. «
» Hmm «, sagte Møller. » Also wieder der große, mysteriöse Waffenschmugglerring. Eigentlich sollte der Überwachung s dienst die Kerle langsam in die Finger kriegen. «
» Interpol arbeitet seit vier Jahren daran. Ohne Ergebnis «, sagte Tom Waaler.
Harry kippte den Stuhl nach hinten und sah Waaler an. Und zu seinem Erstaunen empfand er für Waaler plötzlich so etwas wie Bewunderung. Die gleiche Art von Bewunderung, die man einem Raubtier gegenüber empfindet, das die perfekte Technik entwickelt hat, um zu überleben.
Møller seufzte. » Ich verstehe. Wir liegen also null zu drei im Rückstand, und unser Widersacher hat uns nicht einmal an den Ball kommen lassen. Hat keiner von euch eine Idee? «
» Ich weiß nicht, ob man das Idee nennen kann … «
» Los, Harry. «
» Es ist eher so ein Gefühl im Bauch, wenn ich an die Tatorte denke. Sie haben alle etwas gemeinsam, aber ich weiß nicht, was. Der erste Mord geschah in einer Dachwohnung im Ullevålsvei. Der andere circa einen Kilometer nordöstlich in der Sannergata. Und der dritte etwa ebenso weit von dort entfernt, nur in östlicher Richtung, in einem Geschäftshaus am Carl Berners Plass. Er bewegt sich, aber ic h h abe das Gefühl, er folgt einem bestimmten Plan. Auch darin. «
» Wie das? «, fragte Beate.
» Revier «, sagte Harry. » Unser Psychologe kann das bestimmt erklären. «
Møller wandte sich Aune zu, der gerade einen Schluck Tee trank. » Dein Kommentar, Aune? «
Aune schnitt eine Grimasse. » Tja, schmeckt nicht gerade nach Kenilworth. «
» Ich meinte nicht den Tee. «
Aune seufzte. » Das nennt man Humor, Møller. Aber ich weiß, worauf du hinauswillst, Harry. Serienmörder haben gewisse Vorlieben, was die geografische Lage ihrer Tatorte angeht. Man unterscheidet grob drei Typen. «
Aune reckte drei Finger in die Höhe: » Der ortsgebundene Serienmörder, der seine Opfer zu sich lockt oder sie mit Gewalt in sein eigenes Heim holt. Der territoriale, der in einem begren z ten Revier zuschlägt, wie Jack the Ripper, der nur im Rotlicht bezirk tötete, bei dem sich das Territorium jedoch durchaus über eine ganze Stadt erstrecken kann. Und zum Schluss der nomad i sierende Serienmörder, der vermutlich die meisten Morde auf dem Gewissen hat. Ottis Toole und Henry Lee Lucas reisten in den USA von Staat zu Staat und töteten insgesamt mehr als
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