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Das Gastgeschenk der Transsolaren

Das Gastgeschenk der Transsolaren

Titel: Das Gastgeschenk der Transsolaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman , Hans Taubert
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Übrigens trifft diese interessante Genese der Autotrophle nicht nur auf Oligoergus socialis, sondern auch auf die seltene Form Oligoergus viviparus zu, die knospenartige Bildungen mit sich herumträgt, aus denen möglicherweise neue, selbständige Individuen hervorgehen.«
      Diese Vermutung bestätigte Bobroff, der den Fall viviparus bearbeitete. Es sei ihm aber eine Merkwürdigkeit aufgefallen, die ihn beunruhige: Alle vivipari, deren er neuerdings habhaft geworden sei, trügen an der Körperstelle, die man als ihren Rücken bezeichnen müsse, ein gelbes Stigma. An dessen Existenz könne er sich bei früheren Fängen beim besten Willen nicht erinnern.
      »Chromgelb nämlich«, hörte man Navratil. Überraschend behende warf Bobroff seinen schweren Körper zu Navratil herum. »Tatsächlich!« sagte er erstaunt.
      »Nämlich den meinigen hab ich beim Zählen allen einen akkuraten gelben Punkt auf den Buckel gemalt, mit Chromgelb, das von den Warnschildern bei der Hochspannung übrig gewesen ist«, erläuterte Navratil mit Ruhe. »Sie möchten mir sonst durcheinanderrennen beim Zählen, nämlich. Woraus zu schließen ist«, fuhr er gleichmütig fort, »daß deine Viecher und die meinen dieselben sind.«
      Nur Jolas enthielt sich der Meinung, mangels Kompetenz, und Bobroff, dem der Grimm die Luft raubte. Die anderen redeten alle zugleich. Navratil bewahrte die Gelassenheit eines Felsens. »Ihr möchtet vielleicht erst mal die Fakten lesen, die im Protokoll stehen«, sagte er freundlich, als der plötzliche Lärm in Leerlauf geriet, und wies mit seinem mächtigen Zeigefinger senkrecht nach unten auf die Papiere, die seine Knie bedeckten. »Dann können wir besser reden, nämlich«, fügte er hinzu.
      »Es wird nun auch klar, warum nachher immer einer fehlt!« rief Marja, und ihre schwarzen Augen funkelten. »Immer zwei von socialis kopulieren zu einem Ganzen, nämlich, schreibt er, daraus geht die Form vivi parus hervor, die die Vermehrung besorgt. Was ist daran unwahrscheinlich? Ein gewöhnlicher Generationswechsel!«
      Melzer horchte auf. Den Genetiker drängte es, manches zu sagen. Aber seine Gedanken liefen irritierend zweigleisig. Woher kannte Marja Navratils Protokolle? Er hatte plötzlich seine eigenen, neuartigen Vorstellungen von dem gespannten Verhältnis der beiden.
      Da kam ihm wieder Brassac dazwischen. »Jetzt verstehe ich«, sagte der voller Interesse. »Die Schwiegereltern und eine behördliche Kommission stehen drum herum, wenn die zwei sich lieben wollen. Sie dürfen, oder sie dürfen nicht, je nachdem, ob die Versammlung zustimmt oder ablehnt. Und dann passen sie alle auf, ob’s die beiden auch richtig machen.« Sein persönliches Urteil über diese Verfahrensweise beschränkte er auf ein bedenkliches Hin- und Herwiegen des Kopfes.
      Bobroff lachte laut heraus. Marja blitzte ihn an, und Navratils Finger stupste wieder auf seine Papiere. »Der Brassac hat schon recht«, sagte er. »Das Pärchen muß sich eine rechte Mühe geben, bis es die vierundsechzig beisammen hat, die’s ihm erlauben. Und oft für die Katz. Das hab ich nämlich sehr genau verfolgt. Deshalb machen sie auch so erfreuliche Fortschritte in ihrer Autotrophie. Darauf schaut die Kommission, daß sich die Richtigen lieben.«
      Jolas richtete seine spitze Nase auf Brassac: »Was hast du den Kopf zu wiegen?« fragte er streng. »Sie kontrollieren die Liebe und schaffen dadurch den Kannibalismus ab. Das ist doch progressiv! Du dagegen denkst an Parkbank, Mond, Heimlichkeit und wer weiß noch was.«
      »Wieso ich?« fragte Brassac grinsend. »Dafür haben wir andere Experten zur Hand, progressive, wie du dich ausdrückst. Über das theoretische Stadium sind die, denk ich, schon hinaus.«
      Marja zuckte zusammen. Als Brassac verstummte, gab sie sich innerlich einen Ruck, der so wuchtig ausfiel, daß sich das intime seelische Ereignis allen Anwesenden offenbarte. Sie erhob sich und eilte so geradenwegs, wie es die Enge erlaubte, zu Navratils Ecke hin. Melzer ahnte, was kam. Als er aufsah, standen die beiden in enger Umschlingung inmitten Navratils Papieren, die sich wieder auf dem Boden zerstreut hatten. Von Marja war nicht viel zu sehen, aber zweifelsfrei wurde dort geküßt. Intensiv und lange. Melzer meinte, länger könne auch die Ko pulation bei Oligoergus nicht andauern. Mit vorgeschobener Unterlippe blies er sich Kühlung über das Gesicht. Im Übermaß des anwachsenden Druckes zwängte sich endlich ein

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