Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
Vom Netzwerk:
…«
    »Und das ausgerechnet jetzt, nach all dem, was er in den letzten paar Wochen durchzustehen hatte – ich meine, nach Herbys Tod.«
    »Und was sollen wir deiner Meinung nach tun, wenn er ständig Sachen verliert und kaputtmacht? Was sollen wir sagen? Geht schon in Ordnung, kein Problem, hier hast du einen Scheck ? Welche Botschaft würde ihm das vermitteln?«
    »Es ist doch bloß ein Handy. Du solltest dir besser überlegen, worüber es sich zu streiten lohnt.«
    »Das höre ich von dir nicht zum ersten Mal, Sammy. Und offenbar lohnt es sich nie. Davon abgesehen: Dieses Handy kostet …«
    »Verdammt, Donnie«, sagte sie und erhob dabei zum ersten Mal die Stimme. »Du kannst das, was du damals hattest, nicht ständig als Maßstab dafür nehmen, was Walt haben sollte.«
    Ich sah sie an. »Was soll das jetzt wieder heißen?«
    »Es ist schon spät«, wich sie aus und erhob sich.
    In diesem Moment hätte ich die Sache auch einfach auf sich beruhen lassen können. Aber das tat ich nicht. Stattdessen sagte ich: »Wenn hier irgendjemand allen Grund hat, sauer zu sein, dann bin das ja wohl ich.«
    Die Arme vor der Brust verschränkt, das Gewicht auf einer Hüfte, blickte sie mich herausfordernd an.
    »Krugers mal eben anzubieten, dass ich ihnen dieses Ding vorbeibringe, ohne mich überhaupt zu fragen.«
    »Was ist daran bitte so schlimm?«
    »Das ist ein halbe Stunde Fahrtzeit von hier. Dieser kleine Gefallen kostet mich also anderthalb Stunden meines Arbeitstages.«
    »Mir war nicht bewusst, dass du dermaßen beschäftigt bist.«
    War da irgendein Unterton? »Es wäre einfach nur schön, wenn du mich vorher fragen würdest, statt mich zu behandeln wie einen … einen beschissenen … ach, was weiß ich.«
    »Ich hätte nur nicht gedacht, dass dich das stören würde. Du fährst nachmittags öfter mal nach Alarbus, es liegt auf dem Weg. Wenn es dir zu viele Umstände bereitet, dann rufe ich Stephanie an und sage ihr, sie soll den Samowar abholen kommen.«
    »Nein, schon gut. Ich mache es ja.« Ich griff nach der Fernbedienung.
    »Himmel, jetzt sei bitte nicht eingeschnappt, Donnie.«
    »Ich bin nicht eingeschnappt.«
    »Prima. Wie du meinst. Ich gehe ins Bett.«
    Ich blieb noch eine Weile sitzen und zappte durch die Kanäle, bevor ich den Fernseher ausmachte und den langen Flur zu meinem Büro hinunterging. Ich schaltete das Licht nicht an. Das Mondlicht, das durch die drei Panoramascheiben fiel, war hell genug, um etwas sehen zu können. Ich schloss die untere Schreibtischschublade auf, wühlte unter einem Ausdruck meines Drehbuchs herum und fischte eine Flasche Malt-Whisky heraus, einen fünfundzwanzig Jahre alten Talisker, ein Weihnachtsgeschenk von Sammys Vater. Auf dem Tisch stand ein Glas mit abgestandenem Mineralwasser. Ich schüttete das Wasser in den Papierkorb und schenkte mir einen großen Schluck Whisky ein. Ich hielt mir das Glas einen Augenblick lang unter die Nase – die starken Dämpfe ließen meine Augen tränen –, bevor ich daraus trank. Dankbar genoss ich das Brennen in der Kehle und spürte, wie mir das Blut und die Hitze ins Gesicht schossen. Der Whisky war weit gereist, er kam von der Insel Skye vor der schottischen Westküste – knapp hundert Meilen von dem Ort entfernt, an dem ich aufgewachsen war. Ich war nie dort gewesen. »25 Jahre gereift.« Von 1986.
    Mr. Cardews nikotingelbe Finger, mit denen er die Seiten umblätterte und auf bestimmte Sätze hinwies, die er unterstrichen hatte, bevor er einen fragte, was man davon hielt. Um zu sehen, ob man auch alles verstanden hatte.
    Meine Liebe zu Büchern zu entdecken war eine befremdliche und ungewöhnliche Erfahrung gewesen. Mein Vater hatte nie etwas anderes als sein Boulevardblatt gelesen. Meine Mutter ertappte man gelegentlich über einem eselsohrigen Groschenheftchen, das ihr eine Freundin geliehen hatte, oder einem dieser Liebesromane aus der Bibliothek, deren reißerische Umschläge immer mit glänzender Schutzfolie beklebt waren. In dem Haus, in dem ich aufgewachsen war, hatten Bücher schlicht nicht existiert. Und wer in der Schule außerhalb des Unterrichts Bücher las, gehörte zu den Freaks. So etwas taten nur Schüler wie Docherty. Der Professor. Umso überraschender war es also für mich, als ich, ermutigt von Mr. Cardew, entdeckte, dass etwas, was ich bis dahin als Synonym für Langeweile und Quälerei empfunden hatte, mir unvorstellbare Ausblicke und Fluchten in ganz neue Welten ermöglichen konnte. ( Und damals wollte ich

Weitere Kostenlose Bücher