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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Knattern, irgendwo draußen, irgendwo über dem Haus, das immer lauter wurde. Wir gingen beide zum Panoramafenster und starrten hinauf in den schwarzen Himmel und das dichte Schneetreiben. Das Geräusch war nun sehr laut, selbst durch die doppelt verglaste Scheibe. Draußen musste ein ohrenbetäubender Lärm herrschen. Dann bohrte sich plötzlich ein Lichtkegel durch die Nacht und tastete die weiße Fläche vor unserem Haus ab. »Was ist das?«, fragte Walt verängstigt und klammerte sich an meine Hand. Am Himmel konnte ich nun weitere Lichter erkennen, die rot und blau blinkten.
    »Das ist ein Hubschrauber.« Mein Mund war trocken.
    Kaum hatte ich es ausgesprochen, zeigte sich der Helikopter. Majestätisch schwebte er aus der Dunkelheit herab, eine schwarze »157« auf den weißen Bauch gepinselt. Fenster und Boden vibrierten, als er knapp hundert Meter vom Haus entfernt schwankend seine langen Kufen in den Schnee grub. »Wow«, rief Walt, dessen Furcht sich in Begeisterung verwandelte.
    Meine Gefühle rasten bereits in die entgegengesetzte Richtung. Denn jetzt konnte ich den goldenen Schriftzug auf der Tür der Maschine erkennen, die sich bereits öffnete. Zwei Gestalten sprangen heraus, duckten sich unter dem kreisenden Rotor und rannten auf unser Haus zu.
    Ich las die Worte Saskatchewan Police Department .
    Und dann rannte ich selbst los, sprintete in die Küche, fummelte mit zitternden Händen an dem Schloss herum, das die Schiebetüren zur Holzterrasse öffnete, und versuchte, Walts aufgeregt fragenden Redeschwall zu ignorieren. Alle Telefone sind tot und die Straßen gesperrt. Aber … um bei dem Wetter bis hier raus zu fliegen? Um Gottes willen. Bilder von Auffahrunfällen und Notaufnahmen vor Augen, sah ich, wie die beiden Polizisten durch den knietiefen Schnee auf uns zustapften und dabei ihre Mützen zum Schutz gegen den Luftzug der Rotorblätter tief ins Gesicht zogen. Mit einem schweren Schnappen öffnete sich endlich das Schloss, und als ich die Tür aufschob, blies mir ein eiskalter Wind ins Gesicht. Walt wollte mir im T-Shirt auf die Terrasse folgen.
    »Walt! Du bleibst hier drin!«
    »Aber …«
    »Bleib verdammt nochmal HIER , Walt!« Einen Augenblick befürchtete ich, er würde anfangen zu heulen. Ich legte meine Hand auf seine Schulter. »Tut mir leid, aber es ist einfach zu kalt da draußen. Bitte warte hier kurz, in Ordnung?« Eingeschnappt ging er zurück in die Küche. Ich schob die Tür hinter mir zu, während die Polizisten die Treppe zur Terrasse heraufkamen. Alles wurde stiller, wie in Watte gepackt, als der Rotor des Hubschraubers mit leisem Flappen auslief. Ich konnte den Piloten im Cockpit erkennen, wie er Schalter umlegte und an Hebeln zog. O mein Gott, o mein Gott, bitte mach, dass alles in Ordnung ist, bitte, bitte. Alles wurde langsamer, wie in Zeitlupe. Ich fühlte mich, als würde ich auf der Stelle treten, während ich mich auf den ersten der beiden Beamten zubewegte, einen Mann Mitte fünfzig mit silbergrauem Schnauzbart, das Gesicht nass vom Schnee. Er zog einen Handschuh aus und streckte mir seine kalte Hand entgegen. Ich wusste, dass er meinen Namen sagte, aber ich konnte ihn nicht hören. Ich sagte bloß: »Ja?«
    »Ich bin Sergeant Danko, Regina PD. Das ist Officer Hudson.« Ein wenig überrascht registrierte ich, dass Hudson eine Frau war.
    »Es geht um meine Frau Sammy, oder? Ihr ist etwas zugestoßen.«
    »Ich fürchte, ja.«
    O Gott, o mein Gott, sie hätte in der Stadtwohnung bleiben sollen. Bitte mach, dass alles in Ordnung ist, bitte, bitte …
    »Können wir irgendwo ungestört sprechen?«, fragte Danko.
    Ich blickte durchs Fenster und sah Walt allein in der Küche stehen. Den Kopf leicht gesenkt, beobachtete er uns schüchtern unter seinem Pony hervor.

18
    Danko setzte sich mir gegenüber auf die Couch im Wohnzimmer. An die andere Seite des niedrigen Tisches, auf dem immer noch unsere Teller vom Abendessen standen. Walt blieb derweil mit Hudson in der Küche. Danko hatte die Mütze abgenommen, unter der dichtes silbriges Haar zum Vorschein kam, das ihm in feuchten Strähnen in der Stirn klebte. Während er erklärte, dass die Telefonverbindung unterbrochen war, drehte er die Mütze in seinen Händen, als würde er ein Lenkrad halten.
    »Bitte, Sergeant, ist sie schlimm verletzt?«
    »Ich fürchte, wir müssen davon ausgehen, dass sie tot ist.«
    Mich überrollte eine Woge der Übelkeit, ein schwindelerregendes Wuuuusch , als wäre ich plötzlich aufgewacht und

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