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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Er schwankte zur Seite, der Rotor heulte protestierend auf. Ich wurde durch die schmale Kabine gegen Danko geschleudert. »Heilige Scheiße«, rief ich.
    »Haltet euch fest da hinten«, brüllte der Pilot uns über die Schulter zu. Um ihn herum leuchteten die Instrumente grün und rot, schräg über den schwarzen Himmel vor ihm zeichnete der Schnee weiße Striche. »Das wird jetzt ziemlich ungemütlich. Der Wind dreht sich ständig.«
    Ich klammerte mich mit der Rechten an den Haltegriff über meinem Fenster, während der Hubschrauber hin und her geworfen wurde und der Pilot versuchte, an Höhe zu gewinnen, um über den Sturm hinwegzufliegen.
    Ich ließ das kurze Gespräch mit Sammys Vater Revue passieren. Als mein Anruf sie erreichte, hatten die Myers ihr Leben sicher gerade in vollen Zügen genossen. Vermutlich lagen sie auf ihren Strandliegen, die warme Pazifiksonne im Gesicht, umgeben vom Spritzen und Platschen der anderen Gäste, dem Klirren und Klappern der Kellner, die Essen und Getränke servierten, dem Geruch von Sonnenmilch und gegrillten Meeresfrüchten.
    Dann hatte der Hotelmanager – gegenüber dem ich darauf bestand, dass er persönlich Mr. Myers ausfindig machen solle – Sam in ein Büro oder in die Suite geführt, wo dieser den Hörer abnahm und ein missmutiges »Ja, bitte?« grummelte – vermutlich in Erwartung irgendeines lästigen Geschäftstelefonats, das ebenso gut hätte warten oder delegiert werden können.
    Mein Bericht über das Geschehene muss ihm, obwohl ich ihm die grausamsten Details ersparte, völlig aberwitzig und surreal erschienen sein. Nach einem Augenblick der Stille hörte ich etwas, das ich noch nie zuvor gehört hatte: Sam Myers weinte.
    »Festhalten«, brüllte der Pilot erneut. Wir befanden uns jetzt im Sinkflug, bemüht, gegen den Schnee, der dem Hubschrauber nun waagerecht entgegenwehte, die Flugrichtung beizubehalten. In einiger Entfernung konnte ich unser Haus sehen. Das Licht hinter der Glasfassade war durch den dichten Schneesturm gerade noch sichtbar. Noch ein Schlag, und der Helikopter schwenkte um fast hundertachtzig Grad herum. »Scheiße!«, schrie der Pilot, und die Panik in seiner Stimme ängstigte mich mehr als alles andere. Er kämpfte mit dem Steuerknüppel, um die Maschine im Gleichgewicht zu halten und die Nase weiter in den Sturm zu richten. Ich konnte Irenes Silhouette am Fenster erkennen. Sie beobachtete, wie wir die letzten Meter absackten und die Kufen endlich mit einem leisen Knirschen im Schnee aufsetzten, der inzwischen sehr viel tiefer war als zum Zeitpunkt unseres Aufbruchs. Der Helikopter versank jetzt bis zu den Türen darin. Danko, der Pilot und ich atmeten erleichtert auf.
    »Gut gemacht, Matt«, sagte Danko, beugte sich vor und klopfte dem Mann auf die Schulter. Der legte diverse Schalter um und schaltete den Motor aus. Die Rotoren über uns wurden bereits langsamer.
    »Ich bleibe hier und spreche mit der Zentrale«, sagte der Pilot. Im Schein der Instrumente konnte ich jetzt erkennen, dass sein Gesicht schweißüberströmt war. »Ich weiß nicht, ob wir bei diesem Sturm heute Nacht noch zurückfliegen können.«
    Irene hielt die Schiebetür zur Küche für uns auf und sah mich besorgt an, als wir eintraten. Die Küche war warm, es roch nach Essen.
    »Ich habe eine Lasagne aus der Tiefkühltruhe in den Ofen geschoben«, sagte sie. »Ich wusste ja nicht, ob Sie dort …«
    »Schläft Walt?«, fragte ich.
    »Das bezweifle ich. Er ist erst vor einer halben Stunde nach un…«
    »Sammy ist tot, Irene.«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht und bedeckte ihren Mund, als müsste sie schreien.
    »Sie wurde ermordet.«
    Jetzt schrie sie auf, schlug aber sofort wieder die Hand vor den Mund. Danko und Hudson standen hinter mir, die Mützen in den Händen, und starrten auf ihre Füße, als Irene sich weinend und kopfschüttelnd in meine Arme warf. Ihre hochgesteckten roten Haare kitzelten in meiner Nase. Mir fiel auf, wie breit ihre Schultern waren.
    »O Gott. O mein Gott, Donnie«, schluchzte sie an meinem Hals. »Wie? Warum sollte jemand …« Sie ließ sich auf einen Stuhl sinken und weinte in ein Küchenhandtuch. Ich ging zum Barschrank und nahm eine Flasche Brandy sowie einige Gläser heraus.
    »Was ist passiert?«, fragte sie schwer atmend und betupfte ihre Augen mit dem Tuch.
    »Ich gehe runter und spreche mit Walt. Ich bringe das lieber sofort hinter mich.« Ich war bereits dabei, mir selbst einen großen Schluck Rémy Martin

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