Das gebrochene Versprechen
wäre. Jetzt wollte ich erst mal mit Ricky reden.
Mr.
Savage sei bereits zum Messegelände gefahren, erklärte mir die Rezeption des
Hyatt. Ob ich eine Voice-mail-Botschaft hinterlassen wolle?
Ich
tat es — obwohl er sie vermutlich nicht mehr hören würde, ehe wir wieder
zusammen waren. Alles, was ich sagte, war: »Ich liebe dich.« Das hatte ich ihm
noch nie gesagt, und wenn ich in ein Flugzeug steigen sollte, wollte ich es
aufgezeichnet wissen, für den Fall des Falles.
Ich
schätze, ich hätte meinen Mumm zusammennehmen und sein Handy anrufen sollen,
aber todsicher hatte Shar es noch, und ich wollte mich nicht mit ihr streiten
oder — schlimmer noch — von ihr sofort nach San Francisco zurückbeordert
werden. Wenn das alles vorbei war, würde ich im Büro eine Sammlung veranstalten
— oder vielleicht die Portokasse plündern — und ihr ein eigenes Handy kaufen.
Dann brauchte sie sich nicht mehr anderer Leute Spielzeug auszuborgen. Diese
Frau hatte schon nachgegeben, was das Autotelefon und den Pager anging. Warum,
um Himmels willen, sollte sie nicht —
Aber
ich kannte die Antwort. Jedes weitere Kommunikationsgerät würde sie erst recht
an die Leine legen, ihr ein Stück von ihrer Unabhängigkeit nehmen. Shar tut so,
als sei sie ein Technikidiot, aber in Wirklichkeit ist sie in dieser Hinsicht
ebenso begabt wie wir alle — nur doppelt so stur.
Einen
Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, Hys Handy anzurufen, verwarf es dann
aber. Bei meinem Glück würde Shar sicher direkt neben ihm stehen. Ich hätte
versuchen können, Kurt im Hotel zu erreichen, war mir aber nicht sicher, ob ich
ihm eine Botschaft anvertrauen konnte. Und das Veranstaltungsbüro auf dem
Messegelände? Die konnten Ricky doch ausrufen lassen.
Nein,
das wäre ein Fehler. Er war gerade beim Soundcheck, voll und ganz auf das
bevorstehende Konzert konzentriert. Da durfte ihn niemand stören — nicht mal
ich.
Schließlich
siegte der Anstand, und ich rief Hertz an. Dann setzte ich mich auf eine Bank
im Schatten und bereitete mich darauf vor, mein Leben in den feindseligen
Lüften zu riskieren.
26
18 Uhr 03, Sommerzeit der Rocky
Mountains-Staaten
»Wieso, zum Teufel?«, knurrte
Virgil Rattray. »Seine Majestät kann nicht ins Hotel zurückfahren und sich was
zu essen aufs Zimmer kommen lassen wie wir alle?«
»Schicken Sie einfach jemanden
das Essen holen und sorgen Sie dafür, dass es um sieben hier ist«, sagte ich
mühsam beherrscht. »Herrgott! Das Glacehandschuhgetue kotzt mich echt an.«
»Tun Sie’s einfach, Rats.«
»Ja, ja, schon gut. Aber eins
sag ich Ihnen... Zuerst kommt er zu früh zum Soundcheck und schmeißt den ganzen
Zeitplan über den Haufen. Dann hockt er schmollend in seiner Garderobe und
lässt keinen zu sich. Und jetzt will er auch noch sein Essen gebracht haben.
Hoffentlich kreuzt dieses Mädel bald auf und hält ihn mir vom Hals.« Ich
runzelte die Stirn.
»Wie? Darf ich sie jetzt nicht
mal mehr erwähnen? Verdammt, hier weiß doch jeder, dass sie ihm irgendwie
abhanden gekommen ist und dass er deshalb völlig neben der Spur ist. Wenn ich
die Sorte Weiber kriegen würde, die Ricky kriegt, dann würd ich todsicher
besser auf sie aufpassen.«
Rattray marschierte den
gekrümmten Korridor entlang, weg von Rickys Garderobe. Aber ich lief ihm nach
und packte ihn am Arm. Er riss sich wütend los. »Was, zum Teufel, wollen Sie
jetzt noch?«
»Noch ein bisschen über
Patricia Terriss reden.«
Seine kleinen Augen spähten nervös
über meine Schulter, und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Haben Sie
Ricky gesagt, dass ich ihr die Nummern gegeben habe?«
»Nein.«
»Werden Sie’s tun?«
»Kommt drauf an.«
»Worauf?«
Ich ignorierte die Frage. »Hat
Patricia je eine Schwester erwähnt, eine gewisse Veronica Keel in Paso Robles?«
Ȁh, na ja, sie hat von einer
Stiefschwester geredet. Die war älter, und sie hatten nicht viel miteinander zu
tun.«
»Was hat sie über diese
Stiefschwester gesagt?«
»Na ja, die hatte einen
schlimmen Unfall, eh ich Patricia kennen gelernt hab. War in einem Pflegeheim,
weil sie gelähmt war. Patricia hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie sie nie
besucht hat — ich glaube, die Schwester hat ihr geholfen, als es mit ihrem Dad
besonders hart auf hart ging — , aber sie konnte es nicht ertragen, sie so zu
sehen, und außerdem hatte sie Angst, sie könnte dort ihren Vater treffen.«
»Was war denn das Problem mit
dem Vater?«
Rattray sagte
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