Das Geburtstagsgeschenk
Anschlag war an jenem Tag der Aufmacher in den Nachrichtensendungen und Zeitungen vom Sonntag und Montag. Eine Stunde nach der Explosion übernahm DIE IRA die Verantwortung. Ivor war sehr verstört, unverhältnismäßig verstört, bin ich versucht zu sagen, aber vielleicht sehe ich das auch falsch. Sandy Caxton war fünfzehn Jahre älter als Erica und schon vor der Geburt von Iris und Ivor mit John Tesham, deren Vater, befreundet gewesen.
Ivor und seine Eltern kamen zur Beerdigung. Iris fühlte sich nicht wohl, und ich riet ihr ab, was sie sehr erleichterte. Die Beerdigung war eine hochemotionale Angelegenheit, fast alle Großen des Landes waren da. Unter den Sargträgern waren drei Kabinettsminister und zwei Hochschul-Vizekanzler. Es war Mai, aber ein bitterkalter Tag, Nordwind trieb den Regen vor sich her, und die Bäume auf dem kleinen Dorffriedhof schwankten und schlugen, wie Ivor es ausdrückte, mit den Zweigen um sich wie mit zornigen Armen. Man spielte den Trauermarsch aus Händels Saul, Sandys Lieblingsmusik. Die Geschichte von Saul, Samuel und der Hexe von Endor soll er besonders geschätzt haben.
Ivor kam nach der Beerdigung zu uns nach Hampstead, ließ sich einen stärkeren Drink als gewöhnlich einschenken – Brandy mit einem Spritzer Soda – und erklärte düster, er sei so deprimiert, dass er nicht übel Lust hätte, das Geburtstagsgeschenk zu vertagen oder sogar zu streichen. Aber das ging nicht. Er hatte sich mit Hebe für Freitag, den 18. Mai, verabredet und alles mit Lloyd und Dermot festgemacht.
Bis dahin, meinte Iris, gehe es ihm bestimmt wieder besser, es seien ja noch fast zwei Wochen Zeit. Und schließlich sei es doch nur das übliche Treffen mit Hebe, abgesehen davon, dass es in unserem Haus stattfand und sie mit dem Wagen abgeholt wurde – oder nicht?
»Nicht ganz.« Ivor machte sein geheimnisvolles Gesicht, aber das gewohnte schmale Lächeln fehlte. »Es kommt noch das eine oder andere dazu – aber das erzähle ich euch alles hinterher.«
»Alles hoffentlich nicht.«
»Ihr wisst schon, was ich meine«, sagte Ivor – eine Allerweltsfloskel, die ich von ihm noch nie gehört hatte und die ich mir nur damit erklären konnte, dass er sich wirklich schlecht fühlte.
Er blieb nur kurz und nahm sich dann ein Taxi zur Old Pye Street, er müsse bis zum nächsten Morgen noch einen Haufen Papier durcharbeiten. Als er fort war, sagte Iris: »Komisch ist das schon mit dieser mysteriösen Hebe. Wie erklärt sie wohl ihrem Mann diese Spritztouren? Sagt sie, dass sie ins Kino geht? Muss sie wohl, wo soll eine anständige junge Frau, die Mann und Kind hat, sonst allein hingehen?«
»Vielleicht sagt sie, dass sie mit einer Freundin ausgeht«, meinte ich. »Zum Essen oder meinetwegen auch in einen Klub.«
»Dann muss die Freundin mit ihr unter einer Decke stecken, muss eine Ausrede parat haben für den Fall, dass ihr Hebes Mann über den Weg läuft – es muss eine ›sie‹ sein oder allenfalls ein schwuler Mann –, um ihm vorschwärmen zu können, wie schön der Film oder das Essen war. Ich könnte dir nicht erzählen, dass ich ins Kino gehe, während ich mich in Wirklichkeit zu einem anderen Mann ins Bett lege, mir würden die Worte im Hals stecken bleiben.«
»Ich hoffe nicht, dass du dich zu einem anderen Mann ins Bett legst«, sagte ich.
»Bestimmt nicht, aber wenn ja, dann würde ich es dir sagen. Warum bleibt sie bei ihm? Weil er sie versorgt? Ein bisschen geschmacklos, nicht?«
»Die ganze Sache ist geschmacklos«, sagte ich, »und Ivor weiß das. Aber er ist ganz in ihrem Bann. Er liebt sie nicht, aber er kann nicht von ihr lassen. Vielleicht bleibt sie bei diesem Gerry … wie heißt er noch … bei diesem Gerry Furnal nicht deshalb, weil sie ihn liebt, sondern weil er sie liebt. Nicht ausgeschlossen, dass er etwas ahnt, aber sie anfleht, ihn nicht zu verlassen. Mach, was du willst, aber geh nicht fort …“
Iris zog ein skeptisches Gesicht. »Stell dir vor, dass so etwas zwischen ihnen steht, dass sie ihn belügt und er sich überlegt, ob sie ihm Lügengeschichten auftischt, sich aber nicht traut zu fragen … Was ist denn das für eine Ehe? Nein, Rob, das kann so nicht stimmen.«
So stimmte es auch nicht. Gerry Furnal liebte Hebe, aber vielleicht ohne die Frau zu kennen, die er liebte. Er scheint sie auf einen Sockel gestellt und seine Schöpfung dann angebetet zu haben. Das ist nichts Ungewöhnliches, aber für Realisten wie mich wäre es nichts. Ich glaube auch nicht, dass
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