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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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angeblich gewesen waren, damit ich unsere Verabredung bestätigen konnte, falls er mich darauf ansprach. Aber das ist nur zweimal passiert. Einmal wollte er wissen, wie der Film war, den wir angeblich gesehen hatten, und beim zweiten Mal hat er gefragt, wie es Mummy gehe – sie war im Krankenhaus gewesen –, weil ich sie angeblich zusammen mit Hebe besucht hatte. Da brauchte ich nicht mal zu lügen, ich habe einfach gesagt, dass meine Mutter auf dem Weg der Besserung sei.
    Ich hatte also nicht allzu viel Stress damit, und es kam sowieso nur alle zwei, drei Wochen vor. Weil mich Hebes Liebschaft allmählich interessierte, schlug ich Ivor Tesham im Dod’s nach. Damals arbeitete ich in der Library of British History in der Gower Street, da gibt es jede Menge Verzeichnisse und Lexika, in denen er bestimmt auch stand, aber der Dod’s war am ausführlichsten. Ivor Tesham schien reich zu sein, und auf dem Foto neben der Kurzbiographie sah er sehr gut aus, wenn die Kamera nicht log, was ja vorkommen soll. Er hatte diesen ironischen Gesichtsausdruck, auf den Frauen fliegen, dunkle Augen und schwarze Haare. Ich überlegte, ob er wohl eines Tages Premierminister und dieses Gesicht berühmt sein würde. Hebe hat behauptet, er sei sehr ehrgeizig, allerdings hatte sie, soweit ich weiß, keine Ahnung von Politik und interessierte sich auch nicht dafür.
    Aber zurück zum 18. Mai. Das Theaterstück, von dem Hebe zu Gerry gesagt hatte, wir würden es uns ansehen, hieß Lebensbedrohlich. Ich bin nie drin gewesen, ich weiß nicht mal mehr, wovon es handelt und wer es geschrieben hat, es war ein ganz neuer, sehr junger Autor, und das Stück war angeblich sehr ordinär und sexy. Aber den Titel habe ich nie vergessen, und jedes Mal, wenn ich das Wort höre oder lese – ›lebensbedrohlich‹ kommt ziemlich oft in der Zeitung vor –, klingt es in mir nach, ich sehe Hebes Gesicht und höre ihre Stimme und denke daran, wie sie gestorben ist.
    Sie hatte dieses Stück ausgesucht, weil es sehr lang war – über drei Stunden –, so dass Gerry sich nicht wundern würde, wenn sie erst nach Mitternacht heimkam. Ich fragte sie, was Ivor sich Besonderes für sie ausgedacht habe, weil sie so viel länger als sonst zusammen sein würden, und sie sagte, er habe eine Überraschung für sie, ihr Geburtstagsgeschenk.
    »Ich denke, die Perlen sind dein Geburtstagsgeschenk!«
    Sie hatte mir erzählt, dass er sie ihr schon gegeben hatte und dass es ein sehr schlaues Geschenk sei, weil niemand (nämlich Gerry) beurteilen konnte, ob sie wertvoll waren oder aus dem Kaufhaus kamen.
    »Ich will sie schätzen und versichern lassen, und wenn sie dann geklaut werden, krieg ich einen Haufen Geld.«
    Was sie in der zusätzlichen Zeit am Freitagabend machen wollten, fragte ich. Das wüsste sie nicht, aber auf dem Watford Way würde ein Wagen vorbeikommen und sie mitnehmen. Punkt sieben solle sie da sein. Hebe war die Unpünktlichkeit in Person, und natürlich überlegte ich, was passieren würde, wenn sie zehn Minuten zu spät auftauchte, aber vermutlich würde Tesham oder sein Fahrer auf sie warten. Das alles war Lichtjahre von meinem eigenen Leben entfernt, aber gerade deshalb konnte sie mich wohl ganz gut leiden, weil sie gegen mich so vorteilhaft als die Schöne und Beliebte abstach.
    »Aber wozu das alles?«, fragte ich.
    Das wusste sie auch nicht, aber sie würde ihre neuen Stiefel anziehen und einen langen Mantel über einem tief ausgeschnittenen Top und einen Minirock. Oder vielleicht nur die Stiefel und einen langen Mantel und nichts darunter. Es wäre nicht das erste Mal.
    An dem Abend, als Gerry mit ihr essen gehen wollte, kam ich also zum Babysitten. Ganz ehrlich, ich mache mir nicht viel aus Kleinkindern, auch wenn sie mir lieber sind als ältere, zumindest sind sie nicht so ablehnend und ruppig. Aber das habe ich ihr oder Gerry nie gesagt, sie hätten es bestimmt nicht gern gehört. Natürlich weiß ich, wie man mit kleinen Kindern umgeht, ich kann sie baden und ihnen Geschichten erzählen und dafür sorgen, dass sie nicht oder nicht zu lange schreien. Dass ich selber mal eins haben werde, glaube ich kaum, und eigentlich kann ich auch gut drauf verzichten. Ich habe, wie gesagt, kaum Freunde und komme nicht viel weg, aber nur ausgehen zu können, wenn ich jemanden für mein Baby hätte, oder beim Spazierengehen ständig mit einem Kinderwagen rumziehen zu müssen – das wäre nichts für mich.
    Hebe und Gerry wohnten in einem kleinen Reihenhaus

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