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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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empfand zunehmend Unbehagen bei dem Gedanken, dass mein kleines Abenteuer ans Licht gezerrt werden könnte. In einer Klatschkolumne zum Beispiel.« Wenn er sich aufregt, redet er gespreizt wie ein Politiker. »Und genau dazu wäre es gekommen, wenn ich eurem gut gemeinten Vorschlag gefolgt und zur Polizei gegangen wäre. Jetzt hat sich das von selbst erledigt. Sie wollten nicht Hebe entführen, sondern diese Kelly Mason.« Er betonte ihren Vornamen, wie es konservative Politiker von Stand tun, wenn sie von Menschen aus der Arbeiterklasse sprechen.
    Iris sah ihn betrübt an. Ihr ging das alles näher als mir, aber sie liebte Ivor auch mehr als ich. Sie schüttelte den Kopf. »Aber du weißt doch, dass das nicht stimmt. Sie haben Hebe entführt. Es mag eine gespielte Entführung gewesen sein, aber sie haben Hebe gemeint und nicht Kelly Mason. Musst du das nicht klarstellen, einerlei, was die Polizei und die Medien denken?«
    Ivor war unangemeldet am Vormittag aufgekreuzt, unter dem Arm einen Packen Sonntagszeitungen. Dass er offenbar aus dem Schneider war, hatten wir nicht mit der uneingeschränkten Begeisterung quittiert, die er erwartet hatte.
    »Wie dem auch sei«, sagte er abschließend. »Habt ihr schon Zeitung gelesen? Und ferngesehen? Man kann nur staunen. Dieser Damian Mason hat anonyme Briefe bekommen, in denen ihm mit dem Mord an seiner Frau gedroht wird, wenn er nicht auf den Kauf des Soundso-Fußballteams verzichtet. In einem stand sogar, man würde sie entführen. Daraufhin hat er wohl der Polizei erzählt, dass Dermot und Lloyd, diese armen Kerle, nicht hinter Hebe her waren, sondern hinter seiner Frau. Ich hätte gute Lust, ihm die Hand zu schütteln.«
    »Das würde ich nicht tun«, sagte Iris.
    »Keine Bange!«
    Ich hatte die Sunday Times aufgeschlagen und sah mir das Foto von Kelly Mason an. Sie war eine hübsche Blondine vom gleichen Typ wie Hebe.
    »Man sieht die Ähnlichkeit«, sagte ich.
    »Mit Hebe? Du beliebst zu scherzen!« Er hatte die ärgerliche Angewohnheit, sich manchmal auszudrücken wie eine Shakespearefigur. Warum konnte er nicht einfach sagen: Machst du Witze? Noch nie war mir mein Schwager so auf die Nerven gegangen, aber ich wusste, dass dieses Gefühl nicht lange anhalten würde. »Hebe war eine Schönheit«, sagte er. »Sie hatte etwas Zerbrechliches, Ätherisches. Dass diese Schönheit auf immer dahin ist, geht mir sehr nah.«
    In diesem Moment erwachte Nadine, die oben geschlafen hatte, schreiend, und ich ging hin, froh über die Gelegenheit, mich abzusetzen. Als ich mit meiner Tochter auf dem Arm zurückkam, fragte Iris gerade, was Kelly Mason abends um sieben oder zu jeder anderen Zeit auf dem Watford Way zu suchen hatte. Hätte man nicht eher erwarten können, dass sie mit ihrem Lamborghini in Hampstead Garden Suburb herumkurvte?
    »Sie fährt einen Porsche«, sagte Ivor lachend. Er konnte lachen! Sein Wechsel von dumpfer Angst zu hysterischem Überschwang hatte etwas fast Manisches. »Ihre Mutter wohnt in einer der Nebenstraßen des Watford Way, die hat sie am Freitag besucht – mit dem Porsche natürlich – und war schon wieder wohlbehalten zu Hause angekommen, als sie angeblich entführt wurde.«
    »Als sie nach Meinung der Polizei entführt wurde«, verbesserte Iris.
    »Wenn ich mir deiner schwesterlichen Liebe nicht so sicher wäre, müsste ich langsam glauben, es täte dir leid, dass ich keine Schande über mich gebracht habe. ›Der in Ungnade gefallene Abgeordnete‹ – so schreibt die Presse über Kollegen in meiner Position, die auf ähnliche Art zu Schaden gekommen sind. Wäre dir das lieber?«
    Weil ich keine Lust hatte, mir diesen Schlagabtausch noch länger anzuhören, ging ich mit Nadine in die Küche, legte sie auf die Arbeitsplatte und tat das, was aus Sicht von Frauenzeitschriften und Kindermädchen der ultimative Vätertest ist – ich wechselte ihr die Windeln. Sie strampelte und strahlte und lachte, und wie immer war ich hin und weg. Inzwischen ist sie fast achtzehn, ich bin stolz auf ihr glänzendes Abitur, und es spricht für ihren gesunden Menschenverstand, dass sie diese Babygeschichten höchstens mit einem amüsierten »Ach komm, Dad!« quittieren würde.
    Kelly Mason, reicher, aber sicher nicht schöner – wahrscheinlich auch nicht hässlicher! – als meine Tochter, hatte nicht so viel Liebe erfahren, hatte kein so harmonisches Familienleben. Von den anonymen Briefen wusste sie nichts – ihr Mann hatte sie ihr verheimlicht –, bis die

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